Rechtsruck in Deutschland - Statistiken und Umfragen zum Rechtspopulismus und Nationalismus
Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland
Rechtsextreme Positionen haben unterschiedliche Facetten. Zum einen liegt rechtsextremen Einstellungen ein völkisches Denken zugrunde. Dabei wird von einer Überlegenheit und Vorherrschaft des eigenen Volkes im Vergleich zu anderen Gruppen ausgegangen (Sozialdarwinismus). Diese kann sich zum Beispiel in Form von Fremdenfeindlichkeit gegenüber Ausländern, Rassismus oder Antisemitismus äußern. So gaben im Rahmen der Mitte-Studie 2022/2023 rund 28 Prozent der Befragten an, dass Deutschland durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet wäre. Dabei zeigt sich, dass fremdenfeindliche und antisemitische Einstellungen in der deutschen Bevölkerung in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen haben.Zum anderen ist rechtsextremes Denken von einer politischen Ideologie geprägt, welche zur Durchsetzung die Billigung von Gewalt hinnimmt. Dem zugrunde liegt der Wunsch nach einem starken, durchgreifenden Staat bis hin zur Befürwortung einer Diktatur. Charakteristisch ist außerdem ein starkes Nationalgefühl und oftmals auch eine Verharmlosung des Nationalsozialismus. Laut Mitte-Studie waren Anfang 2023 beispielsweise rund 7,1 Prozent der Befragten der Meinung, dass unter bestimmten Umständen im nationalen Interesse eine Diktatur die bessere Staatsform wäre. Die Befürwortung einer rechtsgerichteten Diktatur hat sich in Deutschland ebenfalls in den vergangenen Jahren erhöht.
Oft werden aus Worten auch Taten. In Deutschland werden jährlich über 20.000 politisch motovierte Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund polizeilich erfasst. Bei den registrierten rechtsextremistischen Gewalttaten handelt es sich meist um Körperverletzungen, darunter war das Motiv der Fremdenfeindlichkeit die häufigste Zielrichtung unter den rechtextremen Gewalttaten in den vergangenen Jahren.
Unzufriedenheit mit der Politik und der Demokratie
Auch die Demokratie als Regierungsform wird von einem Bevölkerungsanteil kritisch hinterfragt. So bezeichneten zwar rund 85 Prozent der Befragten im Oktober 2023 die Demokratie als eine gute Regierungsform, jedoch war eine Mehrheit von 55 Prozent der Meinung, dass sie mit der Funktionsweise der Demokratie weniger bzw. gar nicht zufrieden sind. Auch die Unzufriedenheit mit der Bundesregierung ist im Sommer 2023 auf einem Tiefstwert: Im August 2023 waren 58 Prozent der Befragten der Meinung, dass die Bundesregierung schlechte politische Arbeit leistet. Die Gründe für die Kritik an der Regierung sind vielschichtig: Krisen wie der Krieg in der Ukraine, die steigende Inflation und die wachsende Anzahl von Geflüchteten in Deutschland besorgt viele Bürgerinnen und Bürger des Landes.Davon profitieren populistische Parteien wie die AfD. Als Populismus wird ein bestimmtes Verständnis von Politik aufgefasst, welches durch die Idee von einem "wahren Volk" einerseits und "korrupten Eliten" andererseits gekennzeichnet ist. Im Populismus werden Einstellungen im Sinne von anti Establishment, anti Pluralismus und pro Volksouveränität vertreten. Populismus und Nationalismus können daher in einen Zusammenhang gebracht werden. Durch das Schüren von Ängsten verstärken populistische Parteien die gesellschaftliche Polarisierung und gewinnen dadurch Zustimmung.
Alternative für Deutschland – Aufstieg und Wandel der Partei
Im Jahr 2013 gründeten 18 Männer mit durchaus unterschiedlichen politischen Hintergründen die Partei Alternative für Deutschland (AfD). Das Motiv für die Parteigründung war die Finanzkrise 2010 und die fiskalpolitischen Maßnahmen zur Rettung des Euro, welche die Partei um den VWL-Professor Bernd Lucke scharf kritisierten. Die politische Rechtfertigung der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Verabschiedung des Rettungspakets für den finanziell angeschlagenen Euro-Staat Griechenland als „alternativlos“ nahmen die Gründer als Aufhänger zur Namensgebung der Partei.Die AfD verpasste den Einzug in den Bundestag bei der Wahl 2013 mit 4,7 Prozent nur knapp, die Partei feierte jedoch erste politische Erfolge bei der Europawahl 2014 und konnte sieben Mandate im Europäischen Parlament gewinnen. Neben der eurokritischen Position musste die AfD weitere Punkte in der Präambel definieren und positionierte sich dabei teils liberal, teils konservativ. Der Wandel zum Nationalkonservatismus wurden durch die erfolgreichen Landtagswahlen 2014 in Brandenburg (12,2 Prozent), Thüringen (10,6 Prozent) und Sachsen (9,7 Prozent), deren Verbände vor allem durch migrationskritische Politik auffielen, beschleunigt.
Die Flüchtlingskrise aus dem Jahr 2015 verstärkte die rechtspopulistischen Tendenzen der Partei. So warben Parteimitglieder beispielsweise für eine enge Kooperation mit der islam- und fremdenfeindlichen PEGIDA-Bewegung. Der thüringische Landeschef der AfD und Kopf des rechtskonservativen Flügels innerhalb der AfD Björn Höcke wurde in seine Redebeiträgen immer radikaler, Höcke wurde bereits mehrfach wegen Volksverhetzung angezeigt.
Bei der Bundestagswahl 2017 zog die AfD mit 12,6 Prozent zum ersten Mal in den Bundestag ein und wurde nach der Bildung der Großen Koalition größte Oppositionspartei. Die Partei genoss seitdem nicht nur die öffentliche Aufmerksamkeit durch ihre Politik im Bundestag, sondern auch die Aufmerksamkeit des Verfassungsschutzes. Auf Bundesebene gilt die AfD und ihre Jugendorganisation "Junge Alternative für Deutschland" (JA) als rechtsextremer Verdachtsfall. Auf mehreren Landesebenen wird die AfD von den zuständigen Landesbehörden des Verfassungsschutzes ebenfalls beobachtet, in Thüringen und Sachsen-Anhalt gelten die Landesverbände als erwiesen rechtsextremistisches Beobachtungsobjekt.