Daten und Fakten zu Polen
Polen: Angaben zu Demografie und Bevölkerung
Die Bevölkerung von Polen hat im Jahr 2022 rund 39,9 Millionen Menschen betragen. Rund 1,86 Millionen sind in der Hauptstadt Warschau ansässig, welche auch die größte Stadt Polens ist. Im Vergleich mit anderen EU-Staaten besitzt das Land die fünftgrößte Bevölkerung der EU. Die Lebenserwartung Polens ist mit rund 77 Jahren im Jahr 2022 im europäischen Vergleich der Lebenserwartung eher niedrig. Zudem ist die Urbanisierung, also der Anteil der Stadtbewohner an der Gesamtbevölkerung, im europäischen Vergleich in Polen niedrig: Nur etwa 60 Prozent der Bevölkerung haben im Jahr 2021 in Städten gelebt; der EU-Schnitt liegt bei rund 75 Prozent. Die Einwohnerzahl hat sich in der Dekade von 2010 bis 2020 kaum verändert, dies ist unter anderem durch die Fertilitätsraten Polens von durchschnittlich 1,35 zu erklären. Damit liegt das Land unter dem Bestandserhaltungsniveau von 2,1 Kindern je Frau, das Industrieländer im Allgemeinen benötigen, um die Population zumindest konstant zu halten. Im Jahr 2021 hat die Fertilitätsrate Polens rund 1,33 Kinder je Frau betragen, damit ist die Rate noch niedriger geworden. Internationale Meinungen sehen diesen Trend durch die schärferen Abtreibungsgesetze der PiS-Regierung bestärkt.Migration, Asyl und Ausländer:innen in Polen
Andere Staaten gleichen die niedrige Fertilitätsrate durch Zuwanderung aus. Polen wies jedoch jahrelang einen negativen Migrationssaldo auf - es wanderten jedes Jahr mehr Menschen aus Polen aus, als im gleichen Jahr Menschen nach Polen einwanderten. Im Jahr 2018 war der Migrationssaldo erstmals positiv. Große Zuflüsse sind besonders durch ukrainische Flüchtlinge durch den Russland-Ukraine Konflikt zu verzeichnen. Im Jahr 2021 hat der Wanderungssaldo rund 39.521 betragen. Polen ist Mitglied der Visegrád-Gruppe (V4) und vertritt innerhalb diesen politischen Zweckbündnisses, abseits des Ukraine-Konflikt, eine restriktive Migrations- und Asylpolitik. Der Ausländeranteil in Polen ist mit vorläufig geschätzt rund 1,2 Prozent an der Gesamtbevölkerung gering. Andererseits leben rund 1,73 Millionen polnische Staatsangehörige im EU-Ausland. Die größte Exilgemeinde lebt mit rund 773.370 Personen in Deutschland.Polens Wirtschaft
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Polen hat 2022 rund 688,3 Milliarden US-Dollar bzw. rund 617,3 Milliarden Euro betragen. Im europäischen Vergleich des Bruttoinlandsproduktes belegt Polen somit den sechsten Rang. Umgerechnet auf die Bevölkerungszahl ergibt sich für 2022 ein Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Polen von rund 18.279 US-Dollar je Einwohner. Beim Vergleich des BIP pro Kopf mit anderen EU-Staaten gruppiert sich Polen auf Rang 24 ein. Durch die Corona-Pandemie kam es zu einem die Wirtschaftrückgang in Polen im Jahr 2020 um rund zwei Prozent. Im darauffolgenden Jahr hat das Wirtschaftswachstum wiederum rund 6,9 Prozent betragen. Im Jahr 2022 ist die Wirtschaft um rund 4,9 Prozent gewachsen. Die Arbeitslosenquote in Polen sinkt seit Jahren - analog zur robusten Wirtschaftsentwicklung - und hat 2022 rund 2,9 Prozent betragen, wobei bei einer Arbeitslosenquote von rund zwei bis vier Prozent von einer Vollbeschäftigung gesprochen wird. Damit besitzt Polen im EU-Vergleich der Arbeitslosigkeit eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten. In Hinblick auf die Beschäftigungsstruktur Polens ergibt sich folgendes Bild: Trotz eines deutlichen Strukturwandels in den letzten Jahren haben 2021 noch rund 8,4 Prozent der Erwerbstätigen in Polen in der Landwirtschaft gearbeitet; diese Verteilung in den Wirtschaftssektoren im Vergleich mit anderen EU-Ländern wird nur noch von Rumänien und einigen EU-Beitrittskandidaten übertroffen. Auch der Industriesektor ist mit rund 30,9 Prozent der Beschäftigten stark ausgeprägt; dafür haben 59,1 Prozent im Dienstleistungsbereich gearbeitet - nur in Rumänien als EU-Mitglied sind es noch weniger. Die Inflationsrate in Polen hat 2022 rund 14,4 Prozent betragen; für 2023 wird eine Teuerungsrate von rund 11,9 Prozent prognostiziert.Polens Außenhandel
Der Leistungsbilanzsaldo Polens war bis 2020 durchgehend negativ. Im Jahr 2020 konnte ein positive Leistungsbilanz erzielt werden. Im darauffolgendem Jahr wurde wieder ein Defizit verzeichnet - im Jahr 2022 hat das Leistungsbilanzdefizit rund 21,7 Milliarden US-Dollar betragen. Die Handelsbilanz Polens im Güterhandel ist in den letzten Jahren sehr schwankend gewesen. Im Jahr 2022 war ein Handelsdefizit von rund 20,7 Milliarden US-Dollar zu verzeichnen, somit hat Polen mehr Wareneinfuhren gehabt, als im selben Zeitraum exportiert wurden.Export
- Im Jahr 2022 exportierte Polen Waren im Wert von rund 360,5 Milliarden US-Dollar.
