Mit der Einführung des Netzdurchsetzungsgesetzes (NetzDG), das seit 2017 den Umgang mit Social-Media-Inhalten, die gegen deutsches Strafrecht verstoßen, explizit regelt, ist Hassrede auf Twitter laut einer quantitativen Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung deutlich zurückgegangen. Der Kauf von Twitter durch Tesla-Chef Elon Musk im Oktober 2022 und die zunehmende Verstärkung rechter Stimmen auf der Plattform könnte jedoch auf lange Sicht dazu führen, dass sich dieser Trend wieder umkehrt. Aufgrund vermehrter antisemitischer Inhalte hatte sich beispielsweise die Antidiskriminierungsstelle des Bundes am 11. Oktober dazu entschlossen, ihre Präsenz auf Twitter zu beenden.
Erste Anzeichen für die erwähnte mögliche Trendwende zeigen sich in den halbjährlichen Transparenzberichten der Plattform. Zwischen Januar und Juni 2023 gingen rund 1,1 Millionen Beschwerden auf Basis des NetzDG bei Twitter ein, ein Großteil davon wurde von Einzelpersonen eingereicht. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum handelt es sich dabei um eine Steigerung von 32 Prozent, verglichen mit dem vorherigen Halbjahr nahm die Anzahl der Beschwerden um 16 Prozent zu. Der Großteil der im aktuellen Analysezeitraum eingegangenen Meldungen bezog sich auf die Straftatsbestände der Volksverhetzung (192.027), der Beleidigung (162.038) und der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten (142.106).
Hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass auch der Prozentsatz der Beschwerden, gegen die Maßnahmen ergriffen wurden, deutlich zugenommen hat. Im ersten Halbjahr 2023 lag dieser bei knapp 24 Prozent, im vorherigen Zeitraum bei 16 Prozent. Die Übernahme Twitters durch Musk dürfte nicht der alleinige Grund sein, Maßnahmen wie der Abbau von Stellen in den Bereichen Trust & Safety und Moderation könnten aber zumindest zum erhöhten Meldeaufkommen und damit auch der höheren Wahrscheinlichkeit des Auftretens von NetzDG-relevanten Inhalten beigetragen haben.