Türkei: Angaben zu Demografie und Bevölkerung
Die Gesamtbevölkerung der Türkei hat im Jahr 2021 rund 84,7 Millionen Bürger:innen betragen. Die größten Städte in der Türkei (Stand: Februar 2022) sind Istanbul, Ankara und Izmir, wobei die Metropole Istanbul mit rund 15,8 Millionen Einwohner:innen mit Abstand die größte Stadt der Türkei und eine der größten Metropolen Asiens ist.Die Bevölkerungsentwicklung der Türkei ist positiv, wenngleich sich das Bevölkerungswachstum seit 2014 abschwächt, erreicht das Land im Jahr 2021 eine Wachstumsrate von rund 0,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Wäre die Türkei bereits Mitglied der Europäischen Union, würde sie das dritthöchste Bevölkerungswachstum im europäischen Vergleich erzielen. Die Bevölkerungszahl ist in den letzten zehn Jahren um rund 10 Millionen Einwohner:innen stark gewachsen: 2011 hatte die Türkei rund 74,7 Millionen Einwohner:innen. Das allgemeine Bevölkerungswachstum setzt sich zusammen aus dem natürlichen Bevölkerungswachstum, also der Verrechnung von Geburten und Todesfällen und dem Migrationssaldo. In der Mehrzahl der europäischen Staaten ist die Geburtenrate so niedrig, dass das Bevölkerungswachstum negativ wäre, wenn nicht der positive Migrationssaldo den Rückgang ausgleichen würde. Die Fertilitätsrate der Türkei schwankt seit Jahren auf hohem Niveau. Sie liegt aber mit einem Wert von durchschnittlich rund 1,9 Kindern je Frau (2019) weiterhin im Bereich von 2,1 Kindern je Frau, der in modernen Industriegesellschaften allgemein als Grenzwert für ein langfristiges natürliches Bevölkerungswachstum angesehen wird. Das hohe Bevölkerungswachstum der Türkei ist bedingt durch eine hohe Fertilitätsrate und einen hohen positiven Migrationssaldo.
Migration, Asyl und Ausländer in der Türkei
Die Türkei hat in den letzten Jahren mehr als 3,5 Millionen Flüchtlinge aufgenommen - mehr als jedes andere Land weltweit (Stand 2021). Der Ausländeranteil der Türkei ist dementsprechend in den vergangenen Jahren stark gestiegen: 2014 betrug der Ausländeranteil in der Türkei rund 0,6 Prozent wovon rund 0,2 Prozent auf EU-Ausländer entfielen und rund 0,4 Prozent auf nicht EU-Ausländer. Bis zum Jahr 2020 ist der Ausländeranteil in der Türkei auf rund 1,8 Prozent gestiegen, wobei der Anteil der EU-Ausländer konstant blieb und der Anteil der Nicht-EU-Ausländer auf 1,65 Prozent gestiegen ist, was sich durch die Aufnahme der syrischen Flüchtlinge erklären ließe. Tatsächlich dürfte die Gesamtzahl der Ausländer in der Türkei sogar sehr viel stärker gestiegen sein, denn in den vorliegen Daten von Eurostat werden nur die langfristigen Wanderungsverhältnisse abgebildet. Umgekehrt leben innherhalb der Europäischen Union (EU-27) die meisten Türk:innen in Deutschland.Wirtschaftsdaten der Türkei
Die Türkei zählt sowohl zur Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G-20) als auch zu den sogenannten "Next Eleven", den bedeutendsten Schwellenländern nach den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China).Mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von rund 806,8 Milliarden US-Dollar (2021) ist das Land nicht mehr in der Rangliste der größten Volkswirtschaften der Welt vertreten. 2013 betrug das BIP der Türkei noch rund 957,5 Milliarden US-Dollar, fiel seitdem aber kontinuierlich bis zum Jahr 2020, obwohl das Land seit 2010 teils zweistellige Wachstumsraten erzielt. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in der Türkei steigt im Jahr 2021 auf rund 9.528 US-Dollar je Einwohner:in. Für 2022 wird ein Rückgang auf rund 8.081 US-Dollar je Einwohner:in erwartet.
Die Türkei verzeichnete im Jahr 2021 ein BIP-Wachstum von rund 11 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch für ein Schwellenland ist dies eine beachtliche Wachstumsrate, wenngleich hier sicherlich Nachholeffekte aufgrund der ökonomischen Auswirkungen der Corona-Pandemie 2020 den Ausschlag gegeben haben werden. Für das Jahr 2022 wird das Wirtschaftswachstum in der Türkei auf rund 2,7 Prozent prognostiziert - eine geringe Wachstumsrate für ein Schwellenland.
