Im Juli 2022 ist die Europäische Zentralbank (EZB) zum ersten Mal seit 2016 von ihrer Nullzinspolitik abgewichen und hat den Leitzins zur Bekämpfung derInflation in Europa angehoben. Seitdem sind die Zinsen sukzessive weiter angestiegen. Aktuell steht der EZB-Leitzins bei drei Prozent (Spitzenrefinanzierungssatz 3,25 Prozent, Einlagesatz 2,5 Prozent). EZB-Präsidentin Christine Lagarde hält auch weiterhin am Zinskurs fest und bestätigte bereits eine weitere Erhöhung um 50 Basispunkte am 16. März 2023.
Das hat in erster Linie Auswirkungen auf die Geschäftsbanken, die sich ihr Geld zum gegebenen Zinssatz bei der Zentralbank leihen. Ein höherer Leitzins bedeutet es ist für die Banken teurer Geld zu leihen und günstiger es bei der EZB anzulegen. Diese Dynamik spiegelt auch unsere Infografik auf Basis der Angaben der Europäischen Zentralbank wider. Während die Spitzenrefinanzierungsfazilität ein geldpolitisches Instrument zur kurzfristigen Beschaffung von Liquidität darstellt, ist die Einlagefazilität entgegengesetzt zur Anlage von Guthaben bis zum nächsten Geschäftstag vorgesehen. Mit der Einlage von Geld bei der EZB verringern die Geschäftsbanken prinzipiell die Geldmenge (M3) im Umlauf und wirken dadurch der inflationsbedingten Teuerungen entgegen.
Zuletzt haben sich die Banken vermehrt nach der Finanzkrise 2008 Geld bei der EZB geliehen, danach bewegten sich die kurzfristigen Liquiditätsbeschaffungen im Jahresdurchschnitt im zweistelligen Millionenbereich. Auch die Einlagen haben sich in den vergangenen zehn Jahren unter der Marke von einer Billion bewegt. Inflation und Leitzinsanpassungen führten 2022 allerdings zu einer durchschnittlichen Einlage von 4,5 Billionen Euro bis Mitte Dezember.
Die Leitzinserhöhung ist im Regelfall auch ein Grund zur Freude für Sparer:innen. Die positiven Effekte der Einlagezinsen sollten eigentlich in Form von erhöhter Verzinsung für Tagesgeld auf dem Girokonto an die Kunden überwälzt werden. Bislang tut sich dahingehend allerdings noch wenig.