Der Bereich der psychischen Erkrankungen (ICD-10 F00-F99) hat in den letzten zehn Jahren für die Arbeitswelt erheblich an Bedeutung gewonnen. Anders als noch in den frühen 2000er Jahren, in denen Beschäftigungslose überproportional von psychischen Diagnosen betroffen waren, sind es im letzten Jahrzehnt die Berufstätigen, bei denen psychisch bedingte Fehlzeiten auffällig zunehmen. Die jährlichen Produktionsausfallkosten aufgrund von psychischen- und Verhaltensstörungen belaufen sich dabei in der Bundesrepublik auf über 17 Milliarden Euro. Das Auftreten einer psychischen Erkrankung korreliert mit verschiedenen sozioökonomischen Aspekten wie dem Alter, dem Geschlecht oder der beruflichen Tätigkeit. So sind beispielsweise soziale und hauswirtschaftliche Berufe sowie medizinische Gesundheitsberufe häufiger betroffen. Zudem leiden bereits Kinder und Jugendliche unter psychischen Gesundheitsproblemen: Laut Daten der DAK ist das psychische Wohlbefinden bei Schulkindern deutschlandweit im Durchschnitt eher mittelmäßig ausgeprägt.
Arbeitsunfähigkeitsfälle und -tage
Die Gesundheitsberichterstattung der Krankenkassen zeigt, dass Krankschreibungen aufgrund psychischer Diagnosen vor allem seit dem Jahr 2006 kontinuierlich ansteigen. Im Rahmen der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) hat die
Zahl der Krankschreibungen aufgrund psychischer Erkrankungen (AU-Fälle) bis 2021 im Vergleich zum Jahr 2011 um mehr als 18 Prozent und die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage (AU-Tage) um über 53 Prozent zugenommen. Der Einbruch bei der Fallzahl nach dem Höchstwert von 2019 lässt sich vermutlich mit dem Verhalten während der
Corona-Pandemie erklären. Da weniger Menschen zum Arzt gingen, wurden folglich auch weniger Diagnosen gestellt. Bei den AU-Tagen hingegen war im genannten Zeitraum kein Einbruch zu beobachten. Dieser Unterschied könnte darauf zurückzuführen sein, dass weniger Fälle diagnostiziert wurden, aber Personen mit einer Diagnose zur Zeit der Pandemie jeweils für einen längeren Zeitraum arbeitsunfähig waren. Auch die Berichte der anderen Kassen weisen ähnliche Zahlen aus: bei der BKK waren psychische Störungen im Jahr 2022 für
rund 15 Prozent aller AU-Tage verantwortlich. Innerhalb der DAK hat sich das
Arbeitsunfähigkeitsvolumen aufgrund psychischer Erkrankungen in den letzten 20 Jahren um rund 160 Prozent gesteigert und
Depressive Episoden (F32) sind zur drittwichtigsten Einzeldiagnose für Arbeitsausfälle aufgestiegen (2023).
Wer ist betroffen?
Die psychischen Belastungen von Erwerbspersonen divergieren stark zwischen den Geschlechtern, Altersgruppen und verschiedenen Berufen. Frauen sind beispielsweise deutlich häufiger betroffen als Männer: So kamen bei Frauen auf 100 Versichertenjahre durchschnittlich
rund 407 AU-Tage aufgrund psychischer Erkrankungen und bei den Männern knapp über 233 AU-Tage. Hinsichtlich des Alters sticht die Gruppe der Mitte dreißig bis Mitte fünfzig Jährigen heraus. Im Jahr 2023 belief sich der Anteil der Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund von psychischen Erkrankungen bei den
40- bis 44-Jährigen auf rund 17,4 Prozent. Außerdem scheinen
Beschäftigte im Sozial- und Gesundheitswesen besonders belastet zu sein. Vor allem die Anzahl der
Krankschreibungen aufgrund eines Burn-out-Syndroms (Z73) verzeichnen seit dem Jahr 2004 einen rasanten Anstieg. So war die Anzahl an Krankschreibungen durch Burn-Out im Jahr 2021 neunzehnmal höher als noch im Jahr 2004. Die Zahlen unterstreichen die gestiegene Bedeutung psychischer Erkrankungen und die Entwicklung hin zu einem der bedeutendsten gesellschaftlichen Krankheitsbilder und einem der wichtigsten
Faktoren für Arbeitsunfähigkeit.
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