Die Inflationsrate in der Türkei hat im Jahr 2021 rund 19,6 Prozent betragen. Dies ist im internationalen Vergleich eine recht hohe Rate, weswegen die Türkei wiederholt einen Platz im Ranking der Länder mit der höchsten Inflationsrate weltweit belegt (11.Platz). Die meisten Industrienationen streben eine jährliche Inflationsrate von ungefähr zwei Prozent an. Die Türkei verzeichnete bis Mitte der 2000er Jahre sehr hohe Inflationsraten von teils über 100 Prozent. In den Jahren danach verringerte sich die Inflation auf jährliche Raten von 8 bis 16 Prozent. Für das Jahr 2022 wird für die Türkei eine Teuerungsrate von rund 60,5 Prozent prognostiziert, wenngleich der Blick auf die monatlichen Inflationsraten in der Türkei eine noch deutlich höhere Inflation erwarten lässt.
Die Arbeitslosenquote in der Türkei pendelte sich in den Jahren 2016 bis 2018 mit rund 10,9 Prozent auf hohem Niveau ein, bevor sie 2019 deutlich auf geschätzt rund 13,7 Prozent anstieg. Im Jahr 2021 ist die Arbeitslosenquote der Türkei trotz der Corona-Pandemie auf rund 12 Prozent gesunken. Für das Jahr 2022 wird ein weiterer Rückgang auf rund 11,3 Prozent prognostiziert.
Außenhandel der Türkei
Im Jahr 2021 exportierte die Türkei Waren im Wert von rund 225,3 Milliarden US-Dollar und importierte Güter für circa 271,4 Milliarden US-Dollar.Das Land zählt damit weder zu den größten Exportländern noch zu den bedeutendsten Importnationen, findet sich mit dem hohen Importüberschuss aber stets in den Top 20 Ländern mit dem höchsten Handelsbilanzdefizit weltweit wieder (6. Platz in 2021).
Die wichtigsten Exportgüter für die Türkei im Jahr 2021 sind Straßenfahrzeuge (SITC Abschnitt 78) mit einem Exportanteil von rund 11,2 Prozent gewesen. Auf Eisen und Stahl (SITC Abschnitt 67) entfallen etwa 8,7 Prozent der Ausfuhren aus der Türkei. Bekleidung und Bekleidungszubehör (SITC Abschnitt 84) sind mit einem Anteil von etwa 8,6 Prozent das drittwichtigste Exportgut der Türkei im Jahr 2021.
Die wichtigsten Importgüter für die Türkei im Jahr 2021 entfallen auf besondere Warenverkehrsvorgänge und Waren (SITC Abschnitt 93) mit einem Importanteil von rund 12,7 Prozent. Eisen und Stahl (SITC Abschnitt 67) sind mit einem Importanteil von rund 6,5 Prozent die zweitwichtigsten Importgüter von der Türkei, gefolgt von Straßenfahrzeugen (SITC Abschnitt 78) mit einem Importanteil von rund 5,7 Prozent.
Die wichtigsten Handelspartner der Türkei im Export sind Deutschland, die USA und Großbritannien. Die wichtigsten Importpartner der Türkei sind China, Russland und Deutschland.
Insgesamt besitzt der Handel mit der Europäischen Union (EU-27) eine große Bedeutung für die Türkei.
