Einordnung: Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine
Der Russland-Ukraine Konflikt eskalierte im Februar 2022, nachdem Russland über Monate Soldaten an die ukrainisch-russische Grenze verlegt hatte. Am 21. Februar 2022 gab Präsident Putin bekannt, dass Russland die beiden ukrainischen Separatistengebiete Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten anerkennen würde und verlegte Truppen in die Regionen. In der Nacht zum 24. Februar 2022 initiierte Präsident Putin schließlich den völkerrechtswidrigen militärischen Überfall Russlands auf die Ukraine, der im Russland-Ukraine Krieg mündete.Ein Jahr Krieg in der Ukraine
Der russische Überfall auf die Ukraine jährt sich und die Bilanz der 'russischen Spezialoperation' ist aus Sicht der Aggressoren bisher verheerend. Zur Erinnerung: Russland begründete den völkerrechtswidrigen Überfall auf die Ukraine innen- und außenpolitisch zunächst mit der Behauptung, dass die ukrainische Regierung um Präsident Wolodymyr Selenskyj "drogenabhängige Neonazis" seien und die Ukraine daher von Russland "entnazifiziert" werden müsse. Der perfide Hintergrund zu dieser Anschuldigung: Präsident Selenskyi ist selbst Jude und Nachfahre von Holocaustüberlebenden, während auch Familienmitglieder der jüdischen Familie Selensky im Holocaust von den Nationalsozialisten ermordet worden.
Nachdem diese Argumentation selbst innenpolitisch in Russland kaum noch verfing, verglich sich Präsident Putin in mehreren Fernsehansprachen und "Interviews" als legitimer Nachfolger des Zaren Peter der Große und offenbarte unverhohlen die wirkliche Motivation für den russischen Angriff auf die Ukraine: Die kriegerische Vergrößerung des russischen Staatsgebietes bzw. die Wiederherstellung der territorialen Grenzen Russlands zu Zeiten des russischen Kaiserreiches. Der Ukraine spricht Putin und die russische "Regierung" in diesem Zusammenhang das Existenzrecht als souveräner Staat ab, obwohl die "territoriale Unversehrtheit und politische Unabhängigkeit der Ukraine" im Budapester Memorandum von 1994 durch Russland garantiert wurde.
Bitte beachten sie in diesem Zusammenhang auch unsere umfangreichen Dossiers und Themenseiten, die gezielt über die militärische Situation in der Ukraine und die Folgen des Krieges informieren:
- Russland-Ukraine-Konflikt
- Krieg in der Ukraine
- Sanktionen gegen Russland
- Folgen des Ukraine-Kriegs für die Lebensmittelversorgung
Kann die Ukraine der Europäischen Union beitreten?
Ja, die Ukraine kann Mitglied der Europäischen Union werden. Aufgrund des Kriegsausbruches wurden das Aufnahmeprozedere für die Ukraine etwas verkürzt und das Land erhielt bereits beim EU-Westbalkangipfel am 23.Juni 2022 zusammen mit der Republik Moldau den offiziellen Status als EU-Beitrittskandidat. Die Bedingungen, die erfüllt werden müssen um schlussendlich der EU beitreten zu können sind sehr umfangreich und setzen je nach Land und dessen Rechtstradition einen langwierigen Transformationsprozess voraus, der auch mehrere Jahrzehnte dauern könne. Unzählige Gesetze, Verfahren, Zollbestimmungen etc. müssen an EU-Recht angepasst werden. Ein schneller EU-Beitritt der Ukraine in den kommenden Jahren ist daher unwahrscheinlich. Auch wenn einzelne EU-Länder ein verkürztes Aufnahmeverfahren für die Ukraine diskutierten, das einen EU-Beitritt der Ukraine bis zum Jahr 2030 möglich machen sollte, gibt es ebenso viele Stimmen in der EU, die dies kritisch sehen auch unter Berücksichtigung der regulären Beitrittsverfahren bei den weiteren Beitrittskandidaten, z.B. dem ebenfalls von Russland bedrohtem Georgien.Bevölkerung und Demografie
