Sonntagsfrage und Bewertung der Regierung
Am 26. September 2021 fand die Wahl zum 20. Bundestag statt. Dabei wurde die SPD nach dem amtlichen Ergebnis der Bundestagswahl erstmals seit 2002 wieder stärkste Kraft in Deutschland. Nach den Koalitionsverhandlungen bildete sich die neue Bundesregierung bestehend aus SPD, Grünen und FDP. Die CDU/CSU fuhr das schlechteste Ergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik ein und landete nach 16 Jahren das erste Mal wieder auf der Oppositionsbank, während die SPD wieder den Kanzler stellt.Vor und nach der Bundestagswahl war die SPD monatelang in der Sonntagsfrage die stärkste Kraft. Doch mittlerweile ist die Union laut verschiedener Institute wieder an der SPD vorbeigezogen. Während die beiden anderen Koalitionspartner Bündnis 90/ Die Grünen und die FDP ebenfalls bei den vergangenen Sonntagsfragen in einem Umfragetief stecken, stiegen die Umfrageergebnisse der AfD an. Die Linke befindet sich nach den letzten Umfragen an der 5-Prozent-Hürde. Bei der Bundestagswahl scheiterte die Linke an der 5-Prozent-Hürde, konnte aber aufgrund von drei gewonnenen Direktmandaten trotzdem wieder in Fraktionsstärke in den Bundestag einziehen.
Zufriedenheit mit der Bundesregierung und einzelnen Politikern
In einer Ende Oktober durchgeführten Umfrage zeigten sich lediglich 23 Prozent der Befragten zufrieden oder sogar sehr zufrieden mit der derzeitigen Bundesregierung bestehend aus SPD, Grünen und FDP. Hierbei waren die befragten Grünen-Anhänger:innen mit 53 Prozent am zufriedensten mit der Bundesregierung. 95 Prozent der befragten AfD-Anhängerschaft waren hingegen weniger oder gar nicht zufrieden. Mit der politischen Arbeit des Bundeskanzlers Olaf Scholz waren Ende Oktober rund 28 Prozent der Befragten zufrieden oder sogar sehr zufrieden. Der amtierende Verteidigungsminister Boris Pistorius kommt seit seinem Amtsantritt im Januar 2023 auf die höchsten Zufriedenheitswerte - rund die Hälfte der Befragten zeigte sich zufrieden bis sehr zufrieden.Russland-Ukraine-Krieg
Die deutsche Politik muss durch den Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt, neue politische Wege gehen. Zunächst lehnte Deutschland die Forderung der Ukraine nach Waffenlieferungen ab und lieferte lediglich Helme an die Ukraine. Vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine stieß dies in der Bevölkerung auch auf große Zustimmung. In einer Sondersitzung des Bundestages am 27. Februar, wenige Tage nach der Invasion, verkündete Kanzler Scholz dann die 180-Grad-Wendung, welche nicht weniger als einem Paradigmenwechsel in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik gleichkam: Als Konsequenz aus den Angriffen auf die Ukraine versprach die Bundesregierung Waffenlieferungen aus den Beständen der Bundeswehr (siehe dazu eine Auflistung von bereits geliefertem Material). Auch in der Bevölkerung wandelte sich die Meinung zu Waffenlieferungen: Laut einer nach dem Angriff Russlands erhobenen Umfrage vom 01. März 2022 sahen 78 Prozent der Befragten aus Deutschland diese Waffenlieferungen als richtig an. Im Juni 2023 beurteilten rund 43 Prozent der in einer Umfrage Befragten die gegenwärtige Unterstützung der Ukraine mit Waffen als angemessen, rund 14 Prozent ging die Unterstützung hingegen nicht weit genug.Als Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands beschlossen die westlichen Verbündeten und viele weitere Staaten rund um die Welt vielfältige Sanktionen gegen Russland. Die EU-Länder und weitere Verbündete zeigten sich einig wie selten zuvor und koordinierten sich bei der Verhängung der Sanktionen. Noch im Februar 2022 wurden über 1.000 Sanktionen erlassen, im Jahresverlauf kamen weitere Sanktionspakete hinzu. Viele der Sanktionen seit Kriegsausbruch wurden von der EU und den USA erlassen, aber auch weitere Länder verhängten Sanktionen.
