Politische oder wirtschaftliche globale Krisen sorgen immer wieder dafür, dass Lieferketten ins Stocken geraten. Durch Störungen innerhalb der Lieferkette entstehen in der Folge Lieferengpässe. Dies kann bereits bei der Beschaffung von Materialien beginnen, die für die Herstellung eines Produktes nötig sind. Aber auch Fehler bei der tatsächlichen Produktion oder Verzögerungen und Ausfälle beim Transport von Material zur Produktionsstätte oder vom fertigen Produkt zum Händler sind mögliche Ursachen für Lieferengpässe. Neben den Produktions- und Logistikeinschränkungen durch die
, zu Lieferengpässen und Preisanstiegen. Die daraus resultierende stark angestiegene
sorgt zudem für Sparmaßnahmen innerhalb der Produktion und trägt somit zum Teil zu langen Lieferzeiten bei.
Besonders von den Lieferengpässen betroffene Handelsbranchen
Einer Umfrage unter deutschen Einzelhändlern zufolge beläuft sich die
durchschnittliche Verzögerung der Lieferungen über alle Branchen des Einzelhandels in Deutschland hinweg auf etwa zwölf Monate. Lieferschwierigkeiten und Materialengpässe verteilen sich dabei keinesfalls nur auf große und international agierende Industrieunternehmen – unterschiedlichste Branchen und Unternehmensgrößenklassen sind betroffen.
- Lebensmitteleinzelhandel
Laut einer Umfrage aus dem Oktober 2022 berichteten rund 90 Prozent der Lebensmitteleinzelhändler über Lieferprobleme. Hauptauslöser ist der Russland-Ukraine-Krieg. Gerade in der Anfangsphase des Krieges hat die hohe Nachfrage nach Produkten wie Weizenmehl, Nudeln, Senf und Speiseölen zu leeren Regalen in den Supermärkten geführt. Vor allem die Befürchtung von Engpässen hat „Hamsterkäufe“ befördert. Beispielsweise war Weizenmehl zeitweise schwer im Einzelhandel zu bekommen, obwohl Deutschland bei der Weichweizenversorgung gar nicht auf die Ukraine – einem global wichtigen Weizenerzeuger – angewiesen ist. Daneben haben aber auch die anziehenden Energie-, Strom- und Gaspreise zu einem Anstieg der Erzeugerpreise in der Ernährungsindustrie und der Landwirtschaft geführt. Einige Branchen aus der Ernährungsindustrie, wie etwa Bäckereien, Mühlen, Molkereien sowie Schlachthöfe, aber auch die Verpackungsindustrie (z. B. Glas) sind dabei verstärkt auf Erdgas angewiesen. Eine Folge hiervon sind steigende Lebensmittelpreise. Ebenso waren z. B. viele Brauereien im Laufe des Jahres 2022, aufgrund der hohen Kosten in der energieintensiven Flaschenherstellung, mit Engpässen bei Bierflaschen konfrontiert.
- Kfz-Handel
Aber nicht nur Lebensmitteleinzelhändler beklagen sich über fehlende Ware, auch Kfz-Händler in Deutschland kämpfen mit knappen Rohstoffen. Knapp 87 Prozent der Kfz-Händler sehen sich mit Lieferproblemen konfrontiert. Der Anteil von Materialmangel betroffener Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe in Deutschland beläuft sich im Jahr 2023 auf rund drei Viertel. Hauptherausforderung der Automobilhersteller liegt in der Beschaffung von Vorprodukten, wie Kabelbäumen oder Halbleitern, die zur Weiterverarbeitung in Mikrochips für den vielseitigen Einsatz in Fahrzeugen gebraucht werden. Neben den Auswirkungen der Corona-Pandemie bremst nun auch der Russland-Ukraine-Krieg die Fahrzeugproduktion aus. So ist die Ukraine bei Kabelbäumen gar einer der wichtigsten Lieferanten für die deutsche Automobilindustrie.
- Handel mit Elektrogeräten und Unterhaltungselektronik
Von den Lieferengpässen besonders betroffen sind auch die Branchen Unterhaltungselektronik und Elektrogeräte. Hier haben rund 87 Prozent der Einzelhändler elektronischer Erzeugnisse und Haushaltsgeräte sowie 85 Prozent der Händler von Unterhaltungselektronik mit Lieferproblemen zu kämpfen. Die Engpässe im Bereich der Elektrogeräte haben verschiedenste Gründe. Zum einen gibt es aktuell eine sehr hohe Nachfrage, jedoch nicht genug Hersteller – ebenfalls eine der Nachwirkungen der Corona-Pandemie. Die gesteigerte Nachfrage lässt sich oft nicht mehr bedienen, da die Produktion zum Teil stark heruntergefahren wurde und zudem auch immer noch Arbeitskräfte fehlen. Vor allem Chips und Halbleiter sind aktuell so nachgefragt wie nie, doch die Industrie hat gleichzeitig mit enormen Lieferschwierigkeiten zu kämpfen. Die so genannten Chip Acts in den USA und Europa sollen die Fertigung in den jeweiligen Regionen stärken. Da Halbleiter und viele andere Bauteile der Elektroindustrie in China gefertigt werden, wo aktuell neue Lieferengpässe ins Haus stehen, ist eine Besserung der Wartezeiten für elektronische Geräte auch in Deutschland erst einmal nicht zu erwarten.
