Ernährung und Hunger weltweit
Wie viele Menschen sind heute von Hunger betroffen?
Die Landwirtschaft erzeugt heute weltweit ausreichend Lebensmittel, um die gesamte Weltbevölkerung ernähren zu können. Dennoch leiden sehr viele Menschen auf der Welt an Hunger.- Unterernährung: Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) gab es im Jahr 2023 rund 722 Millionen unterernährte Menschen - das entsprach mehr als neun Prozent der Weltbevölkerung. Von Unterernährung spricht man, wenn ein Mensch über einen längeren Zeitraum nicht ausreichend Kalorien zu sich nimmt.
- Mangelernährung: Kalorien sind aber nicht das einzige Problem. Lebensmittel müssen nicht nur in ausreichender Quantität, sondern auch in der richtigen Qualität zur Verfügung stehen. Weil eine gesunde Ernährung aber in der Regel teurer ist als eine ungesunde, können sich etwa 35 Prozent der Weltbevölkerung nicht die Lebensmittel leisten, die sie mit den nötigsten Vitaminen und Mineralstoffen versorgen würden. Man spricht in diesen Fällen auch von "verstecktem Hunger", weil er auf den ersten Blick nicht sichtbar ist, aber die Gesundheit und das Wohlbefinden der Betroffenen beeinträchtigt. Eine Folge der einseitigen Versorgung mit Lebensmitteln kann Übergewicht sein. Inzwischen wird Adipositas insbesondere in einkommensschwachen Staaten nicht als Gegensatz, sondern als Ausdruck von Mangelernährung begriffen.
- Nahrungsmittelunsicherheit: Sie tritt auf, wenn eine Person unter dem Risiko leidet, dass die notwendige Versorgung mit Nahrung nicht mehr sicherstellbar ist. Dies gilt grundsätzlich für alle von Hunger betroffenen Menschen. Im Jahr 2023 waren knapp 30 Prozent aller Menschen weltweit von Nahrungsmittelunsicherheit betroffen.
Wo hungern Menschen heute?
In absoluten Zahlen verzeichnet die Weltregion Asien die meisten unterernährten Menschen. Grundsätzlich hat sich die Situation hier in den letzten Jahren allerdings verbessert. Zwar leiden auch in Asien immer noch Millionen Menschen unter Hunger, aber ihr Anteil an der Einwohnerzahl ist deutlich gesunken. Im Jahr 2023 betrug die Prävalenz von Unterernährung in Asien 8,2 Prozent. In Lateinamerika und der Karibik lag der Anteil unterernährter Menschen bei 6,6 Prozent. Afrika war dagegen mit einer Prävalenz von fast zwanzig Prozent die am härtesten betroffene Region. Viele der Länder, die besonders stark von Hunger geplagt werden, liegen entsprechend auf dem afrikanischen Kontinent. Unter chronischer Unterernährung leidet nach Daten der FAO ein besonders hoher Anteil der Bevölkerung in Somalia. Auch der Welthunger-Index, der neben der Kalorienzufuhr noch weitere Indikatoren berücksichtigt, listet insbesondere Länder in Afrika als stark von Hunger betroffen.Entwicklung der letzten Jahre und aktuelle Situation
Über die letzten Jahrzehnte haben die Menschen Fortschritte bei der Bekämpfung des Welthungers gemacht. Die Prävalenz von Unterernährung ist deutlich zurückgegangen. Und obwohl es heute mehr Menschen auf der Erde gibt denn je, sterben weniger Menschen an Kalorienmangel als im 20. Jahrhundert. Allerdings zeichnet sich seit einigen Jahren eine Trendwende ab. In allen Weltregionen stagnierte oder stieg zuletzt die Zahl der chronisch unterernährten Menschen. Auch der Anteil der in Nahrungsmittelunsicherheit lebenden Menschen hat sich erhöht. Zudem herrschen in vielen Ländern aktuell auf Grund von Konflikten, Wirtschaftskrisen, der Corona-Pandemie, Missernten und/oder steigenden Nahrungsmittelpreisen schwere Hungerkrisen. Prognosen gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren der Anteil unterernährter Menschen ansteigen wird.Hunger und Mangelernährung bei Kindern
Hunger trifft nicht alle Menschen gleich. Besonders gefährdet sind Kinder, weil sie sich noch im Wachstum befinden. Mangelernährung im Kindesalter kann dieses Wachstum nicht nur verzögern, sondern auch zu irreversiblen gesundheitlichen Schäden führen. Zum Beispiel sind Unterernährung und Mangelernährung der Grund dafür, dass viele Kinder zu klein für ihr Alter sind - im englischen spricht man von "stunting". Im Jahr 2022 waren weltweit circa 22 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren von dieser Form der Unterentwicklung betroffen. Im gleichen Jahr waren 5,6 Prozent aller Kinder unter fünf übergewichtig.Warum müssen Menschen hungern?