Seit der Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1991 verringert sich die Gesamtbevölkerung in der Ukraine stetig. Den höchsten Bevölkerungsstand erreichte das Land im Jahr 1990 mit rund 51,6 Millionen Einwohner:innen, bis zum Jahr verringerte sich die Gesamtbevölkerung des Landes bereits auf rund 43,9 Millionen Menschen. Im Jahr 2022 ist die Einwohnerzahl der Ukraine auf rund 39,7 Millionen Bürger:innen zurückgegangen, wenngleich die Zahlen gegenwärtig nicht den Kriegsverlauf und Flüchtlingszahlen widerspiegeln können.Obschon diverse Ethnien in der Ukraine leben, machten ethnische Ukrainer:innen nach den zuletzt verfügbaren Zahlen (2001 rund 77,8 Prozent der Gesamtbevölkerung aus, gefolgt von Russ:innen mit einem Bevölkerungsanteil von rund 17,3 Prozent. Die ethnische Zusammensetzung auf der ukrainischen Krim, setzte sich bereits vor der völkerrechtswidrigen Besatzung durch Russland im Jahr 2014 aus einem Bevölkerungsanteil von u.a. rund 58,5 Prozent ethnischer Russ:innen und rund 24,2 Prozent ethnischer Ukrainer:innen zusammen. Die größten Städte in der Ukraine sind Kiew mit fast 3 Millionen Einwohner:innen, gefolgt von Charkiw mit rund 1,43 Millionen und Odesa mit etwa 1 Millionen Einwohner:innen im Jahr 2022. Die Fertilitätsrate in der Ukraine von rund 1,27 Kindern je Frau (2022) ist vergleichsweise niedrig, weshalb das Land in der Liste der Länder mit der niedrigsten Fertilitätsrate weltweit (11. Platz) zu finden ist.
Die durchschnittliche Lebenserwartung in der Ukraine ist von rund 72,6 Jahren im Jahr 2020 auf rund 68,6 Jahre im Jahr 2022 gesunken. Für das Jahr 2023 wird zwar ein Anstieg auf rund 73 Jahre erwartet, in diesen Zahlen sind die Kriegsfolgen jedoch nicht berücksichtigt, daher sollten diese Angaben nur unter Vorbehalt bis zu einer Revision im Sommer 2023 betrachtet werden.
Seit Jahren ist die Bevölkerungsentwicklung in der Ukraine negativ.
Der durch Russland aufgezwungene Krieg in der Ukraine wird den Bevölkerungsrückgang des Landes deutlich verschärfen. Wie sehr sich der Bevölkerungsrückgang durch Flucht und Vertreibung mittel- und langfristig auf das Land auswirkt, lässt sich seriös derzeit nicht beantworten. Gegenwärtig sind die Fluchtzahlen jedoch sehr hoch und markieren für Europa die größte nationale Fluchtbewegung seit dem zweiten Weltkrieg.
Krieg in der Ukraine: Opferzahlen und Flüchtlinge
Bis zum 15. Februar 2023 konnten rund 8.006 zivile Todesopfer in der Ukraine verifiziert werden, wovon rund 487 Kinder gewesen sind. Gleichzeitig wurden rund 13.287 verletzte Zivilisten registriert, rund 954 hiervon sind Kinder. Dies sind nur die offiziell bestätigten zivilen Opferzahlen in der Ukraine, tatsächlich dürften die Opferzahlen insgesamt sehr viel höher ausfallen, deren Verifizierung jedoch aus unterschiedlichen kriegsbedingten Gründen nicht erfolgen kann. Nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) sind insbesondere in den ersten Kriegswochen die meisten zivilen Kriegsopfer in der Ukraine zu beklagen gewesen.Millionen Ukrainer:innen auf der Flucht: Die größte Fluchtbewegung in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg
Internationale Experten haben bereits zu Kriegsbeginn die größte Fluchtbewegung in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg prognostiziert: Die anfänglichen Schätzungen zur möglichen Anzahl der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine reichten von vier bis acht Millionen Menschen auf der Flucht. Aktuell haben sich die "pessimistischen" Szenarien bewahrheitet: Mehr als acht Millionen geflüchtete Ukrainer:innen wurden laut des UNHCR (United Nations High Commissioner for Refugees - Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen) bisher in Europa registriert.
Migrationsbewegungen sind bereits in Friedenszeiten teils schwer zu erfassen bzw. zu vergleichen und noch schwieriger zu prognostizieren.
Bisher (Stand 21. Februar 2023) wurden mehr als 18,8 Millionen Grenzübertritte von der Ukraine in ein Nachbarland festgestellt. Die reine Betrachtung der Gesamtanzahl der Flüchtlinge aus der Ukraine nach Grenzübertritten bietet jedoch nur wenig valide Zahlen. Zählfehler an der Grenze selbst, Menschen, die die Grenze mehrfach überqueren und daher auch mehrfach erfasst werden, sowie Flüchtlinge, die die offiziellen Grenzübergänge meiden, sind nur einige Schwachstellen dieser Datenerhebung, die die Gesamtzahlen verzerren lassen. Daher hat sich international der Standard durchgesetzt, eine personalisierte Erfassung der Geflüchteten im Aufnahmeland durchzuführen. Aufgrund der angeglichenen statistischen Standards in der Europäischen Union, gelten die veröffentlichten Migrationszahlen der EU als valide.
