Kampfhandlungen - Schwere Gefechte im Osten der Ukraine
Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar 2022 kam es zu zahlreichen Kampfhandlungen zwischen der Ukraine und Russland. Nach dem Rückzug der russischen Streitkräfte rund um Kyiv (Kiew) und den Norden der Ukraine im März 2022 konnte Moskau durch eine anschließende Großoffensive im Osten und Süden des Landes erhebliche Geländegewinne erreichen. Zwischenzeitlich besetzte Russland damit knapp ein Viertel des ukrainischen Territoriums. Danach folgte eine Phase, in der Russland vermehrt aus der Luft mit Raketen und Artillerie angriff. Im September konnte die Ukraine durch eine Gegenoffensive russische Truppen aus den Räumen um Charkiw und Cherson zurückdrängen und dem russischen Militär erhebliche Verluste zufügen (siehe auch ukrainische Verluste an Fahrzeugen, Fluggeräten und Ausrüstungen).Weiterhin stark umkämpft ist die ostukrainischen Stadt Bachmut. In dieser Region startete die ukrainische Armee ihre Gegenoffensive im Frühjahr 2023. Nach Angaben der ukrainischen Armee trifft die Gegenoffensive auf schweren russischen Widerstand, Befestigungsanlagen und Minenfelder verzögern den ukrainischen Vormarsch an den südlichen und südöstlichen Frontlinien. Mitte März 2023 erreichte die Anzahl der Bodenkämpfe zwischen den beiden Armeen einen traurigen Rekord.
Für Chaos sorgte die Sprengung des Kachowka-Staudamms am 06. Juni 2023. Aller Voraussicht wurde der Damm am Fluss Dnipro von russischer Seite gesprengt. Neben zahlreichen Todesopfern verursachte die Sprengung eine Unsicherheit in der Wasserversorgung für die ganze Region, auch die Stromversorgung wurde vielerorts durch die Überflutung zerstört. Die Staudamm-Sprengung könnte auch für das umkämpfte Atomkraftwerk Saporischschja verheerende Auswirkungen haben. Der Atommeiler liegt zwar oberhalb des Staudamms, das Wasser aus dem Stausee wird jedoch zur Kühlung der Reaktoren und Generatoren genutzt. Kurz nach der Staudamm-Sprengung inspizierte die Internationale Atomenergiebehörde IAEA das von Russland besetzte Atomkraftwerk bereits zum zweiten Mal seit Kriegsausbruch und ist weiterhin in Sorge um den Sicherheitszustand des größten Atomkraftwerks Europas.
Ukraine trotzt zahlenmäßiger Überlegenheit des russischen Militärs
Obwohl die ukrainischen Militärausgaben sich seit 2014 erheblich gesteigert haben, ist Russland der Ukraine aus militärischer Perspektive zahlenmäßig klar überlegen (siehe dazu: Vergleich der Militärstärke im Jahr 2023). Die Militärausgaben von Russland betrugen im Jahr 2021 beispielsweise mehr als das Zehnfache von denen der Ukraine. Moskau hatte außerdem viermal so viele aktive Truppen zur Verfügung wie Kyiv. Zur Verstärkung der russischen Streitkräfte ordnete Wladimir Putin außerdem im September 2022 eine Teilmobilmachung an, bei der rund 300.000 Reservisten eingezogen werden sollten. Auch bezüglich der Luft- und Seestreitkräfte war ein klarer Vorteil Russlands gegenüber der Ukraine abzulesen. Entgegen diesen Zahlen stockte der russische Vormarsch auf ukrainisches Territorium überraschenderweise bereits wenige Tage nach der ersten Invasion. Zurückzuführen ist dies auf verschiedene Gründe, etwa die hohe Bereitschaft der ukrainischen Zivilbevölkerung, selbst zu den Waffen zu greifen sowie Waffenlieferungen aus dem Westen (siehe auch die Themenseite zu den stärksten Armeen).Zivile Opfer & Fluchtbewegung
Laut UN-Zählungen kamen durch den Krieg bereits über 9.000 ukrainische Zivilisten ums Leben, weitere 17.000 wurden verletzt (Stand: Mitte September 2023). Besonders hoch waren die Opferzahlen zu Beginn des Krieges im März 2022. Die Dunkelziffer dürfte jedoch durchaus höher sein, viele Berichte lassen sich erst zu einem späteren Zeitpunkt oder gar nicht verifizieren.Als Folge der Angriffe mussten zudem mehrere Millionen Menschen in der Ukraine ihr Zuhause verlassen. Da viele Ukrainer:innen bereits wieder in ihr Heimatland zurückkehrten (siehe auch Grenzübertritte in die Ukraine), ist die genaue Zahl an Geflüchteten jedoch nur schwer zu beziffern. In den Ländern Europas waren Ende August 2023 rund sechs Millionen Geflüchtete aus der Ukraine registriert. Die meisten ukrainischen Flüchtlinge wurden dabei in Polen und Deutschland gezählt. Nach Auswertungen des Bundesinnenministerium gab es in Deutschland bis Anfang Juli 2023 offiziell über eine Million Kriegsflüchtlinge. Der Großteil der aus der Ukraine Geflüchteten waren Frauen, da es für ukrainische Männer zwischen 18 und 60 Jahren ein Ausreiseverbot gab. Auch innerhalb des Landes führte der Krieg zu einer Vielzahl an Binnenflüchtlingen, vor allem aus dem schwer umkämpften Osten des Landes (siehe auch Binnenflüchtlinge in der Ukraine nach Aufenthaltsregion).
