Expats - Internationale Fachkräfte
Fachkräftemangel in Europa - warum werden Expats benötigt?
Die Arbeitslosenzahlen in den wichtigsten Industrie- und Schwellenländern sind trotz regionaler Schwankungen insgesamt niedrig und sollen auch zukünftig in den meisten Staaten eher sinken als steigen. Diese Entwicklung trifft insbesondere auf die prognostizierten Arbeitslosenquoten in der Europäischen Union zu. Auch die Arbeitsmärkte in EU-Ländern wie Spanien, Griechenland, Irland oder Portugal, die im Zuge der Staatsschuldenkrise hohe Arbeitslosenzahlen aufwiesen, entwickeln sich positiv. Dementsprechend nehmen weniger Menschen aus diesen Ländern im Rahmen der europäischen Arbeitnehmerfreizügigkeit Arbeitsstellen in anderen EU-Ländern an.Aufgrund der ungünstigen Altersstruktur in den Ländern der EU verringert sich zusätzlich der Pool an potenziellen Arbeitskräften kontinuierlich. Hinzu kommt, dass unter anderem in den EU-Mitgliedsländern zu wenig Bürger:innen über einen Bildungsabschluss im Tertiärbereich, also einen Hochschulabschluss oder vergleichbar gesuchter Berufsqualifikation verfügen, um die offenen Arbeitsstellen besetzen zu können. In diese Lücke stoßen Expats und internationale Fachkräfte, die nach den Ergebnissen der Expat Insider Studie 2024 zu rund 83 Prozent über einen tertiären Bildungsabschluss verfügen.
Die Anzahl unbesetzter Stellen in der Europäischen Union erreicht derweil Rekordwerte. Im Wirtschaftsraum der Europäischen Union (EU-27) sind im zweiten Quartal 2024 offiziell über 3,8 Millionen offene Stellen gemeldet worden. Die Quote unbesetzter Arbeitsstellen in der EU beträgt insgesamt rund 2,4 Prozent, in den Ländern der Eurozone sind 2,6 Prozent gewesen. Insbesondere der Bedarf an Fachkräften der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) ist hoch. In rund acht Prozent aller englischsprachigen Online-Stellenanzeigen in der Europäischen Union werden Spezialisten aus dem IKT-Bereich gesucht (1. Quartal 2024). Auf die Berufsgruppen Softwareentwickler:innen, Fachkräfte für Datenbanken und Techniker:innen für Anwenderbetreuung entfallen wiederum mehr als drei Viertel aller Stellenanzeigen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT).
Welche Länder sind für Expats attraktiv?
Welche Länder für Expats attraktiv sind, hängt neben den individuellen Bedürfnissen der Fachkräfte von der Perspektive und Herangehensweise der Datenerfassung ab. Staaten, die aus Forschungssicht in internationalen Ländervergleichen die besten Voraussetzungen zur Anwerbung von Expats besitzen, stoßen teilweise auf nur marginales Interesse bei den Betroffenen, während sich schlechter bewertete Länder teils hoher Beliebtheit bei Expats erfreuen.Studien, wie der Global Talent Attractiveness Index 2023 der OECD (in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann-Stiftung) bewerten Länder aus Forschungssicht anhand objektiv messbarer Daten und Informationen wie der Arbeitslosenquote, Steuerbelastung, Regeln zum Erwerb der Staatsangehörigkeit etc. Die Ergebnisse dieser Studien unterscheiden sich teilweise deutlich von den Ergebnissen qualitativer Studien wie der Expat Insider Studie 2024 von Internations, in deren Rahmen rund 12.500 Expats und internationale Fachkräfte weltweit nach deren konkreten Erfahrungen befragt wurden.