Ukrainische Flüchtlinge in der EU - Polen sind solidarisch
Ein Jahr nach Kriegsbeginn haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Union mehr als 4,6 Millionen geflüchtete Ukrainer:innen aufgenommen (Stand: Januar 2023). In absoluten Zahlen hat Polen mit rund 1,56 Millionen Registrierungen noch vor Deutschland (rund 1,06 Millionen ukrainische Flüchtlinge) die meisten ukrainischen Flüchtlinge in der EU aufgenommen. An dritter Stelle liegt Tschechien, das rund 486.133 geflüchtete Ukrainer:innen im Land aufgenommen hat.
Im Verhältnis zur jeweiligen Gesamtbevölkerung haben insbesondere die mittel- und osteuropäischen EU-Länder die meisten Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen. Der Anteil der Flüchtlinge aus der Ukraine an der Gesamtbevölkerung beträgt in Estland rund 4,85 Prozent, gefolgt von Tschechien mit rund 4,5 Prozent und Polen mit rund 4,1 Prozent.
Ungarn hat hingegen rund 33.600 registrierte ukrainische Flüchtlinge im Land gemeldet, obwohl das Land im Gegensatz zu Tschechien ein direkter Nachbarstaat der Ukraine ist. Dies entspricht einem Bevölkerungsanteil der Ukrainer:innen von rund 0,34 Prozent an der Gesamtbevölkerung in Ungarn.
Sonderfall Ungarn - Warum hat das Nachbarland so wenig Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen?
Zum einen wird dem autokratischen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban wegen seiner russlandfreundlichen Haltung misstraut. Der migrationskritische Visegrád-Staat Ungarn hat mehrfach seine ideologische Nähe und Verbundenheit zu Russland gezeigt und u.a. Sanktionsbemühungen der EU gegenüber Russland torpediert. Daher geben auch nahezu 70 Prozent der befragten Ukrainer:innen in einer Meinungsumfrage von Januar 2023 an, Viktor Orban zu misstrauen. Weniger Vertrauen wird nur den Staatsführern von Russland, Belarus und China entgegengebracht.Zum anderen häufen sich die Berichte, dass sich ukrainische Geflüchtete in Ungarn nur sehr schwer über ihre Rechte, z.B. die Beantragung des richtigen Aufenthaltstitels, informieren können und häufig einfach ein Arbeitsvisum mit geringem Schutzstaus erhalten. Dies ist kein Zufall, sondern in den vergangenen Jahren mehrfach dokumentierte und verurteilte Praxis der ungarischen Behörden, um Flüchtlingen systematisch ihre EU-Grundrechte zu verweigern und eine Ausreise in ein anderes Land zu forcieren. Ungarn wurde bereits mehrfach vom Europäischen Gerichtshof verurteilt, es laufen weitere Verfahren und dem Land wurde zuletzt vom EU Parlament der Status als Demokratie abgesprochen.
Wer unterstützt die Ukraine?
Im Verhältnis zum jeweiligen Bruttoinlandsprodukt leisten wiederum die mittel- und osteuropäischen EU-Länder die größte finanzielle Unterstützung für die Ukraine, während in absoluten Zahlen die USA, die EU selbst und Großbritannien die größten Unterstützer der Ukraine sind. In der Auflistung der finanziellen, militärischen und humanitären Hilfe ausgewählter Länder für die Ukraine nach Anteil am Bruttoinlandsprodukt, ist die bilaterale Unterstützung Estlands mit einem Anteil von insgesamt rund 1,3 Prozent am estnischen BIP am höchsten, gefolgt von Lettland (1,2 Prozent) und Polen mit rund 0,89 Prozent (Stand 15. Januar 2023).
Die größte militärische, finanzielle und humanitäre Unterstützung ausgewählter Länder für die Ukraine in absoluten Zahlen, leistet hingegen die USA, die die Ukraine bisher mit Hilfen im Wert von insgesamt rund 73,2 Milliarden US-Dollar unterstützt haben.
