Am 18. Januar 1871 wurde im Spiegelsaal von Versailles das Deutsche Kaiserreich ausgerufen: Nach den Siegen in den Einigungskriegen (
1870/71) des Königreichs Preußen und seiner Verbündeter entstand der erste Nationalstaat auf Deutschem Boden. Zum Kaiser wurde der
Wilhelm I. gekrönt.
Wie setzte sich das Kaiserreich zusammen?
Das Kaiserreich war ein Bundesstaat der sich aus 25 heterogenen Einzelstaaten
zusammensetzte, darunter vier Königreiche, sechs Großherzogtümer und drei Freie Städte. Die Staaten unterschieden sich erheblich in
Größe und
Bevölkerungszahl: Während im Fürstentum Schaumburg-Lippe im Jahr 1910 auf 340 Quadratkilometern rund 50.000 Menschen lebten, zählte das Königreich Preußen auf knapp 350.000 Quadratkilometern rund 40 Millionen Einwohner. Die
Gesamtbevölkerung des Reiches wuchs zwischen 1871 und 1912 um mehr als die Hälfte.
Politische Prägung, Industrialisierung und Urbanisierung
Das Kaiserreich war für Deutschland eine Phase relativen Friedens und politisch von einer starken Bedeutungszunahme der Sozialdemokratie geprägt, die bis zum Ende des Reiches zur stärksten
politischen Kraft aufsteigen sollte. Während der Reichstag durch allgemeine, freie und gleiche Wahlen gewählt wurde, wurden die
Reichskanzler durch den Kaiser ernannt. Der langjährige "Eiserne Kanzler" Otto von Bismarck prägte das Reich maßgeblich.
Wirtschaftlich konnte das Reich sich schnell und nachhaltig entwickeln und das
Volkseinkommen wuchs in den Jahren des Bestehens erheblich und weitgehend konstant, was sich positiv auf die Lebensverhältnisse aller Schichten auswirkte. Gleichzeitig führte die zunehmende Industrialisierung zu einer Verschiebung der
Erwerbstätigenzahlen der einzelnen Wirtschaftssektoren sowie einer starken
Urbanisierung mit einer Vielzahl sozialer Probleme.
Außenpolitik: Imperialismus und Weg zur Großmacht
Außenpolitisch versuchte das Kaiserreich mit den anderen europäischen Großmächten in Konkurrenz zu treten, was sich insbesondere an dem Erwerb von
Kolonien ("Schutzgebieten") in Afrika, Ozeanien und China manifestierte. In den Kolonien kam es seitens der Deutschen ("Schutztruppe") zu erheblichen Verbrechen bis hin zum Völkermord an den Herero und Nama in Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia). Mit dem
Britischen Empire trat das Kaiserreich insbesondere durch einen raschen Ausbau der Marine in Konkurrenz, es kam zum
Flottenwettrüsten.
Der Weg in den Weltkrieg und demokratischer Neubeginn
Die Konkurrenz der Großmächte, ein europaweit ausgeprägter Nationalismus und teilweise Revanchismus, führten zusammen mit der Fahrlässigkeit der politischen Klasse zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Jahr 1914. Nach der Ermordung des österreichischen Thronfolgers in Sarajevo eskalierte die Situation, nachdem Österreich weitreichende Forderungen gegenüber Serbien stellte, das Deutsche Reich gegenüber Österreich eine Blankovollmacht ausstellte und Russland als Schutzmacht Serbiens agierte. Bis 1918 starben
mehr als neun Millionen Menschen im Ersten Weltkrieg. Das Ende des Ersten Weltkriegs besiegelte auch das Ende des Kaiserreiches: Kaiser Wilhelm II. dankte 1918 ab und es wurde die erste
Republik auf Deutschem Boden ausgerufen.
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