Ukraine - Daten und Fakten
Einordnung: Drei Jahre Krieg in der Ukraine
Im Februar 2025 jährt sich der russische Überfall auf die Ukraine bereits zum dritten Mal. Der Russland-Ukraine Krieg hat sich zu einem erbitterten Stellungskrieg entwickelt. Die Bilanz ist verheerend. Wechselende Offensiven und Gegenoffensiven der beiden Kriegsparteien brachten in der jüngsten Vergangenheit keine nennenswerten Geländegewinne ein. Die Fronten zwischen Russland und der Ukraine sind verhärtet, mit hohen Verlusten auf beiden Seiten (siehe ukrainische Verluste und russische Verluste). Der Krieg in der Ukraine ist eine humanitäre, politische und wirtschaftliche Katastrophe, mit ungewissem Ausgang. Eine Ausweitung des russischen Angriffes auf Polen oder die alarmierten baltischen Mitgliedstaaten des NATO-Verteidigungsbündnisses bleibt nach einhelliger Meinung internationaler Beobachter unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen.Bitte beachten sie in diesem Zusammenhang auch unsere umfangreichen Statistik-Reports und Themenseiten, die gezielt über die militärische Situation in der Ukraine und die Folgen des Krieges informieren:
- Russland-Ukraine-Konflikt
- Krieg in der Ukraine
- Waffenlieferungen an die Ukraine
- Sanktionen gegen Russland
- Folgen des Ukraine-Kriegs für die Lebensmittelversorgung
Kann die Ukraine der Europäischen Union beitreten?
Ja, die Ukraine kann Mitglied der Europäischen Union werden. Aufgrund des Kriegsausbruches wurden die Aufnahmeprozeduren für die Ukraine etwas verkürzt und das Land erhielt bereits beim EU-Westbalkangipfel am 23. Juni 2022 zusammen mit der Republik Moldau den offiziellen Status als EU-Beitrittskandidat. Die Bedingungen, die erfüllt werden müssen, um schlussendlich der EU beitreten zu können sind sehr umfangreich und setzen je nach Land und dessen Rechtstradition einen langwierigen Transformationsprozess voraus, der auch mehrere Jahrzehnte dauern könne. Unzählige Gesetze, Verfahren, Zollbestimmungen etc. müssen an EU-Recht angepasst werden. Ein schneller EU-Beitritt der Ukraine in den kommenden Jahren ist daher unwahrscheinlich. Auch wenn einzelne EU-Länder ein verkürztes Aufnahmeverfahren für die Ukraine diskutierten, das einen EU-Beitritt der Ukraine bis zum Jahr 2030 möglich machen sollte, gibt es ebenso viele Stimmen in der EU, die dies kritisch sehen, auch unter Berücksichtigung der regulären Beitrittsverfahren bei den weiteren Beitrittskandidaten, z.B. dem ebenfalls von Russland bedrohtem Georgien.Bevölkerung und Demografie
Seit der Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1991 verringert sich die Gesamtbevölkerung in der Ukraine stetig. Den höchsten Bevölkerungsstand erreichte das Land im Jahr 1990 mit rund 51,6 Millionen Einwohner:innen, bis zum Jahr 2020 verringerte sich die Gesamtbevölkerung des Landes bereits auf rund 44,7 Millionen Menschen. Im Jahr 2025 wird die Einwohnerzahl der Ukraine auf rund 40 Millionen Bürger:innen geschätzt, wenngleich die Zahlen gegenwärtig nicht den Kriegsverlauf und Flüchtlingszahlen widerspiegeln können.Obschon diverse Ethnien in der Ukraine leben, machten ethnische Ukrainer:innen nach den zuletzt verfügbaren Zahlen (2001 rund 77,8 Prozent der Gesamtbevölkerung aus, gefolgt von Russ:innen mit einem Bevölkerungsanteil von rund 17,3 Prozent. Die ethnische Zusammensetzung auf der ukrainischen Krim setzte sich bereits vor der völkerrechtswidrigen Besatzung durch Russland im Jahr 2014 aus einem Bevölkerungsanteil von u.a. rund 58,5 Prozent ethnischer Russ:innen und rund 24,2 Prozent ethnischer Ukrainer:innen zusammen. Die größten Städte in der Ukraine sind Kiew mit fast 3 Millionen Einwohner:innen, gefolgt von Charkiw mit rund 1,43 Millionen und Odessa mit etwa 1 Million Einwohner:innen im Jahr 2022. Die Fertilitätsrate in der Ukraine von rund 0,99 Kindern je Frau (2024) ist vergleichsweise niedrig, weshalb das Land in der Liste der Länder mit der niedrigsten Fertilitätsrate weltweit (8. Platz) zu finden ist.