- Die wichtigsten Exportgüter von Polen im Jahr 2022 sind Elektrische Maschinen, Apparate, Geräte und Einrichtungen (SITC Abschnitt 77) mit einem Exportanteil von rund 10,1 Prozent gewesen.
- Die wichtigsten Exportländer für Polen im Jahr 2022 sind Deutschland mit einem Exportanteil von rund 27,8 Prozent und Tschechien mit rund 6,6 Prozent gewesen.
- Im Jahr 2022 importierte Polen Waren im Wert von rund 381,2 Milliarden US-Dollar.
- Die wichtigsten Importgüter von Polen im Jahr 2022 sind Erdöl, Erdölerzeugnisse und verwandte Waren (SITC Abschnitt 33) mit einem Importanteil von rund 7,6 Prozent gewesen.
- Die wichtigsten Importländer für Polen im Jahr 2022 sind Deutschland mit einem Importanteil von rund 20,9 Prozent und China mit rund 13,1 Prozent gewesen.
Der mit Abstand wichtigste Handelspartner für Polen sowohl im Export als auch im Import ist Deutschland, auf das jeweils rund ein Viertel bzw. ein Fünftel aller Aus- und Einfuhren entfällt.
Die Staatsverschuldung von Polen hat 2022 geschätzt rund 49,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen. Das Staatsdefizit Polens des Landes hat 2022 rund 4,46 Prozent des BIP betragen.
Das Ende der Rechtsstaatlichkeit?
Die seit 2015 regierende Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) verabschiedet seit Amtsantritt Gesetze, die nach internationaler Meinung die Unabhängigkeit der Justiz und die Gewaltenteilung im Land untergraben könnten. Zu Beginn der Amtszeit wurden von der Vorgängerregierung gewählte Verfassungsrichter:innen nicht anerkannt und nicht vereidigt, was nach einem Urteil der Europäischen Kommission als verfassungswidrig erklärt wurde. Weitere Gesetzesänderungen wie die direkte Unterstellung aller Staatsanwaltschaften an den Justizminister, sowie ein im Eilverfahren durchgerungenes Gesetz zur Mitbestimmung des Parlaments (Sejm) bei der Auswahl von Richter:innen haben die Situation weiter angespannt. Zumal durch die Mehrheit der Konservativen im Parlament sowie dem parteilosen, aber ehemals PiS-Angehörigen systemtreuen Präsidenten Andrzej Duda die Gesetzesvorhaben ohne Einflussmöglichkeit der Opposition in Kraft getreten sind. In darauffolgenden Jahren folgten weitere Reformen, welche der Regierung unter anderem die Möglichkeit einräumen, kritische Richter:innen durch Degradierung oder Geldstrafen maßregeln zu lassen. Diese Maßnahmen zur Untergrabung der Judikative führten zu internationaler Kritik: So hat die Europäische Union 2016 ein Rechtsstaatsverfahren gegen Polen eingeleitet. Die polnische Regierung ist verschiedener Forderungen der EU zur Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit nicht nachgekommen, da sie EU-Urteile als nicht bindend für Polen sieht. Dies führte im Jahr 2021 zu einer Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof und zu einer Geldstrafe von einer Millionen Euro pro Tag, bis die polnische Regierung den Forderungen nachkomme. Durch die genannten Entwicklungen wird die Demokratie in Polen seit 2016 durchgehend schlechter bewertet. Ein Indikator zur Bewertung ist der Bertelsmann Transformationsindex (BTI) für Polen. Während Polens Demokratie im Jahr 2016 noch mit 9,5 von 10 Indexpunkten bewertet und somit als sich konsolidierende Demokratie bezeichnet wurde, wurde sie im Jahr 2022 mit 7,5 Indexpunkten bewertet und wird als defekte Demokratie aufgeführt.