Diese Hilfen sind keineswegs nur militärischer Art, die Ukraine hat aufgrund des Zusammenbruchs der Wirtschaft und der direkten Kriegsschäden, enorme finanzielle Hilfen nötig, um die Grundversorgung der Bevölkerung leisten zu können.
Wirtschaft und Staatsfinanzen der Ukraine
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Ukraine hat im Vorkriegsjahr 2021 mit geschätzt circa 199,7 Milliarden US-Dollar den höchsten Wert in der Geschichte des Landes betragen. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl erreicht das BIP pro Kopf in der Ukraine im Jahr 2021 mit geschätzt rund 4.862 US-Dollar ebenfalls den historischen Spitzenwert. Im Vergleich zu den anderen Beitrittskandidaten der Europäischen Union (EU), erzielt das Land jedoch das zweitkleinste BIP pro Kopf aller EU-Erweiterungsländer und EU-Mitgliedstaaten. Für das erste Kriegsjahr 2022 liegen noch keine konkreten Zahlen für die Ukraine vor, die Schätzungen zum Wirtschaftswachstum in der Ukraine legen aber einen enormen Wirtschaftseinbruch nahe.Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts in der Ukraine war im Jahr 2020, wie in nahezu ganz Europa, negativ und betrug rund -4,04 Prozent; 2021 wuchs die ukrainische Wirtschaft um circa 3,55 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für das erste Kriegsjahr 2022 wird für die Ukraine ein Rückgang des BIP von rund 35 Prozent prognostiziert.
Die Arbeitslosenquote in der Ukraine erhöhte sich von rund 9,15 Prozent in 2020 auf geschätzt rund 9,8 Prozent im Folgejahr 2021. Mit dieser Arbeitslosenquote würde sich die Ukraine im Vergleich der Arbeitslosenquoten der EU Beitrittsländer positiv positionieren.
Nachdem die Inflationsrate der Ukraine 2015 mit rund 48,7 Prozent sehr hoch war, sank sie in den Folgejahren bis auf rund 2,7 Prozent im Jahr 2020. Bereits im Jahr 2021 hat die Inflation in der Ukraine wieder deutlich angezogen und rund 9,4 Prozent betragen, für 2022 wird ein weiterer Anstieg auf 20,55 Prozent prognostiziert. Im Kriegsverlauf zog die monatliche Inflationsrate in der Ukraine deutlich an und erreichte im Januar 2023 rund 26 Prozent. Dies ist eine der höchsten Inflationsraten im europäischen Vergleich.
Die Militärausgaben der Ukraine haben im Jahr 2021 rund 5,9 Milliarden US-Dollar betragen, bzw. einen Anteil von rund 3,2 Prozent des ukrainischen BIP. Über detaillierte militärische Kennzahlen der Ukraine insbesondere im Vergleich zu Russland, informiert die Themenseite zu den aktuellen Daten und Fakten zum Krieg in der Ukraine.
Die Staatsverschuldung der Ukraine ist zuletzt auf rund 47,6 Prozent der Wirtschaftsleistung gesunken, für das Jahr 2022 liegen noch keine Daten vor.
Außenhandel der Ukraine - Das Ende der Transiteinnahmen
- Export Im Jahr 2021 exportierte die Ukraine Waren im Wert von circa 68,1 Milliarden US-Dollar, nachdem es im Vorjahr nur rund 49,2 Milliarden US-Dollar gewesen sind.
- Import Der Import von Gütern in die Ukraine erreichte 2021 ein Volumen von rund 72,5 Milliarden US-Dollar.
Die wichtigsten Handelspartner der Ukraine im Export sind vor dem Kriegsausbruch China mit einem Exportanteil von rund 12,1 Prozent, Polen mit rund 7,6 Prozent und die Türkei mit rund 6,1 Prozent, gewesen. Nach Russland wurden im Jahr 2021 rund 5,1 Prozent der ukrainischen Waren exportiert.
Die wichtigsten Exportgüter für die Ukraine sind im Jahr 2021 Eisen und Stahl (SITC Abschnitt 67) mit einem Exportanteil von rund 21,2 Prozent und Getreide und Getreideerzeugnisse (SITC Abschnitt 04) mit einem Anteil von rund 18,9 Prozent am ukrainischen Ausfuhrhandel gewesen. Die ukrainische Agrarproduktion besitzt für den Weltmarkt eine gewichtige Rolle. Nähere Informationen zu den Folgen des Ukraine-Kriegs für die Lebensmittelversorgung bietet die spezifische Themenseite.