Nach den Ergebnissen des Global Talent Attractiveness Index 2023 der OECD sollte Neuseeland das attraktivste Land für Expats weltweit sein. Neben Neuseeland finden sich vorzugsweise weitere westliche Industrienationen und europäische Staaten auf den ersten Plätzen wider, während lateinamerikanische, ostasiatische, südeuropäische und arabische Staaten tendenziell schlecht bewertet werden und dementsprechend wenig attraktiv für Expats sein sollten.
Stellt man der Rangliste des Global Talent Attractiveness Index die Ergebnisse des Expat Insider Studie gegenüber, ergibt sich eine deutlich abweichende Länderattraktivität. In der Rangliste der besten Länder für Expats nach dem Expat Insider Index 2024 wurde Panama von den Befragten als das beste Land für Expats bewertet. Neben weiteren lateinamerikanischen Staaten dominieren hier ostasiatische Staaten wie u.a. Indonesien und Thailand, arabische Staaten wie die Vereinigten Arabischen Emirate, der Oman oder Saudi-Arabien und südeuropäische EU-Länder wie Spanien und Portugal die Rangliste. Nord- und mitteleuropäische Staaten genießen bei den Befragten keine sonderlich hohe Beliebtheit - Insgesamt sechs europäische Staaten sind in der Rangliste der besten Länder für Expats 2024 vertreten. Umgekehrt finden sich jedoch 17 europäische Länder in der Rangliste der schlechtesten Länder für Expats wider, Neuseeland landet mit Platz 31 im unteren Mittelfeld.
Einige Länder, wie z.B. Deutschland, werden in beiden Studien untersucht und deren Anziehungskraft für Expats gleichermaßen schlecht bewertet. Die Mehrzahl der in beiden Studien untersuchten Länder wird jedoch unterschiedlich bewertet. Diese Unterschiede können teilweise über die Forschungsfragen erklärt werden.
In der Rangliste der OECD-Länder nach den Zukunftsaussichten für Expats wird Costa Rica schlecht bewertet und erreicht Platz 34 von 38 OECD-Staaten. Gemessen wurden u.a. harte Integrationskriterien, wie der Zugang zur Staatsangehörigkeit oder die Einfachheit des Statuswechsels von temporär zu permanent.
In der Rangliste der Länder mit der einfachsten Eingewöhnung und Integration für Expats nach dem Expat Insider Index belegt Costa Rica jedoch den ersten Platz. Gemessen wurden hier die vermeintlich "weichen" Integrationskriterien, wie Willkommenkultur, lokale Freundlichkeit und Freunde finden, in denen das mittelamerikanische Land von den befragten Expats sehr gut bewertet wurde. Griechenland ist als einziges europäisches Land auf Platz 10 in der Positivrangliste vertreten. Umgekehrt sind in der Negativrangliste der Länder mit der schwersten Eingewöhnung und Integration für Expats, bis auf das Emirat Kuwait, nur europäische Länder vertreten. Expats sind Individuen und bewerten möglicherweise die Bedingungen vor Ort subjektiv und konkret und nicht auf dem Papier.
Was sind Expats und wie unterscheiden sie sich von Migranten?
Je nach Kontext und Land werden Expats sehr unterschiedlich definiert. Eine allgemeingültige Definition existiert nicht. Im Allgemeinen werden mit diesem Begriff Menschen beschrieben, die ihr Heimatland verlassen, um im Ausland zu arbeiten oder zu studieren. Im Speziellen zielt der Begriff Expats jedoch auf ausländische Akademiker:innen oder vergleichbar hoch qualifizierte Fachkräfte ab, die für einen begrenzten, zumeist klar definierten Zeitraum im Ausland arbeiten oder studieren. Der Begriff kann dahingehend auch vom Begriff des Migranten abgegrenzt werden. Migranten werden allgemein als Menschen definiert, die ihren Lebensmittelpunkt dauerhaft vom Heimatland in das Zielland der Migration (Wanderung) verlagert haben, unabhängig von ihrem Bildungsstand, dem sozialen Status und der Migrationsmotivation.