Ergebnis der Parlamentswahlen in Italien 2022

Die postfaschistische Fratelli d'Italia (FdI) gewinnt die Parlamentswahlen in Italien am 25. September 2022 mit einem Stimmenanteil von vorläufig rund 25,99 Prozent der gültigen Stimmen. Die Zweitplatzierten Sozialdemokraten der Partito Democratico (PD) erhielten rund 19,07 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung von vorläufig rund 63,9 Prozent ist die geringste Wahlbeteiligung der italienischen Nachkriegsgeschichte.

Bunga Bunga, Mussolini Fans und Kriminelle - Rechtes Wahlbündnis gewinnt die Wahlen in Italien

Das rechte Wahlbündnis aus postfaschistischer FdI mit der Parteivorsitzenden Giorgia Meloni, rechtsextremer Lega mit ihrem Parteivorsitzenden Matteo Salvini und der Forza Italia mit dem Parteivorsitzenden Silvio Berlusconi erzielen zusammen vorläufig rund 43,84 Prozent der gültigen Stimmen bei den Parlamentswahlen in Italien vom 25. September 2022. Das linke Wahlbündnis bestehend aus Partito Democratico mit dem Spitzenkandidaten Enrico Letta, Alleanza Verdi e Sinistra, +Europa und Impegno Civico (IC) kommt zusammen auf einen Stimmenanteil von vorläufig rund 26,16 Prozent. Aufgrund des komplexen Wahlrechts in Italien (siehe unten) wird das rechte Wahlbündnis aller Voraussicht nach in beiden Kammern des italienischen Parlamentes, dem Senat wie auch der Abgeordnetenkammer, die absolute Mehrheit erlangen. Dennoch bleibt die Regierungsbildung kein Selbstläufer. Matteo Salvini strebt selbst nach Führung und seine Partei wirbt nicht umsonst mit dem Schriftzug "Lega per Salvini Premier". Die "Lega" erzielte bei den letzten Wahlen 2018 noch über 17 Prozent und war Mitte 2021 stärkste Kraft in den Umfragen. Inwiefern Salvini die Führung durch Giorgia Meloni ohne Störgeräusche und Profilierung akzeptieren wird, bleibt abzuwarten. Salvini hat ja noch andere Probleme, wie die mehrfachen Strafverfahren, die gegen ihn laufen und zur Aufhebung seiner Immunität führten. Auch der zweite Partner, die "Forza Italia" hat im Vergleich zur Parlamentswahl 2018 rund 6 Prozent verloren und geht mit schwacher Position in die Regierungsbildung. Auch hier stellt sich die Frage, ob der viermalige Ministerpräsident Silvio Berlusconi die Führung der FdI akzeptieren wird und eine konstruktive Zusammenarbeit mit Giorgia Meloni möglich ist.

Ist der Faschismus in Italien zurück?

Rund 100 Jahre nach der Entstehung des Faschismus in Italien, wird aller Voraussicht nach mit Giorgia Meloni, eine Bewunderin des toten Faschistenführers Benito Mussolinis, die neue Regierungschefin in Italien werden. Ihre Partei die Fratelli d'Italia (FdI) "Brüder Italiens" versteht sich trotz punktuell geäußerter Abgrenzungen als inoffizielle Nachfolgepartei des ehemaligen Faschistenführers. Sei es der "römische Gruß" im Rahmen von Parteiveranstaltungen oder Gedenkfeiern, Monumente und Ehrungen für verstorbene italienische Faschistenführer und Kriegsverbrecher werden in der Partei ebenso gelebt wie die Einbeziehung und Mitwirkung der Familie Mussolini innerhalb der Partei.

Wie funktioniert das Grabenwahlsystem in Italien ?

Bei den italienischen Parlamentswahlen kommt seit einer Wahlrechtsreform 2017 für beide Kammern, das Abgeordnetenhaus und dem Senat, das sogenannte Grabenwahlrecht zu Anwendung. Bis dato kamen je nach Parlamentskammer unterschiedliche Wahlsysteme zur Anwendung. Beim italienischen Grabenwahlrecht wird etwa jeder dritte Parlamentssitz (37 Prozent) per relativer Mehrheitswahl und etwa zwei von drei Sitzen (61 Prozent) per proportionaler Verhältniswahl vergeben. Es gilt international als komplexes und kompliziertes Wahlsystem mit augenscheinlich wenig Vor- aber zahlreichen Nachteilen hinsichtlich der Regierungsbildung.

Italien: Neuwahlen nötig nach Draghi-Aus

Italien steht vor einem enormen Reformstau aber nun lief der italienischen Regierung die Zeit davon. Nicht nur der Haushalt muss verabschiedet werden, insbesondere die Hilfsmilliarden aus dem Corona-Wiederaufbaufonds der Europäischen Union sind an Reformbedingungen geknüpft und können erst abgerufen werden, wenn diese Reformen eingeleitet sind. Aus diesem Grund forcierte der amtierende italienische Ministerpräsident Mario Draghi eine Vertrauensabstimmung im italienischen Senat mit der eindringlichen Ankündigung, dass er nur bei einer geschlossenen, breiten Zustimmung der Regierungsparteien die Regierungsgeschäfte weiter leiten werde. Draghi gewann die Abstimmung im Senat am 20.07.2022 mit 95 zu 39 Stimmen, jedoch verweigerten ihm gleich drei Regierungsparteien, die rechtsextreme "Lega" um ihren umstrittenen Vorsitzenden Matteo Salvini, die populistische "M5S" und die liberalkonservative Forza Italia um den 86-jährigen mehrfachen ehemaligen italienischen Ministerpräsident Silvio Berlusconi, die Zustimmung. Da Mario Draghi die Voraussetzungen zur Bewältigung der gewaltigen Reformaufgaben Italiens nur bei einer geschlossenen parlamentarischen Zustimmung erfüllt sieht und ihm diese Zustimmung verwehrt blieb, reichte er am 21.07.2022 seinen Rücktritt ein. Schließlich verfügte der amtierende italienische Staatspräsident Mattarella die Auflösung beider Abgeordnetenkammern, wodurch Neuwahlen des italienischen Parlaments zwingend sind. Die Märkte reagieren routiniert aber dennoch mit einer gewissen Sorge auf die erneute politische Unsicherheit in Italien, wie sich an der aktuellen Entwicklung des Euro Break-up Index ablesen lässt.