Neben der Situation um die Getreidepreise und deren Ausfuhr, steht insbesondere der Transit von russischen Erdgas durch die Ukraine im Focus der Diskussion. Das Transitvolumen von Erdgas in der Ukraine nach Europa sank schon vor Kriegsbeginn deutlich, auch wegen der Eröffnung der umstrittenen Ostseepipeline Nord Stream 2, deren Betrieb den Transit russischen Erdgases durch die osteuropäischen Länder reduziert hätte. Russland hätte unter Umgehung der Transitländer seine Einnahmen im Erdgasexport durch die direkte Verbindung zusätzlich erhöhen können. Die Ukraine hingegen muss auf die Einnahmen mit dem Transit von Erdgas aus Russland nach Europa aufgrund der weitreichenden Sanktionen gegen Russland wohl auch zukünftig verzichten. Weitere Informationen bietet die Themenseite zum Energiemarkt.
Die Ukraine ist darüber hinaus selbst Erdgasproduzent. Zuletzt erreichte die Erdgasförderung in der Ukraine rund 18,6 Milliarden Standardkubikmeter im Jahr 2021, womit das Land jedoch nicht den Eigenverbrauch an Erdgas decken kann.
Die wichtigsten Importländer für die Ukraine sind im Jahr 2021 China mit einem Anteil an den ukrainischen Importen von rund 15,2 Prozent, gefolgt von Deutschland mit rund 8,7 Prozent und Russland, dessen Importe einem Anteil von rund 8,4 Prozent entsprochen haben.
Die wichtigsten Importgüter für die Ukraine entfallen zu 9,9 Prozent auf Waren des Bereichs Erdöl, Erdölerzeugnisse und verwandte Waren (SITC Abschnitt 33) und Straßenfahrzeuge (SITC Abschnitt 78) mit einem Importanteil von rund 9,5 Prozent.
Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine - schnelle Aufnahme in die Europäische Union?
Gerade unter dem Gesichtspunkt einer verkürzten Aufnahmeperspektive in die Europäische Union geraten neben den ökonomischen Faktoren auch die rechtsstaatlichen Defizite der Ukraine in den Focus:Die Ukraine hat unbestritten ein ernstes Problem mit der Korruption im Land. Das Land erreicht im Corruption Perceptions Index (CPI) 2022 mit 33 Indexpunkten den 116. Platz von 180 untersuchten Staaten, womit sich die Ukraine noch hinter den EU-Beitrittskandidaten nach dem Corruption Perceptions Index (CPI) eingruppiert.
Hinsichtlich der Bewertung der Ukraine im Fragile State Index wurde das Land bis zu Beginn des Euromaidan relativ stabil bewertet. Anschließend steuerte Russland gezielt die Separatismusbewegungen in Donezk und Luhansk und annektierte völkerrechtswidrig die ukrainische Krim. Dementsprechend instabil wird seitdem auch die politische Lage in der Ukraine bewertet.
Diese Einschätzung wird auch durch die Bewertung der Ukraine im Bertelsmann Transformationsindex (BTI) bestätigt. Im Jahr 2022 erzielte die Ukraine 6,80 von 10 Punkten im Index für Demokratie (defekte Demokratie), 6,71 Punkte im Index für Marktwirtschaft (Marktwirtschaft mit Funktionsdefiziten) und 5,31 Punkte im Index für Politisches Management (mäßig).
Die laufenden Diskussionen um die Schleifung des Rechtsstaates in Polen, die faktische Abschaffung der Demokratie in Ungarn unter dem Autokraten Viktor Orban oder die Korruption in den Mitgliedstaaten der Osterweiterungsrunde, zeigen deutlich die negative Kehrseite des Einstimmigkeitsprinzips in der EU und den fehlenden Verfahren zum Ausschluss von Mitgliedstaaten. Trotz der sicherlich zu forcierenden Beitrittsverhandlungen der Ukraine zur EU, zeigen sich vor diesem Hintergrund auch die potentiellen Probleme, die eine überstürzte Aufnahme der Ukraine in die Europäische Union (EU) mit sich bringen könnte. Gerade in Deutschland (aber auch u.a. in Frankreich und Österreich) werden diese Negativbeispiele häufig als Begründung für einen Abbruch, zumindest aber ein Einfrieren der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei herangezogen.
In der aktuellen Erhebung der Forschungsgruppe Wahlen in Deutschland (Februar 2023) scheint dieser Aspekt bei den Befragten jedoch in den Hintergrund gerückt zu sein: 60 Prozent der Befragten befürworten einen EU-Beitritt der Ukraine in den kommenden Jahren.