Wer und wie wird in Deutschland diskriminiert?
Weitere Merkmale, die zu Ungleichbehandlung führen können, sind unter anderem die Herkunft, die Religionszugehörigkeit, das Geschlecht bzw. die Geschlechtsidentität, die sexuelle Orientierung oder eine Behinderung. Diskriminierung aufgrund des Geschlechts äußert sich zum Beispiel in der Sprache (generisches Maskulinum), in der Bezahlung (Gender Pay Gap) oder der Kinderbetreuung (Gender Care Gap). Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auf unserer Themenseite Gleichstellung von Frauen und Mädchen in Deutschland.Im Jahr 2021 gingen insgesamt 5.617 Anfragen bei der Beratung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ein, die sich mindestens auf ein innerhalb des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) geschütztes Diskriminierungsmerkmal zurückführen ließen. Die meisten Beratungsanfragen bezogen sich auf das Diskriminierungsmerkmal "Ethnische Herkunft". Knapp ein Drittel der Anfragen stand im Zusammenhang mit einer Behinderung und 20 Prozent mit dem Geschlecht. Die Mehrheit der Personen mit Beeinträchtigungen in Deutschland wurden schon einmal diskriminiert. Dabei hat die Diskriminierung viele Gesichter: Im Jahr 2019 berichteten rund 60 Prozent der Menschen, die eine Behinderung, eine chronische Krankheit oder eine Erkrankung der Psyche haben, von Diskriminierungserfahrungen im Alltag, zum Beispiel durch rücksichtsloses Verhalten von Mitmenschen. Erfahrungen mit direkter verbaler Belästigung, Beleidigungen oder Beschimpfung machten derweil 41 Prozent der Befragten. Orte der Diskriminierung sind beispielsweise der öffentliche Raum oder aber auch der Arbeitsplatz.
Wie äußert sich Rassismus in Deutschland?
Diskriminierung von Menschen aus rassistischen Gründen findet ebenfalls überall statt. Der Mehrheit der deutschen ist bewusst, dass es Rassismus in Deutschland gibt, während rund 58 Prozent der Frauen und 39 Prozent der Männer in Deutschland der Meinung sind, dass wir in einer rassistischen Gesellschaft leben. Die Deutschen glauben, dass insbesondere bei der Wohnungssuche diskriminiert wird. Eine Diskriminierung von Menschen aus rassistischen Gründen vor Gericht können sich derweil deutlich weniger Menschen vorstellen. Auch die sozialen Medien gehören zu den Lebensbereichen, in denen Rassismus vorkommt und ein immer größeres Problem darstellt.Problematisch ist auch der strukturelle Rassismus in Deutschland. Beim strukturellen (institutionellen) Rassismus geht es nicht um eine Interaktion zwischen zwei Menschen, sondern um rassistische Strukturen und Entscheidungsabläufe. Es handelt sich um Routinen, die so ausgestaltet sind, dass überdurchschnittlich und regelmäßig Schwarze Menschen und PoC benachteiligt werden. Ein Beispiel dafür ist "Racial Profiling" - Menschen mit dunkler Haut werden öfter von der Polizei kontrolliert als andere. Über ein Drittel der Deutschen waren im Juni 2020 der Meinung, dass die Polizei in Deutschland ein Problem mit Rassismus hat. Über die Hälfte der Deutschen spricht sich für eine bundesweite Studie, die den Rassismus bei der Polizei untersuchen soll, aus. Nachdem im Jahr 2020 der damalige CSU-Bundesinnenminister Horst Seehofer keine solche Studie in Auftrag geben wollte, entschieden sich einige Bundesländer dazu, eigene Studien aufzulegen.
Es existieren, tief verwurzelt viele rassistische Vorurteile in der Gesellschaft, die sich durch alle Altersgruppen, Schichten und Bildungsgruppen ziehen. Laut der Studie "Verlorene Mitte" sind menschenfeindliche Einstellungen nach wie vor verbreitet. Rund 19 Prozent der befragten Personen im Jahr 2018/19 besaßen eine fremdenfeindliche Einstellung und sieben Prozent der Befragten in Deutschland stimmten rassistischen Äußerungen zu. Gleichzeitig befürchten die Deutschen eine Bedrohung der Demokratie durch Rassismus. Im Rahmen des nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitor stimmten rund 55 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass Meinungsfreiheit durch Rassismusvorwürfe und politische Korrektheit eingeschränkt wird und rund 53 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu (eher bis voll und ganz), dass man heute schon bei jeder Kleinigkeit als Rassist abgestempelt wird.
Auch in der Sprache ist Rassismus auffindbar: Schon im Dezember 2019 startete eine Petition, welche das Verbot des stark diskriminierenden N-Wortes zum Ziel hatte, gefolgt von bundesweiten Demonstrationen Anfang 2020. Des Weiteren existieren in Deutschland eine Vielzahl an rassistischen Straßenschildern: Straßen und Plätze tragen Namen, die rassistisch vorbelastet sind oder von Personen stammen, die als Mittäter:innen und Mitschuldige der NS-Zeit oder im deutschen Kolonialismus gelten. Immer wieder werden deutschlandweit Forderungen laut, diese Straßen umzubenennen, was in einigen Fällen zu Erfolg geführt hat.