Staatsfinanzen der Türkei
Die Staatsverschuldung der Türkei ist mit circa 41,65 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (2021) weiterhin niedrig, obwohl sie sich in den letzten Jahren deutlich erhöhte. Das Staatsdefizit der Türkei hat 2021 circa 3,5 Prozent des BIP betragen; für 2022 wird mit einem Staatsdefizit von rund 6,9 Prozent der Wirtschaftsleistung gerechnet.Militär und NATO
Die Türkei ist bereits 1952 gemeinsam mit Griechenland der NATO beigetreten. Gemessen an den Militärausgaben der Türkei von rund 15,5 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 belegt das Land zwar einen Platz in der Rangliste der Länder mit den weltweit höchsten Militärausgaben (18. Platz), rangiert aber beim Vergleich der Militärausgaben der NATO-Staaten deutlich hinter den Mitgliedern Italien, Frankreich oder Deutschland und ungefähr auf dem Niveau von Polen und Spanien. Der reine Blick auf das Militärbudget kann jedoch täuschen: Industriestaaten wie Deutschland, Frankreich oder Großbritannien müssen einen Großteil des Budgets für die Personalkosten aufwenden. Die Einkommen sind in diesen Ländern im Vergleich zur Türkei deutlich höher, während die Kosten für den Kauf von Rüstungsgütern sich nicht unterscheiden. In diesem Zusammenhang verwundert es nicht, dass die Türkei mit einem viermal kleineren Militärbudget als Deutschland dennoch in der Rangliste der Militärmächte vor Deutschland geführt wird. Die türkische Armee gilt international als sehr gut ausgerüstet und ausgebildet.Die Türkei ist für das NATO Bündnis einerseits ein wichtiges Mitglied, gerade auch wegen ihrer geografischen Schnittstelle zwischen Europa und dem Nahem Osten. Andererseits erzeugt die Türkei innerhalb des Bündnisses regelmäßig für Irritationen. Sei es der Kauf von russischen Rüstungsgütern, die die Verteidigungsfähigkeit des Bündnisses untergraben oder auch regelmäßige Drohungen gegenüber dem EU- und NATO-Mitglied Griechenland, dessen territoriale Integrität die Türkei offen anzweifelt. Im Zuge des völkerrechtswidrigen Überfalls Russlands auf die Ukraine, zeigt die Türkei größtmögliche Flexibilität. Der russische Angriffskrieg wird scharf verurteilt, aber den Sanktionen gegen Russland hat man sich nicht angeschlossen. Die Türkei lieferte bereits zu einem frühem Zeitpunkt leistungsfähige türkische Kampfdrohnen des Typs Bayraktar TB2 an die Ukraine, hält aber gleichzeitig am Erwerb des russischen Flugabwehrsystems S-400 fest.
Dass die Türkei selbstbewusst auftritt und im Zweifel nationalen Interessen auch höheren politischen Zielen den Vorzug gibt, zeigte sich zuletzt bei der geplanten Norderweiterung der NATO um Finnland und Schweden. Der türkische Staatspräsident informierte die Öffentlichkeit bereits frühzeitig darüber, dass sein Land die Ratifizierung der Beitrittsprotokolle von Schweden und Finnland an Bedingungen knüpft und die Aufnahme blockieren werde, bis die Bedingungen durch Finnland und Schweden erfüllt seien. Konkret forderte die Türkei die Auslieferung von türkischen bzw. kurdischen Oppositionellen im finnischen und schwedischen Exil, die in der Türkei, aber nicht in Schweden oder Finnland, unter Terrorismusverdacht stehen. Im Zuge bilateraler Gespräche zwischen den beteiligten Ländern wurde eine Einigung erzielt und die Türkei signalisierte, den Beitrittsprozess nicht weiter zu blockieren. Ob es dabei bleibt, ist abzuwarten, denn gegenwärtig hat die Türkei die Beitrittsprotokolle zur Aufnahme von Finnland und Schweden in die NATO noch nicht ratifiziert.
Gefährdete Demokratie - Wahlen und Rechtsstaatlichkeit in der Türkei
Die Türkei verliert 2021 ihre Position als Staat mit der geringsten Pressefreiheit in Europa. Russland und Belarus (Weißrussland) haben die Türkei als Länder mit der geringsten Pressefreiheit in Europa im Jahr 2022 von Platz 1 verdrängt.Insgesamt hat sich die Türkei in den vergangenen Jahren in diversen Indikatoren der Demokratiefestigkeit, Rechtsstaatlichkeit und Korruption deutlich verschlechtert:
- Im Bertelsmann Transformationsindex (BTI) wird die Türkei im Jahr 2022 als "gemäßigte Autokratie", "Marktwirtschaft mit Funktionsdefiziten" und "schwachem" Governance-Status bewertet.
- Im Fragile States Index (FSI) 2022 hat sich die Türkei von Platz 57 auf Platz 62 verschlechtert (je niedriger die Platzierung, desto wahrscheinlicher ein "gescheiterter Staat"). Diese verbesserte Platzierung erreicht das Land trotz sinkenden Indexwertes - andere Ländern haben sich einfach noch schlechter entwickelt.
- In der Bewertung der Korruption nach dem Corruption Perceptions Index (CPI) hat die wahrgenommene Korruption in der Türkei bis zum Jahr 2021 stark zugenommen.