Neue Migrationsdebatte in Politik und Gesellschaft
Durch den Ukraine-Krieg kamen rund 1,1 Millionen Kriegsflüchtlinge nach Deutschland, doch auch aus anderen Krisenherden lässt der Zustrom an Migranten nach Deutschland nicht nach. Die Anzahl der Asylanträge liegt im September 2023 im Vorjahresvergleich um rund 50 Prozent höher. Viele Kommunen signalisierten bereits das Ende der Aufnahmekapazität in ihren Einrichtungen. Im Rahmen einer Umfrage aus dem September 2023 sah es eine Mehrheit von 87 Prozent als Aufgabe des Staates, die Zuwanderung aktiv zu steuern. Doch mit welchen Maßnahmen kann die Zuwanderung gesteuert bzw. reguliert werden. Im Oktober 2023 sprachen sich 82 Prozent der Befragten für verstärkte Grenzkontrollen aus, 71 Prozent waren für die Einführung einer Obergrenze. Aktuell arbeiten die europäischen Staaten an einer gemeinsamen Strategie, um die Herausforderung der Migration zu lösen. Für einen europäischen Lösungsweg in der aktuellen Migrationsdebatte sprachen sich 64 Prozent der Befragten im Oktober 2023 aus. Im Rahmen einer Umfrage aus dem Juni 2023 plädierten 70 Prozent der Befragten für eine Prüfung des Asylrechts an den EU-Außengrenzen.Heiße Debatten um Heizungsgesetz - Klimapolitik und Energiewende
Noch vor der Sommerpause des Bundestags versuchte die Bundesregierung das kontrovers diskutierte Gebäudeenergiegesetz, auch Heizungsgesetz genannt, zu verabschieden. Durch die Klage eines CDU-Bundestagsabgeordneten vor dem Bundesverfassungsbericht wurde die finale Lesung im Plenum vertagt. Die Vertagung wurde schließlich damit begründet, dass den Abgeordneten mehr Zeit zur Prüfung des Gesetzes gewährt werden müsse. Auch in den Medien wurde der Inhalt des Gesetzes diskutiert, aus diesem Grund fühlte sich ein Großteil der Bevölkerung nicht gut zum Gesetz informiert: Im Rahmen einer Umfrage aus dem Juni 2023 gaben 74 Prozent der Befragten an, dass sie sich nicht gut über die Pläne der Bundesregierung zur Umstellung auf klimaschonende Heizungsanlage informiert fühlen. Rund 75 Prozent der Befragten gab zudem an, dass die politische Debatte um das Heizungsgesetz lediglich den Parteien diene, sich wirkungsvoll zu positionieren. Allerdings gaben im Mai 2023 rund 56 Prozent an, dass sie die Auflagen zum Einbau neuer Heizungen für einen besseren Klimaschutz gut finden.Klimapolitik und die Energiewende zählen zu den größten Herausforderungen der Bundesregierung. Rund 48 Prozent gaben im Rahmen einer Umfrage im März 2023 an, dass sie die Bemühungen der Bundesregierung im Bereich des Klimaschutzes als zu wenig einordnen. Auch die Klimaschutzaktivist:innen der Gruppe „Letzte Generation“ sind dieser Meinung. Die Protestaktionen der Gruppe, die sich unter anderem auf Straßen ankleben oder Flughäfen blockieren, polarisieren in der Gesellschaft. Die Mehrheit der Befragten gab im April 2023 an, dass illegale Klimaschutzaktionen wie Straßenblockaden zu weit gehen.
Steigende Energiepreise und Lebenshaltungskosten
Aufgrund des Krieges in der Ukraine erhöhten sich die Energiepreise um ein Vielfaches. Dies löst bei vielen Bürgerinnen und Bürgern Ängste und Sorgen aus. In einer Umfrage aus August 2022 gaben 27 Prozent der Befragten an, große Sorgen zu haben, ihre nächste Energieabrechnung nicht mehr zahlen zu können. In einer weiteren Umfrage aus September 2022 zeigte sich zudem, dass diese Sorge unter Personen mit einem Haushaltseinkommen von unter 1.500 Euro sowie innerhalb der Altersgruppe der 18-34-Jährigen am höchsten ausfiel.Um die akut drohende Energiekrise zu verhindern, wurde über die weitere Nutzung von Atomenergie diskutiert. Jedoch gingen Mitte April die letzten verbleibenden drei deutschen Meiler vom Netz. Bezüglich des deutschen Atomausstiegs sorgten sich rund 66 Prozent der Befragten im April 2023 um steigende Energiepreise. Um die Energieabhängigkeit zu Russland zukünftig zu reduzieren befürworteten rund 81 Prozent einer Anfang August erhobenen Umfrage zudem den schnelleren Ausbau von Windenergie.
Neben den Energiepreisen erhöhten sich im Zuge einer steigenden Inflation die Preise in nahezu allen Lebensbereichen. Laut einer Umfrage aus November 2022 hatten 66 Prozent der Befragten Sorge, ihre Rechnungen aufgrund des starken Preisanstiegs nicht mehr zahlen zu können. Als Reaktion schnürte der Staats bereits drei Entlastungspakete. Diese Entlastungsmaßnahmen bewerteten im Januar 2023 jedoch rund 52 Prozent der Befragten als nicht ausreichend, um die Bürgerinnen und Bürger wirklich zu entlasten.