Statistiken zu der Visegrád-Gruppe
In jüngster Vergangenheit wird die Visegrád-Gruppe primär mit ihrer ablehnenden Haltung gegenüber einer gemeinsamen europäischen Flüchtlingspolitik in Verbindung gebracht, weswegen sich die Visegrád-Staaten mit dem Vorwurf mangelnder europäischer Solidarität konfrontiert sehen. Hauptkritikpunkt ist hierbei der Umstand, dass sich die Visegrád-Staaten rechtlich bindenden europäischen Ratsbeschlüssen zur Umverteilung von Flüchtlingen aus den am stärksten von der Flüchtlingskrise betroffenen Staaten Griechenland und Italien verweigerten, gleichzeitig jedoch die europäische Solidarität für sich in Anspruch nehmen und fordern - alle vier Visegrád-Staaten sind Nettoempfänger im EU-Haushalt.
Im EU Haushalt 2022 zählen Länder der Visegrád-Staaten neben Griechenland und Rumänien zu den größten Nettoempfänger der EU-Staaten. Polen erzielte einen Nettoempfang von rund 18,3 Milliarden Euro und war damit der größte Nettoempfänger des EU-Haushaltes 2022.
Gleichzeitig haben Polen und Ungarn bis 2018 keine EU-Flüchtlinge nach dem Verteilungsschlüssel der Europäischen Kommission aufgenommen. Die Slowakei hat bisher 16 Flüchtlinge im Rahmen der EU-Umsiedlungsbeschlüsse aufgenommen und Tschechien 12 Personen (Stand: 2018). Nur der Nicht-EU-Staat Liechtenstein hat mit 10 Personen weniger Flüchtlinge im Rahmen dieser Programme aufgenommen.
Umfrage zu Asyl und Migration
Im Hinblick auf die Ergebnisse der Eurobarometer Umfrage Herbst 2023 ergibt sich ein differenziertes und in Teilen widersprüchliches Bild hinsichtlich der Meinungen der nationalen Bevölkerungen der Visegrád-Gruppe.
Befragt nach ihrer Meinung zu "einer gemeinsamen europäischen Einwanderungspolitik" befürworteten nur 45 Prozent der befragten Tschechen diesen Vorschlag (Slowakei: 47 Prozent Zustimmung; Ungarn 45 Prozent und Polen 55 Prozent) - im europäischen Durchschnitt sprachen sich 69 Prozent aller befragten EU-Bürger für eine gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik aus.
Gefragt nach den zwei wichtigsten aktuellen Problemen im eigenen Land, nannten 51 Prozent der Tschechen und 54 Prozent der befragten Polen die "Inflation" als eines der wichtigsten Probleme. Auch 53 Prozent der Befragten aus Ungarn und 47 Prozent der Befragten aus der Slowakei nannten die "Inflation" als eines der wichtigsten Probleme. Die "Gesundheit" nannten 24 Prozent der Befragten aus Ungarn als eines der zwei wichtigsten Probleme in ihrem Land. 26 Prozent der Befragten aus Tschechien nannten die Staatsverschuldung als eines der zwei wichtigsten Probleme. Die "Einwanderung" wurde von 13 Prozent der Tschechen, 13 Prozent der Ungarn, zehn Prozent der Polen und 16 Prozent der Slowaken als ein wichtiges nationales Problem genannt.
Auf die Frage danach, von welchen Themen die Befragten in ihrem Land persönlich betroffen sind, gaben fünf Prozent der Tschechen, Ungarn und Polen sowie ein Prozent der Slowaken an, dass sie von "Einwanderung" persönlich betroffen sind.
Während die Einwanderung von Nicht-EU-Bürgern bei den Befragten aller vier Visegrád-Staaten im Jahr 2020 auf tendenziell eher starke Ablehnung stößt, bewerten die Befragten in der Slowakei und Tschechien auch die Einwanderung aus anderen EU-Mitgliedsstaaten (EU-Binnenmigration) signifikant negativer ( 42 Prozent und 44 Prozent) als die Befragten in Polen (14 Prozent) Ungarn (27 Prozent) oder der Durchschnitt aller Befragten in der Europäischen Union (25 Prozent).
Migration aus den Visegrád-Staaten
Stellt man die jeweiligen Emigrationszahlen (Auswanderer) der Visegrád-Staaten der jeweiligen Anzahl der Ausländer gegenüber, die in einem Visegrád-Staat leben, ergibt sich folgendes Bild:
- Ungarn Im Jahr 2023 lebten rund 384.000 ungarische Staatsbürger als Migranten in einem anderen EU-Staat, gleichzeitig lebten im Jahr 2023 insgesamt rund 226.000 Ausländer in Ungarn, davon rund 83.650 EU-Ausländer und rund 142.320 Nicht-EU-Ausländer.
- Polen Rund 1,55 Millionen polnische Staatsbürger lebten 2023 in einem anderen EU-Land (ausgenommen Großbritannien), demgegenüber im Jahr 2023 geschätzt rund 435.340 Ausländer in Polen gemeldet waren, davon rund 32.550 EU-Ausländer und rund 402.800 Nicht-EU-Ausländer.
- Slowakei Den 280.065 slowakischen Staatsbürger, die im Jahr 2023 in einem anderen EU-Staat lebten, stehen rund 61.340 Ausländer gegenüber, die ihren Lebensmittelpunkt in der Slowakei haben (2023), davon rund 38.790 EU-Ausländer und 22.555 Nicht-EU-Ausländer.
- Tschechien Rund 58.610 tschechische Staatsbürger hatten im Jahr 2023 ihren Lebensmittelpunkt in einem anderen EU-Staat (ohne Großbritannien), während in Tschechien im Jahr 2023 rund 854.830 ausländische Staatsangehörige lebten, davon 179.800 EU-Ausländer und 675.030 Nicht-EU-Ausländer.
Befragt nach ihrer Meinung, ob sie der Aussage "Einwanderer leisten einen großen Beitrag für unser Land" zustimmen oder nicht zustimmen, antworteten die Befragten der Visegrád-Staaten im Jahr 2020 überwiegend ablehnend. 45 Prozent der befragten Tschechen gaben an, dass sie dieser Aussage überhaupt nicht zustimmen - der Durchschnittswert aller befragten EU-Bürger liegt bei 17 Prozent.
Gleichzeitig weist Tschechien eine sehr geringe Arbeitslosenquote auf. Die Arbeitslosenquote in Tschechien liegt derzeit bei rund 2,7 Prozent (Stand: Mai 2024), dies ist der niedrigste Wert innerhalb der Europäischen Union (EU).