Die durchschnittliche Lebenserwartung in der Ukraine ist von rund 72,6 Jahren im Jahr 2020 auf rund 74,7 Jahre im Jahr 2024 gestiegen. Männer haben in der Ukraine derzeit mit rund 69,8 Jahren eine rund zehn Jahre kürzere Lebenserwartung als Frauen (79,4 Jahre). Die Daten sind aktuell (Juli 2024) basieren allerdings auf allgemeinen Berechnungsmodellen und können nicht aktuelle Entwicklungen des Kriegsverlaufes widerspiegeln.
Der durch Russland aufgezwungene Krieg in der Ukraine wird den Bevölkerungsrückgang des Landes deutlich verschärfen. Wie sehr sich der Bevölkerungsrückgang durch Flucht und Vertreibung mittel- und langfristig auf das Land auswirkt, lässt sich seriös derzeit nicht beantworten. Gegenwärtig sind die Fluchtzahlen jedoch sehr hoch und markieren für Europa die größte nationale Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg. Seit Jahren ist die Bevölkerungsentwicklung in der Ukraine negativ. Für die Jahre 2024 und 2025 wird zwar ein hohes Bevölkerungswachstum in der Ukraine angegeben, inwiefern in diesem Modell die Remigrationszahlen eingeflossen sind oder das Modell auf der Annahme eines beendeten Kriegs beruht, bleibt unklar. Tatsächlich sind viele in das Ausland geflüchtete Ukrainer:innen in die weniger vom Krieg betroffenen Regionen ihres Heimatlandes zurückgekehrt.
Krieg in der Ukraine: Opferzahlen und Flüchtlinge
Bis zum 28. Februar 2025 konnten rund 12.737 zivile Todesopfer in der Ukraine verifiziert werden, wovon 673 Kinder gewesen sind. Gleichzeitig wurden rund 27.886 verletzte Zivilisten registriert, 1.882 hiervon sind Kinder. Dies sind nur die offiziell bestätigten zivilen Opferzahlen in der Ukraine, tatsächlich dürften die Opferzahlen insgesamt sehr viel höher ausfallen, deren Verifizierung jedoch aus unterschiedlichen kriegsbedingten Gründen nicht erfolgen kann. Nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) sind insbesondere in den ersten Kriegswochen die meisten zivilen Kriegsopfer in der Ukraine zu beklagen gewesen.Millionen Ukrainer:innen auf der Flucht: Die größte Fluchtbewegung in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg
Internationale Experten haben bereits zu Kriegsbeginn die größte Fluchtbewegung in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg prognostiziert: Die anfänglichen Schätzungen zur möglichen Anzahl der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine reichten von vier bis acht Millionen Menschen auf der Flucht. Aktuell haben sich die "pessimistischen" Szenarien bewahrheitet: Mehr als 6,3 Millionen geflüchtete Ukrainer:innen wurden laut des UNHCR (United Nations High Commissioner for Refugees - Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen) bisher in Europa registriert.
Migrationsbewegungen sind bereits in Friedenszeiten teils schwer zu erfassen bzw. zu vergleichen und noch schwieriger zu prognostizieren.