Internationale politische Reaktionen & Unterstützung
Der russische Angriff auf die Ukraine löste weltweit Entsetzen und Empörung aus und wurde in einer Resolution der UN-Generalversammlung im März 2022 von insgesamt 141 Staaten verurteilt (vgl. auch die Resolution vom 23. Februar 2023). Als weitere Reaktion beschlossen die westlichen Verbündeten und weitere Staaten scharfe Sanktionen gegen Russland. Ausführlichere Informationen finden Sie auf unserer Themenseite zu den Sanktionen gegen Russland wegen des Kriegs in der Ukraine.Neben humanitärer und finanzieller Hilfen unterstützen die westlichen Staaten, insbesondere die USA und die EU, die Ukraine mit zahlreichen Waffenlieferungen. Auch Deutschland leitete trotz anfänglichem Zögern einen Paradigmenwechsel in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik ein und lieferte militärisches Material an die Ukraine. Zuletzt sicherte die Bundesregierung außerdem Kampfpanzer vom Typ "Leopard" zu. Mehr Informationen zu den Waffenlieferungen an die Ukraine finden Sie auf unserer Themenseite.
Die NATO hat in Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine ihre in Osteuropa stationierten Streitkräfte verstärkt. Außerdem führte der Krieg zu einem Umdenken in den bis dahin neutralen Staaten Finnland und Schweden: in beiden Ländern kippte die öffentliche Meinung rasch zugunsten eines Beitritts zur NATO, woraufhin beide Regierungen Anträge auf Mitgliedschaft im Verteidigungsbündnis stellten. Seit dem 04. April ist Finnland offiziell Mitglied der NATO, auch Schweden steht kurz vor einer Aufnahmen in das Verteidigungsbündnis, nachdem sich die Türkei als Bündnis-Mitglieder der Aufnahme zunächst verweigerte. Auf Ebene der Europäischen Union wurde der Ukraine der Kandidatenstatus verliehen. Ohne direkte Auswirkungen wurde dieser primär symbolische Schritt dennoch als wichtiges Zeichen an Russland gewertet.
Folgen für die Weltwirtschaft
Neben Schäden an der Infrasturktur und wirtschaftlichen Verlusten in der Ukraine hat der Krieg außerdem auch drastische Auswirkungen auf globale Lieferketten.Steigende Energiepreise und Inflationsraten auf Rekordniveau
Der Krieg in der Ukraine verdeutlichte die europäische Abhängigkeit von russischem Öl und Gas. Als Reaktion auf westliche Sanktionen drosselte Russland die Lieferungen von Gas nach Europa erheblich. Zudem wurde die fertiggebaute Pipeline Nord Stream 2 nie in Betrieb genommen: Im Februar 2022 stoppte die deutsche Bundesregierung das Genehmigungsverfahren der Gaspipeline. Im November wurden dann sowohl Nord Stream 1 als auch Nord Stream 2 durch Sabotage schwer beschädigt. Angesichts dieser Spannungen sind die Preise von Rohöl und Erdgas stark angestiegen und lösten eine schiere Energiekrise aus. Zusammen mit den umfangreichen Sanktionen gegen Russland sorgten die steigenden Energiepreise außerdem für Inflationsraten auf Rekordniveau. Weitere Hintergrundinformationen finden Sie auf unseren Themenseiten zur Energieversorgung in Deutschland und weltweit.Probleme bei der Lebensmittelversorgung
Sowohl Russland als auch die Ukraine gehören weltweit zu den wichtigsten Erzeuger- und Exportländern von Getreide, Pflanzenöl und Düngemittel. Durch Angriffe auf ukrainische Infrastruktur und die Blockade ukrainischer Häfen am Schwarzen Meer wird der Transport von Lebensmitteln aus der Ukraine jedoch erschwert beziehungsweise verhindert. Russische Getreideexporte wurden zudem von der Regierung verboten. Dies führte zu enormen Preissteigerungen dieser Produkte und Problemen bei der Lebensmittelversorgung in importabhängigen Ländern. Viele Länder insbesondere in Afrika und dem Nahen Osten beziehen einen Großteil ihres Getreides von den beiden Kriegsparteien (siehe z.B. Weizenimporte). Weitere Informationen zu den Folgen des Ukraine-Krieges für die Lebensmittelversorgung sind auf der entsprechenden Themenseite zu finden.
Hintergrund des Krieges
Seit der russischen Annexion der Krim im Jahr 2014 und den darauffolgenden Kämpfen im Osten des Landes herrschten bereits in den vergangenen Jahren instabile Verhältnisse in der Ukraine (siehe dazu unsere Themenseite zum Russland-Ukraine-Konflikt vor Kriegsausbruch). Im Februar 2022 dann die endgültige Eskalation: In der Nacht des 24. Februars greifen Putins Truppen erste Gebiete und Städte in der Ukraine an. Zwei Tage zuvor wurden die Separatistengebiete und seit 2014 selbsternannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk seitens der Staatsduma und Putin als unabhängige Staaten anerkannt, woraufhin der Kreml russische Truppe in diese Gebiete entsandte. Das Resultat: Aus dem einstigen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine wird ein Krieg mitten in Europa.Die wichtigsten Themenseiten rund um den Ukraine-Krieg im Überblick:
- Der Russland-Ukraine-Konflikt vor Kriegsausbruch am 24. Februar 2022
- Sanktionen gegen Russland
- Waffenlieferungen an die Ukraine
- Die Folgen des Ukraine-Krieges für die Lebensmittelversorgung
- Daten und Fakten zu Russland
- Daten und Fakten zur Ukraine
- Energieversorgung in Deutschland und weltweit
- Energiekrise in Deutschland
- Inflation in Deutschland und der EU