NATO: Daten und Fakten zur North Atlantic Treaty Organization
Reaktion der NATO auf den Ukraine-Krieg
Nach dem militärischen Angriff von Russland auf die Ukraine hat die NATO auf Antrag der Militärführung ihre Verteidigungspläne im östlichen Gebiet aktiviert. Dies hat es in der Geschichte des Verteidigungsbündnisses bisher noch nicht gegeben. Laut einer Stellungnahme des Nordatlantikrats stellen Russlands Handlungen eine ernste Bedrohung für die euroatlantische Sicherheit dar.Die Aktivierung der Verteidigungspläne am 24. Februar 2022 beinhaltete zunächst die Befähigung des Oberbefehlshabers der NATO-Truppen in Europa weitere militärische Einheiten auf Anfrage von einzelnen NATO-Mitgliedstaaten anzufordern und diese nach Bedarf zu verlegen. Dazu gehören auch die Truppen der NATO Response Force (NRF), der schnellen Eingreiftruppe der NATO, die im Notfall bis zu 40.000 Soldatinnen und Soldaten umfassen könne. Bereits einen Tag später kündigte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach einer Konferenz der Staats- und Regierungschefs der NATO-Bündnisstaaten an, dass mit Teilen der NRF zusätzliche Truppen der Verteidigungsallianz in die östlichen Mitgliedsstaaten verlegt werden, "um die Abschreckung und Verteidigung im gesamten Bündnis weiter zu verstärken". Auch die Bundeswehr ist an dieser Verlegung mit Soldatinnen und Soldaten sowie mit Waffensystemen beteiligt. Laut NATO seien alle Maßnahmen "präventiv, verhältnismäßig und nicht eskalierend".
Der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hielt zudem fest, dass es in der Ukraine selbst keine NATO-Truppen geben werde und die NATO entsprechend nicht aktiv in den Krieg eingreifen werde. Stoltenberg betonte allerdings, dass jedes NATO-Mitglied das Bündnisgebiet im Falle eines Angriffs verteidigen wird. Eine Eskalation zwischen Russland und dem NATO-Bündnis hätte verheerende Konsequenzen und würde einem weiteren Weltkrieg gleichkommen.
Verstärkung der NATO-Ostflanke bereits nach Krim-Annexion
Bereits im Anschluss an die russische Annexion der Krim im Jahr 2014 hat die NATO im Rahmen der sogenannten "NATO Enhanced Forward Presence (eFP)" die Einrichtung von multinationalen Kampftruppen, den NATO-Battlegroups, in den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie in Polen beschlossen. Die Battelgroups werden von Großbritannien, Kanada, Deutschland und den USA geführt. Diese dienen zur Sicherung der Ostflanke und der Abschreckung gegenüber Russland. Als Teil der Reaktion auf die russische Invasion der Ukraine sind die Kontingente weiter verstärkt worden.Das größte Truppenkontingent der NATO in Osteuropa befindet sich in Polen, wo etwa 11.600 NATO-Soldat:innen stationiert sind. Die drei baltischen Battlegroups umfassen etwa 2.200 bis 4.000 Truppen. Rund 2.000 Truppen wurden als Reaktion auf den Krieg in die Slowakei und nach Ungarn entsendet. Das Kontingent in Rumänien wurde auf bis zu 4.700 verstärkt und Bulgarien stationiert rund 1.650 Truppen. Neben den Truppenkontingenten in Osteuropa unterhält die NATO Mittel zur Flugüberwachung und Flugzeugträgerkampfgruppen (Carrier Strike Group) im Mittelmeer und der Nordsee.
Die Stationierung von NATO-Truppen in den neuen Mitgliedsstaaten entlang der Ostflanke ist ein wichtiges Thema der NATO-Russland-Beziehungen. Nach Ende des Kalten Kriegs wurde 1997 die Grundakte über gegenseitige Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit zwischen der NATO und Russland unterzeichnet. Im Jahr 2002 wurde zusätzlich der NATO-Russland-Rat (NRR) basierend auf diesem Dokument geschaffen, um zukünftig auf verschiedenen Gebieten zusammenzuarbeiten. Die NATO erklärte sich in der Grundakte unter anderem dazu bereits keine "substanziellen Truppen" oder Nuklearwaffen in den neuen Mitgliedsstaaten zu stationieren.