Bisher (Stand 16. März 2025) wurden mehr als 47,05 Millionen Grenzübertritte von der Ukraine in ein Nachbarland festgestellt. Die reine Betrachtung der Gesamtanzahl der Flüchtlinge aus der Ukraine nach Grenzübertritten bietet jedoch nur wenig valide Zahlen. Zählfehler an der Grenze selbst, Menschen, die die Grenze mehrfach überqueren und daher auch mehrfach erfasst werden, sowie Flüchtlinge, die die offiziellen Grenzübergänge meiden, sind nur einige Schwachstellen dieser Datenerhebung, die die Gesamtzahlen verzerren lassen. Daher hat sich international der Standard durchgesetzt, eine personalisierte Erfassung der Geflüchteten im Aufnahmeland durchzuführen. Aufgrund der angeglichenen statistischen Standards in der Europäischen Union gelten die veröffentlichten Migrationszahlen der EU als valide.
Ukrainische Flüchtlinge in der EU - Polen sind solidarisch
Drei Jahre nach Kriegsbeginn hat sich die Anzahl ukrainischer Flüchtlinge in der Europäischen Union deutlich auf rund 4,4 Millionen Geflüchtete verringert (Stand: 16. März 2025). Im Februar 2024 sind in den Ländern der EU noch rund sechs Millionen geflüchtete Ukrainer:innen registriert gewesen. In absoluten Zahlen hat Deutschland mit rund 1,2 Millionen Registrierungen noch vor Polen (rund 988.070 ukrainische Flüchtlinge) die meisten ukrainischen Flüchtlinge in der EU aufgenommen. An dritter Stelle liegt Tschechien, das rund 398.595 geflüchtete Ukrainer:innen im Land aufgenommen hat.
Im Verhältnis zur jeweiligen Gesamtbevölkerung haben insbesondere die mittel- und osteuropäischen EU-Länder die meisten Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen. Der Anteil der Flüchtlinge aus der Ukraine an der Gesamtbevölkerung beträgt in Tschechien rund 3,44 Prozent, gefolgt von Estland mit rund 2,68 Prozent und Polen mit rund 2,55 Prozent.
Ungarn hat hingegen rund 62.360 registrierte ukrainische Flüchtlinge im Land gemeldet, obwohl das Land im Gegensatz zu Tschechien ein direkter Nachbarstaat der Ukraine ist. Dies entspricht einem Bevölkerungsanteil der Ukrainer:innen von rund 0,64 Prozent an der Gesamtbevölkerung in Ungarn. wird
Sonderfall Ungarn - Warum hat das Nachbarland so wenig Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen?
Ungarn nimmt als Proxy Russlands in der Europäischen Union einen dezidiert pro-russische , anti-europäische Haltung ein. Dem autokratischen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán wird wegen seiner russlandfreundlichen Haltung misstraut. Der migrationskritische Visegrád-Staat Ungarn hat mehrfach seine ideologische Nähe und Verbundenheit zu Russland gezeigt und u.a. Sanktionsbemühungen der EU gegenüber Russland oder Waffenlieferungen an die Ukraine torpediert. Daher geben auch nahezu 70 Prozent der befragten Ukrainer:innen in einer Meinungsumfrage von Januar 2023 an, Viktor Orbán zu misstrauen. Weniger Vertrauen wird nur den Staatsführern von Russland, Belarus und China entgegengebracht.Zum anderen häufen sich die Berichte, dass sich ukrainische Geflüchtete in Ungarn nur sehr schwer über ihre Rechte, z.B. die Beantragung des richtigen Aufenthaltstitels, informieren können und häufig einfach ein Arbeitsvisum mit geringem Schutzstaus erhalten. Dies ist kein Zufall, sondern in den vergangenen Jahren mehrfach dokumentierte und verurteilte Praxis der ungarischen Behörden, um Flüchtlingen systematisch ihre EU-Grundrechte zu verweigern und eine Ausreise in ein anderes Land zu forcieren. Ungarn wurde bereits mehrfach vom Europäischen Gerichtshof verurteilt, es laufen weitere Verfahren und dem Land wurde zuletzt vom EU-Parlament der Status als Demokratie abgesprochen.