- Apotheken
Lieferengpässe stellen aktuell auch die deutschen Apotheken auf eine harte Probe. Personen, die bestimmte Arzneimittel benötigen, bekommen diese entweder nur sehr verspätet oder müssen sich auf alternative Medikationen umstellen lassen. Vor allem schmerzlindernde und fiebersenkende Medikamente für Kinder mit den Wirkstoffen Paracetamol und Ibuprofen sind aktuell Mangelwaren in deutschen Apotheken. Dennoch sind Lieferengpässe von Medikamenten anders zu definieren als in anderen Einzelhandelsbranchen. Ein Lieferengpass besteht, wenn Produkte über eine voraussichtliche Dauer von zwei Wochen nicht im üblichen Umfang geliefert werden können oder eine deutlich gesteigerte Nachfrage herrscht, dem der bestehende Warenbestand nicht nachkommen kann. Apotheken melden diese Lieferengpässe dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte – aktuell liegen 138 Meldungen vor (Stand: 03. April 2024). Dieses prüft anschließend, ob das Mittel versorgungsrelevant ist und welche wirkstoffgleichen Alternativen zur Verfügung stehen. In den meisten Fällen ist so die Versorgung der Patientinnen und Patienten sichergestellt. Ist dies nicht der Fall liegt ein Versorgungsengpass vor. Die Ursachen sind auch hier vielfältig. Neben einer starken Nachfrage gibt es zum Teil nur noch wenige Hersteller für einzelne Wirkstoffe, die zu großen Teilen in Asien ansässig sind. Entstehen dort Produktionsausfälle oder Probleme bei der Qualitätskontrolle, führt dies zu einer Verzögerung der Versorgung in Deutschland.
Ursachen der Lieferengpässe
Die Ursachen für Lieferengpässe sind vielfältig. Von einer gesteigerten Nachfrage, über den Mangel an Rohstoffen bis hin zu Störungen innerhalb der Logistik, sind verschiedene Faktoren für Verzögerungen und dem Ausbleiben der Lieferungen von Waren verantwortlich. Die Verursacher dieser Beeinträchtigungen sind dabei oftmals lokale oder gar globale Krisen.
- Corona-Pandemie:
Eine der Hauptursachen für die Lieferengpässe vor allem in den Jahren 2020 und 2021 war die Corona-Pandemie. Durch Fabrikschließungen insbesondere in Asien waren die Produktionsvolumina von zahlreichen Materialien sowie von Vor- und Endprodukten deutlich geringer. Auch nach den Lockerungen der Corona-Beschränkungen konnte die Industrie in Deutschland die anziehende Nachfrage nicht vollständig bedienen. Darüber hinaus führten zeitweise Sperrungen von Häfen in China und übermäßige Bestellungen seitens der heimischen Industrie und der Händler (um zumindest einen Teil der Ware sicher zu erhalten) zu einer Überlastung der Frachtkapazitäten. Der Wegfall der strikten Null-Covid-Politik in China im Jahr 2022 führte zu einem erneuten Anstieg der Infektionszahlen. Aufgrund der hohen Krankenstände werden Lieferengpässe auch in Zukunft die Länder betreffen, die auf Produkte oder Rohstoffe aus China angewiesen sind. Zu den wichtigsten Importgütern aus China gehören Elektrogeräte (Unterhaltungselektronik sowie Haushaltsgeräte oder Teile davon) oder Bekleidung.
- Russland-Ukraine-Krieg:
Der Krieg in der Ukraine und die Sanktionierung Russlands haben diverse Auswirkungen auf die Versorgung Deutschlands mit bestimmten Rohstoffen und Industrieprodukten. So hat der Krieg insbesondere zu Problemen bei der Produktion und Ausfuhr bestimmter Produkte (z. B. Sonnenblumenöl, Kabelbäume) aus der Ukraine geführt, die für die Belieferung anderer Länder wichtig sind. Der Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine wirft zudem einen Schatten auf die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Russland. Vor allem die russischen Gas- und Öllieferungen nach Deutschland sind infolgedessen im Jahr 2022 dabei stark eingebrochen. Dies stellt ein Problem sowohl für die allgemeinen Verbraucher als auch für diverse Branchen wie die Chemie-, Nahrungsmittel-, Metall- und Glasindustrie dar, für die etwa Erdgas elementar ist.
- Inflation:
Die Einschränkungen bei den Gas- und Ölimporten aus Russland treiben die Herstellerkosten für viele Produzenten aus Deutschland in die Höhe. Dies schlägt sich zum einen in steigenden Verbraucherpreisen nieder – im Jahr 2023 lag die deutsche Inflationsrate bei 5,9 Prozent. Zum anderen wirken sich diese Entwicklungen auch schwächend auf die Produktionsvolumina einiger Wirtschaftszweige aus, die die Produktion auch angesichts der wachsenden Erzeugerpreise drosseln – wie z. B. in der energieintensiven Stahlbranche. Somit bergen auch steigende Kosten das Risiko, Lieferschwierigkeiten zu befördern.
Aussichten für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland bis zum Jahr 2023
Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) geht davon aus, dass sich die Kosten der Corona-Pandemie und des Krieges in der Ukraine – aufgrund von gestörten Lieferketten und hohen Energiepreisen – im Jahr 2022 voraussichtlich auf 120 Milliarden Euro belaufen (Stand: November 2022). Trotz der kritischen Situation für die Wirtschaft wird das
Bruttoinlandsprodukt (BIP) laut Prognosen führender Wirtschaftsinstitute im Jahr 2023 real nur um 0,4 Prozent sinken (Stand: September 2022). Damit fällt die Rezessionsprognose für das Jahr 2023 niedriger aus als für das Corona-Jahr 2020 sowie für die Finanzmarktkrise 2008.
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