Schweden und Finnland treten der NATO bei
Als weitere Reaktion auf den Krieg in der Ukraine entschlossen sich die beiden skandinavischen Staaten Finnland und Schweden der NATO beizutreten. Die Beitrittsanträge müssen von allen bisherigen Mitgliedsstaaten ratifiziert werden. Der finnische Antrag wurde von den Mitgliedsstaaten bereits zum April 2023 genehmigt, während sich der schwedische Beitritt an der Zustimmung der Türkei und Ungarns verzögerte. Schließlich trat auch Schweden als 32. Mitglied der NATO im März 2024 dem Militärbündnis bei. Die Allianz besteht somit aus folgenden Staaten:- Gründungsmitglieder 1949 Belgien, Kanada, Dänemark, Frankreich, Island, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Portugal, Großbritannien und die USA
- Beitritt 1952 Griechenland und die Türkei
- Beitritt 1955 Deutschland
- Beitritt 1982 Spanien
- Beitritt 1999 Tschechien, Ungarn und Polen
- Beitritt 2004 Bulgarien, Estland, Litauen, Rumänien, Slowakei und Slowenien
- Beitritt 2009 Albanien und Kroatien
- Beitritt 2017 Montenegro
- Beitritt 2020 Nordmazedonien
- Beitritt 2023 Finnland
- Beitritt 2024 Schweden
Entstehungsgeschichte der NATO
Die NATO hat sich am 04. April 1949 im Zuge der zunehmenden Spannungen zwischen den alliierten Siegermächten (USA, Frankreich, Großbritannien und Sowjetunion) des zweiten Weltkrieges gegründet. Der Name NATO ist die Abkürzung für North Atlantic Treaty Organization, im Deutschen auch Nordatlantikpakt oder auch Organisation du traité de l' Atlantique nord (OTAN) im Französischen.Nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges bahnte sich ein neuer globaler Konflikt an – der (Kalte) Krieg der Systeme zwischen kapitalistischem Westen und kommunistischem Osten. Nach der Erreichung des gemeinsamen Ziels der Siegermächte, der bedingungslosen Kapitulation des Hitler-Regimes und Japans, traten die Gegensätze zwischen den Westmächten auf der einen Seite und der Sowjetunion und östlichen Verbündeten (Ostblock) auf der anderen Seite, immer stärker zu Tage.
Die Sorge vor einem neuen globalen Krieg der Systeme führte zunächst zu bilateralen Verteidigungsverträgen zwischen einzelnen Staaten Westeuropas. Schließlich folgten erste Verteidigungsverträge zwischen den USA und europäischen Staaten. Dieser Prozess, und die wachsende Sorge beidseits des Atlantiks vor einem Konflikt mit dem Ostblock, mündete im Wunsch wechselseitiger Verteidigungsbündnisse. Dies führte schlussendlich zur Gründung des Nordatlantikpaktes der North Atlantic Treaty Organization (NATO).
Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) – Potentieller Gegner der NATO?
Einige der mächtigsten Staaten der Welt, Russland, China und Indien haben sich mittlerweile selbst in einer multilateralen Organisation zusammengeschlossen, der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ). Die regionale Sicherheitspolitik ist eines der Kernanliegen der Organisation, weswegen sie von Beobachtern immer wieder als potenzieller Gegenspieler der NATO ins Spiel gebracht wird. Derzeit umfasst die Allianz insgesamt neun Mitgliedsstaaten. Neben den drei genannten Großmächten sind dies Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Usbekistan und Pakistan und das jüngste Mitglied Iran.Die Mongolei, Afghanistan und Belarus haben bei der SOZ einen Beobachtungsstatus und könnten in naher Zukunft dem Bündnis beitreten. Besondere Brisanz besteht im Verhältnis zwischen der SOZ und dem NATO-Mitgliedsstaat Türkei - im Jahr 2022 kursierten diverse Medienberichte, dass die Türkei als Dialogpartner der SOZ geführt wird und möglicherweise Interesse an einer intensiven Zusammenarbeit mit dem Bündnis hat.