Wer unterstützt die Ukraine?
Im Verhältnis zum jeweiligen Bruttoinlandsprodukt leisten wiederum die mittel- und osteuropäischen EU-Länder die größte finanzielle Unterstützung für die Ukraine, während in absoluten Zahlen die USA, die EU selbst und Großbritannien die größten Unterstützer der Ukraine sind. In der Auflistung der finanziellen, militärischen und humanitären Hilfe ausgewählter Länder für die Ukraine nach Anteil am Bruttoinlandsprodukt, ist die bilaterale Unterstützung Estlands mit einem Anteil von rund 3,27 Prozent am estnischen BIP am höchsten, gefolgt von Norwegen (3,34 Prozent) und Dänemark, mit rund 2,56 Prozent (Stand 31. Dezember 2024).
Die größte militärische, finanzielle und humanitäre Unterstützung ausgewählter Länder für die Ukraine in absoluten Zahlen, leistet hingegen die USA, die die Ukraine bisher mit Hilfen im Wert von insgesamt rund 119 Milliarden US-Dollar unterstützt haben. Nach dem Wahlsieg in den USA hat Donald Trump seine zweite Amtszeit als US-Präsident mit einer radikalen Abkehr in der Außenpolitik begonnen und der Ukraine die Unterstützung entzogen und Friedensgespräche mit Russland initiiert. Aufgrund der erratischen Amtsführung des US-Präsidenten ist die zukünftige Entwicklung nicht absehbar. Als Ländergruppe ist die Unterstützung der EU insgesamt leicht niedriger und beträgt im Dezember 2024 rund 115 Milliarden US-Dollar.
Diese Hilfen sind keineswegs nur militärischer Art, die Ukraine hat aufgrund des Zusammenbruchs der Wirtschaft und der direkten Kriegsschäden, enorme finanzielle Hilfen nötig, um überhaupt die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleisten zu können.
Wirtschaft und Staatsfinanzen der Ukraine
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Ukraine steigt im Jahr 2024 auf rund 184,1 Milliarden US-Dollar an. Im Vorkriegsjahr 2021 hatte die Wirtschaftsleistung der Ukraine mit rund geschätzt circa 199,9 Milliarden US-Dollar den höchsten Wert in der Geschichte des Landes erreicht. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl erreicht das BIP pro Kopf in der Ukraine im Jahr 2024 rund 5.505 US-Dollar. Die Steigerung ist jedoch nicht der gestiegenen Wirtschaftskraft des Landes sondern der deutlich verringerten Einwohnerzahl geschuldet. Im Vergleich zu den anderen Beitrittskandidaten der Europäischen Union (EU), erzielt das Land jedoch weiterhin das kleinste BIP pro Kopf aller EU-Erweiterungsländer und EU-Mitgliedstaaten. Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts in der Ukraine hat im dritten Kriegsjahr 2024 geschätzt rund 3 Prozent betragen; 2022 schrumpfte die ukrainische Wirtschaft aufgrund des Krieges um rund 28,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr.Die Arbeitslosenquote in der Ukraine ist auf rund 14,2 Prozent gesunken (2024) hat aber noch nicht das Vorkriegsniveau erreicht. Auch bei den Arbeitsmarktzahlen sollte die Abwesenheit von Millionen geflüchteter Ukrainer:innen im Erwerbsalter sowie die Einbindung weiter Teile der männlichen Erwerbsbevölkerung in den Kriegsdienst bedacht werden. Mit dieser Arbeitslosenquote befindet sich die Ukraine im Vergleich der Arbeitslosenquoten der EU-Beitrittsländer auf dem letzten Platz (2023).