Im Frühjahr 2023 gerät Polen erneut in die Kritik. Ein neues Gesetzesvorhaben soll demnach einer Kommission ermöglichen, etwaige russische Einflussnahme auf polnische Politik zu untersuchen. Bestätigt sich ein Verdachtsfall, könnten einzelne Politiker:innen von der politischen Bühne verdrängt werden. Eine solche Entscheidung würde ohne Gerichtsurteil ablaufen, ohne Möglichkeit der Berufung und ohne Rechtfertigungspflicht gegenüber Dritten. Die Kommission soll jedoch nur Politiker "untersuchen", welche nach 2007 ins Amt gekommen sind, somit genau ab dem Zeitpunkt, wo die PiS von der derzeitigen Oppositionspartei Bürgerplattform (PO) als regierende Partei abgelöst wurde. Kritiker bezichtigen die Regierung damit die bevorstehenden Wahlen manipulieren zu wollen, indem der Oppositionsführer und ehemalige Ministerpräsident Donald Tusk aus der Politik ausgeschlossen werden soll. Die PiS wirft ihm vor, mit Russland für Polen unvorteilhafte Geschäfte bezüglich Gaslieferungen gemacht zu haben. Die Opposition nennt das umstrittene und von Präsident Duda bereits unterschriebene Gesetz deshalb "Lex Tusk". Viele Pol:innen missbilligen die Vorgehensweise ihrer Regierung. So folgten Hunderttausende dem Aufruf der Opposition gegen die Entscheidungen des PiS zu demonstrieren. Am 4. Juni 2023 kam es im Warschau zu einem Massenprotest, bei dem nach Angaben der Stadtverwaltung rund eine halbe Millionen Menschen mitgemacht haben. Die Veranstalter bezeichneten die Demonstration als die größte seit dem Sturz des Kommunismus.
Neben politischen Rechten werden seit einigen Jahren auch Bürgerrechte in Polen zunehmend eingeschränkt. So haben sich vor allem im Süden Polens bis 2019 rund 100 Städte und Dörfer zu "LGBT-Ideologiefreien Zonen" erklärt, in denen queere Menschen systematisch diskriminiert werden. Viele EU-Städte haben als Reaktion ihre Partnerschaften beendet oder ausgesetzt. Diese Einschränkungen in der bürgerlichen Freiheit zeigen sich auch in der Bewertung nach dem Freedom in the World Freiheitsindex: Während Polen im Jahr 2016 mit 93 Indexpunkten bewertet wurde, kam das Land 2022 auf 81 Indexpunkte. Besonders die Kategorie "Bürgerlichen Rechte" fiel von 55 Indexpunkten (2016) auf 47 Indexpunkte (2022). Dies wird als eine weitere Abkehr von den Werten der Europäischen Union gesehen. Die Stimmung in der Bevölkerung ist jedoch eine andere: Auf den Demonstrationen haben viele Protestanten Banner mit pro-Europäischen Aufschriften getragen und so ihre Bekennung zu der EU deutlich gemacht. Laut einer Umfrage aus dem Eurobarometer haben sich rund 82 Prozent der befragten Pol:innen voll und ganz oder teilweise als Bürger:innen der EU gefühlt.
Das Europäische Parlament äußert hinsichtlich der politischen Entwicklungen tiefe Besorgnis und fordert die Einsetzung unabhängiger Wahlbeobachter:innen um Unstimmigkeiten in der im Herbst 2023 anstehenden Wahl zu verhindern. Dieser Vorwurf ist zudem durch die Bewertung der wahrgenommenen Korruption nach dem Corruption Perceptions Index (CPI) nicht unbegründet: Polen hat im Jahr 2016 mit 62 Indexpunkten den 29. Rang erreicht. Im Jahr 2022 hat Polen 55 Indexpunkte erreicht und ist somit auf Rang 45 abgefallen und wird im Vergleich zu 2016 korrupter bewertet.