Russland als wichtigster Erdgasimporteur
Aus Sicht der deutschen Energiebranche sprechen u.a. die beschlossenen Ausstiege aus der Steinkohle (2018), der Atomkraft (2022) und der Braunkohle (2038) für den Bau einer zusätzlichen Gaspipeline. Auch wenn der Anteil der Erneuerbaren Energien in Deutschland an der gesamten Stromerzeugung kontinuierlich steigt, können in den kommenden Jahren Versorgungslücken entstehen, die durch Erdgas vorerst gefüllt werden können. Aktuell ist Russland für Deutschland schon der wichtigste Erdgaslieferant - und Deutschland für Russland das wichtigste Exportland. Auch für die anderen Länder der EU ergibt sich durch die zusätzliche Pipeline eine wichtige Erdgasbezugsquelle.Nord Stream 2 außer Betrieb
Doch genau darin sahen die USA das Problem: Durch die zusätzliche Pipeline befürchteten sie eine Abhängigkeit der EU von Russland. Aus diesem Grund stimmte das US-Repräsentantenhaus im Dezember 2019, kurz vor der Fertigstellung des Bauprojekts, für ein neues Gesetzespaket zum Verteidigungshaushalt, welches auch ein Sanktionsgesetz beinhaltet. Daraufhin drohten u.a. den Unternehmen der zum Bau eingesetzten Schiffe US-Sanktionen. Die Konsequenz: Der wichtigste Auftragnehmer, die Allseas Group, brach die Bauarbeiten ab - seitdem stand die Baustelle in der Ostsee still. Im Juli 2021 einigten sich Deutschland und die USA jedoch auf ein Abkommen. Dieses beinhaltet u.a. die Fertigstellung der Pipeline, vorerst ohne Sanktionen. Die zur Baufertigstellung der Nord Stream 2 fehlenden noch knapp 160 Kilometer Rohrlänge wurden daraufhin im Jahr 2021 verbaut.Die fertiggebaute Gaspipeline wurde jedoch nicht in Betrieb genommen: Im Februar 2022 stoppte die deutsche Bundesregierung das Genehmigungsverfahren der Gaspipeline. Die USA verhängte anschließend Sanktionen gegen die Betreibergesellschaften. Grund hierfür ist der aktuelle Russland-Ukraine-Konflikt. Zuletzt wurden sowohl Nord Stream 1 als auch Nord Stream 2 durch Sabotage schwer beschädigt. (Stand: November 2022)
Eigentümer und Investoren
Nord Stream 2 wird von der Nord Stream 2 AG, dessen Vorsitzender des Aktionärsausschusses der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder ist, betrieben. Anfang März 2022 kündigte das Schweizer Unternehmen im Zusammenhang mit dem Russland-Ukraine-Konflikt und mit der Verhängung von US-Sanktionen gegen das Unternehmen alle Verträge mit Mitarbeitern. Anteilseigner der Nord Stream 2 AG sind das weltgrößte Erdgasförderunternehmen Gazprom (Russland), sowie Uniper und Wintershall Dea (Deutschland), OMV (Österreich), Engie mit Sitz in Frankreich und das britisch-niederländische Unternehmen Royal Dutch Shell.Die ersten zwei Stränge ("Nord Stream 1") sind seit dem Jahr 2011 in Betrieb. Eigentümer der Nord Stream 1 ist die Nord Stream AG mit den Anteilseignern Gazprom, Wintershall, PEG Instrastruktur AG, Gasunie und Engie. Die Pipeline Nord Stream 1 startet jedoch im russischen Wyborg und endet, ebenso wie Nord Stream 2, in Lubmin bei Greifswald.