Nachdem die Inflationsrate der Ukraine 2015 mit rund 48,7 Prozent sehr hoch war, sank sie in den Folgejahren bis auf rund 2,7 Prozent im Jahr 2020. Bereits im Jahr 2021 hat die Inflation in der Ukraine wieder deutlich angezogen und rund 9,4 Prozent betragen, im ersten Kriegsjahr 2022 ist ein weiterer Anstieg auf 20,2 Prozent verzeichnet worden. Im Kriegsverlauf zog die monatliche Inflationsrate in der Ukraine deutlich an und erreichte im Januar 2023 rund 26 Prozent. Aktuell zieht die Inflationsrate in der Ukraine wieder deutlich an und erreicht rund 12,9 Prozent (Februar 2025). Mit Blick auf die Inflationsraten im europäischen Vergleich entspricht dies nach der Türkei der höchsten Teuerungsrate in Europa.
Die Militärausgaben der Ukraine haben im Jahr 2023 rund 64,75 Milliarden US-Dollar betragen oder umgerechnet rund 36,65 Prozent der Wirtschaftsleistung ausgemacht, mehr als ein Drittel der Wertschöpfung der ukrainischen Wirtschaft. Im Vorkriegsjahr 2021 haben die Verteidigungsausgaben rund 5,9 Milliarden US-Dollar betragen, bzw. einen Anteil von rund 3,2 Prozent des ukrainischen BIP. Im ersten Kriegsjahr 2022 sind die Militärausgaben auf rund 44 Milliarden US-Dollar angestiegen. Über detaillierte militärische Kennzahlen der Ukraine, insbesondere im Vergleich zu Russland, informiert die Themenseite zu den aktuellen Daten und Fakten zum Krieg in der Ukraine.
Die Staatsverschuldung der Ukraine steigt im Jahr 2024 auf rund 95,6 Prozent der Wirtschaftsleistung an, womit sie sich seit Kriegsbeginn nahezu verdoppelte.
Außenhandel der Ukraine - Das Ende der Transiteinnahmen
- Export Im Jahr 2023exportierte die Ukraine Waren im Wert von circa 36 Milliarden US-Dollar, nachdem es 2021 noch rund 68,1 Milliarden US-Dollar gewesen sind.
- Import Der Import von Gütern in die Ukraine erreichte 2023 ein Volumen von rund 63,5 Milliarden US-Dollar.
Die wichtigsten Handelspartner der Ukraine im Export sind vor dem Kriegsausbruch China, Polen und die Türkei gewesen. Im zweiten Kriegsjahr 2023 ist Polen mit rund 13,15 Prozent Exportanteil mit Abstand der wichtigste Handelspartner im Ausfuhrhandel. Rumänien ist mit einem Exportanteil von rund 10,4 Prozent der zweitwichtigste Handelspartner, China ist auf Platz 3 gesunken.
Die wichtigsten Exportgüter für die Ukraine sind im Jahr 2023 Getreide und Getreideerzeugnisse (SITC Abschnitt 04) mit einem Exportanteil von rund 24,55 Prozent am ukrainischen Ausfuhrhandel gewesen. Die ukrainische Agrarproduktion besitzt für den Weltmarkt eine gewichtige Rolle. Nähere Informationen zu den Folgen des Ukraine-Kriegs für die Lebensmittelversorgung bietet die spezifische Themenseite.
Neben der Situation um die Getreidepreise und deren Ausfuhr steht insbesondere der Transit von russischem Erdgas durch die Ukraine im Fokus der Diskussion. Das Transitvolumen von Erdgas in der Ukraine nach Europa sank schon vor Kriegsbeginn deutlich, auch wegen der Eröffnung der umstrittenen Ostseepipeline Nord Stream 2, deren Betrieb den Transit russischen Erdgases durch die osteuropäischen Länder reduziert hätte. Russland hätte unter Umgehung der Transitländer seine Einnahmen im Erdgasexport durch die direkte Verbindung zusätzlich erhöhen können. Die Ukraine hingegen muss auf die Einnahmen mit dem Transit von Erdgas aus Russland nach Europa aufgrund der weitreichenden Sanktionen gegen Russland wohl auch zukünftig verzichten. Weitere Informationen bietet die Themenseite zum Energiemarkt.