Das Recht auf ausreichende Nahrung ist ein Menschenrecht, das seit 1976 durch den UN-Sozialpakt völkerrechtlich verankert ist. Dass es auf der Erde trotzdem Hunger gibt, hat vielfältige Gründe. Zu diesen gehört insbesondere Armut, eine der Hauptursachen für Unter- und Mangelernährung weltweit: Wer für einen "Hungerlohn" arbeiten muss, hat nicht genug Geld für Lebensmittel, vor allem nicht für teure aber essentielle Produkte wie Gemüse und Obst. Besonders schwierig wird es, wenn Armut auf Ereignisse trifft, die Nahrungsmittelpreise in die Höhe treiben: zum Beispiel Kriege, Klimawandel und Epidemien.Welternährung in der Zukunft
Im Jahr 2050 werden nicht mehr sieben, sondern vermutlich mehr als neun Milliarden Menschen auf der Erde leben. Die Menschen werden also mehr Nahrung brauchen und wahrscheinlich - mit wachsendem Wohlstand - auch höhere Ansprüche entwickeln: Sie werden vor allem mehr Fleisch- und Milchprodukte konsumieren wollen. Um die Welt 2050 zu ernähren, muss die Agrarproduktion also enorm gesteigert werden. Weil aber die weltweite Landwirtschaft eng verknüpft ist mit anderen globalen Problemen wie Klimawandel, Bodenerosion, Artenschwund und Wassermangel, muss die Produktionssteigerung auf eine intelligente Weise geschehen: Welternährung bedeutet auch, dass Böden und Wasser nachhaltiger genutzt und das Klima und die Biodiversität besser geschützt werden müssen.Können die Agrarflächen ausgeweitet werden?
Die Landoberfläche der Erde beträgt 13,4 Milliarden Hektar. Ein großer Teil dieser Fläche ist allerdings nicht oder nur sehr bedingt durch den Menschen nutzbar. Dazu zählen zum Beispiel Wüsten, Berge und Eisschilde, die gemeinsam etwa 4,3 Milliarden Hektar einnehmen. Rund zehn Prozent der globalen Landfläche werden dagegen heute bereits kultiviert, weitere 23 Prozent als Weidefläche genutzt. Damit ist das meiste Land der Erde, das für die Landwirtschaft geeignet ist, bereits belegt. Am meisten Raum für Expansion steht noch in den tropischen Bereichen Afrikas und Südamerikas bereit. Anders als in anderen Weltgegenden ist in tropischen Ländern die landwirtschaftliche Fläche in den letzten Jahrzehnten insgesamt gewachsen (und mit ihr auch der Anteil der Tropen an der globalen Agrarproduktion), allerdings zu einem sehr hohen Preis für Klima und Umwelt. Auch in Trockengebieten kann durch Bewässerung noch Ackerfläche gewonnen werden, doch hier sind große Teile der Böden bereits in einem schlechten Zustand und der Klimawandel verschärft das Risiko für vernichtende Dürren.Können die Erträge weiter gesteigert werden?
Eine Möglichkeit, mehr Lebensmittel zu produzieren, ohne zusätzliche Flächen zu verbrauchen, sind Ertragssteigerungen (zum Beispiel durch den Einsatz von Kunstdünger, Pestiziden und Hybridsaatgut). Die Welternährung der letzten Jahrzehnte hat bereits wesentlich auf diesem Prozess basiert, der auch als Grüne Revolution bezeichnet wird. Dabei war es vor allem die moderne Landwirtschaft der Industrieländer, welche ihre Produktivität erhöht hat. Ein Bauer in Deutschland ernährte im Jahr 1949 zum Beispiel im Durchschnitt zehn Menschen. Im Jahr 2021 war er in der Lage, 139 Menschen zu ernähren.Global betrachtet liegt ein großer Teil der Agrarwirtschaft allerdings nicht in der Hand moderner Landwirtschaftsbetriebe, sondern wird von Kleinbauern getragen. Die durchschnittliche Größe von landwirtschaftlichen Betrieben in Asien und Afrika liegt bei etwa 1,6 Hektar (in Nordamerika sind es 121 Hektar). Diese sind zwar wichtig für die regionale Versorgung, aber häufig nicht besonders produktiv. Hier gibt es also noch Potential für Ertragssteigerungen. Allerdings bringt eine intensivierte Landwirtschaft häufig langfristige und schwerwiegende ökologische Probleme mit sich.