Die Ukraine ist darüber hinaus selbst Erdgasproduzent. Zuletzt erreichte die Erdgasförderung in der Ukraine rund 17,7 Milliarden Standardkubikmeter im Jahr 2023, womit das Land jedoch nicht den Eigenverbrauch an Erdgas (rund 18,7 Milliarden Standardkubikmeter) decken kann.
Die wichtigsten Importländer für die Ukraine sind im Jahr 2023 China mit einem Anteil an den ukrainischen Importen von rund 16,4 Prozent, gefolgt von Polen mit rund 10,35 Prozent und Deutschland, dessen Importe einem Anteil von rund 8 Prozent entsprochen haben.
Die wichtigsten Importgüter für die Ukraine entfallen zu 12,9 Prozent auf Waren des Bereichs Erdöl, Erdölerzeugnisse und verwandte Waren (SITC Abschnitt 33) und Straßenfahrzeuge (SITC Abschnitt 78) mit einem Importanteil von rund 10,8 Prozent.
Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine - schnelle Aufnahme in die Europäische Union?
Gerade unter dem Gesichtspunkt einer verkürzten Aufnahmeperspektive in die Europäische Union geraten neben den ökonomischen Faktoren auch die rechtsstaatlichen Defizite der Ukraine in den Fokus:Die Ukraine hat unbestritten ein ernstes Problem mit der Korruption im Land. Das Land erreicht im Corruption Perceptions Index (CPI) 2024 mit 35 Indexpunkten den 105. Platz von 180 untersuchten Staaten, womit sich die Ukraine unter den EU-Beitrittskandidaten nach dem Corruption Perceptions Index (CPI) auf dem drittletzten Platz eingruppiert. Lediglich die Türkei und Bosnien und Herzegowina sind niedriger platziert.
Hinsichtlich der Bewertung der Ukraine im Fragile State Index wurde das Land bis zu Beginn des Euromaidan relativ stabil bewertet. Anschließend steuerte Russland gezielt die Separatismusbewegungen in Donezk und Luhansk und annektierte völkerrechtswidrig die ukrainische Krim. Dementsprechend instabil wird seitdem auch die politische Lage in der Ukraine bewertet. Mit dem Beginn des Krieges ist die Ukraine einer der instabilsten Staaten weltweit geworden.
Diese Einschätzung wird auch durch die Bewertung der Ukraine im Bertelsmann Transformationsindex (BTI) bestätigt. Im Jahr 2022 erzielte die Ukraine 7,05 von 10 Punkten im Index für Demokratie (defekte Demokratie), 5,69 Punkte im Index für Marktwirtschaft (Marktwirtschaft mit Funktionsdefiziten) und 6,04 Punkte im Index für Politisches Management (gut).
Die laufenden Diskussionen um die Schleifung des Rechtsstaates in Polen, die faktische Abschaffung der Demokratie in Ungarn unter dem Autokraten Viktor Orbán oder die Korruption in den Mitgliedstaaten der Osterweiterungsrunde, zeigen deutlich die Kehrseite des Einstimmigkeitsprinzips in der EU und den fehlenden Verfahren zum Ausschluss von Mitgliedstaaten. Trotz der sicherlich zu forcierenden Beitrittsverhandlungen der Ukraine zur EU zeigen sich vor diesem Hintergrund auch die potenziellen Probleme, die eine überstürzte Aufnahme der Ukraine in die Europäische Union (EU) mit sich bringen könnte. Gerade in Deutschland (aber auch u.a. in Frankreich, den Niederlanden und Österreich) werden diese Negativbeispiele häufig als Begründung für einen Abbruch, zumindest aber ein Einfrieren der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei herangezogen.
In der aktuellen Erhebung der Forschungsgruppe Wahlen in Deutschland (Juni 2024) scheint dieser Aspekt bei den Befragten jedoch in den Hintergrund gerückt zu sein: 48 Prozent der Befragten befürworten einen EU-Beitritt der Ukraine in den kommenden Jahren.