Rüstungsindustrie
Steigende Militärausgaben, aber fallende Umsätze bei den größten Konzernen
Der Krieg in der Ukraine und auch darüber hinaus wachsende Spannungen in der Politik weltweit führen zunehmende zu einem stärkeren Fokus auf die militärische Rüstung. So stiegen die weltweiten Militärausgaben in den Jahren 2021 und 2022 deutlich stärker als noch in den Vorjahren und erreichten erstmals Werte über der Marke von zwei Billionen US-Dollar. Dabei machten die Ausgaben in Nordamerika weiterhin mit rund 40 Prozent den größten Anteil aus. Bei der Betrachtung von Militärausgaben im Kontext der Rüstungsindustrie ist zu beachten, dass sich die Militärausgaben auf die Gesamtausgaben eines Staates für den militärischen Apparat beziehen. Steigende Militärausgaben bedeuten also nicht zwangsläufig steigende Investitionen in neue Ausrüstung für das Militär und damit neue Aufträge für die Rüstungsindustrie. Dennoch können die Militärausgaben einen ersten Überblick geben zu, zum Beispiel, dem Vergleich der Marktgrößen verschiedener Regionen.Die militärische Dominanz der Vereinigten Staaten von Amerika zeigt sich, neben den Militärausgaben, auch in der Rüstungsindustrie. Unter den zehn größten Rüstungskonzernen weltweit stammten 2022 insgesamt sechs aus den USA. Diese profitierten allerdings bislang wenig von den gestiegenen Militärausgaben. Unter den größten Herstellern in den USA verzeichneten fasst alle einen Rückgang im Umsatz mit Rüstungsgütern. Auch in Europa ging bei BAE Systems und Leonardo, den zwei umsatzstärksten Unternehmen der Region, der Umsatz zurück.
Neben den Umsätzen sind in der Rüstungsindustrie auch die Auftragsbestände ein wichtiger Indikator für die Entwicklung einzelner Unternehmen. Da größere Aufträge zum Teil über etliche Jahre hinweg abgearbeitet werden, erlauben die Auftragsbestände neben den Umsätzen einen weiteren Einblick, mit was für einer Entwicklung der Geschäfte auch in den kommenden Jahren zu rechnen ist. Hier zeigte sich 2022 ein anderes Bild als bei den Umsätzen: Mit Ausnahme von Boeing verzeichneten unter den größten Herstellern der USA alle einen Anstieg in den Auftragsbeständen im Verteidigungssektor.
Neue Technologien, alte und neue Konflikte – viele Herausforderungen
Digitalisierung, Automatisierung, Künstliche Intelligenz, der zunehmende Einsatz von Drohnen und anderen autonomen Geräten, neue Kriegsdomänen im Cyberraum und Weltraum – die technischen Möglichkeiten haben sich in den vergangenen Jahrzehnten sehr verändert. Dadurch entwickelten sich auch Erwartungen, dass die Kriegsführung heute eine grundlegend andere sein würde, als noch etwa zu Zeiten des Kalten Krieges. Bislang verfügen aber nur die wohlhabendsten Staaten über die Mittel für den Einsatz modernster Waffensysteme. Unter anderem im Ukraine-Krieg zeigte sich zuletzt, dass im tatsächlichen Kriegszustand, neben modernem Equipment vor allem auch die Möglichkeiten zur Massenproduktion und die einfache Anwendung der Technik enorm wichtig sind. Damit wird das effektive Zusammenspiel von komplexen, modernen Waffensystemen mit einfacheren, in großen Mengen verfügbarer Ausrüstung, unter anderem kleinen Drohnen, notwendig. Es profitieren nicht nur die traditionellen Rüstungskonzerne, sondern in diesem Beispiel auch Hersteller eigentlich ziviler Drohnen. Auch die Einflussnahme durch Cybertechnologie spielt eine immer größere Rolle, da hier mit vergleichsweise wenig Aufwand bei nicht aufwendig geschützten Systemen großer Schaden angerichtet werden kann. All dies führt dazu, dass die Rüstungsindustrie, dessen Aufgabe es ist Technologien für mögliche Gegenmaßnahmen zu entwickeln, vor vielen neuen Herausforderungen steht.Rüstungsindustrie in Deutschland
Die Rüstungsindustrie in Deutschland hat eine lange Geschichte. Heute ist, mit Ausnahme von Airbus, dessen Hauptsitz in den Niederlanden liegt, die Rheinmetall AG der wichtigste Hersteller. Anders als bei vielen der großen US-amerikanischen Hersteller verzeichneten die größten Rüstungskonzerne in Deutschland allesamt einen ansteigenden Umsatz im Jahr 2022. Und auch für die kommenden Jahre wird, unter anderem aufgrund des Sondervermögens für die Bundeswehr, mit höheren Ausgaben für militärische Beschaffungen und wachsendem Umsatz in der Industrie in Deutschland gerechnet. Bereits in den vergangen zwei Jahren stieg der Umsatz in der Herstellung von Waffen und Munition (ohne Kampffahrzeuge) auf erstmals wieder über drei Milliarden Euro. Die teils aus sicherheits- oder politischen Gründen geheim gehaltenen Kennzahlen, wie auch die umfangreichen Kooperationen zwischen einzelnen Herstellern bei verschiedensten Projekten, erschweren einen detaillierten Einblick in die Industrie und den direkten Vergleich der Unternehmen. So werden viele der Großprojekte in Europa und auch darüber hinaus, wie zum Beispiel der Leopard-Panzer oder der F-35-Kampfjet nicht von Unternehmen allein gestemmt. Die Entwicklung und Produktion erfolgt über diverse Joint Ventures, die zu unterschiedlichen Anteilen mehreren Unternehmen angehören oder auch anderen Formen der Kooperation.In den vergangenen Jahren machte für die Rüstungshersteller in Deutschland das Exportgeschäft einen wichtigen Anteil der Umsatzgenerierung aus. Bomben, Torpedos und Flugkörper verzeichneten den höchsten Wert bei den Exporten von Rüstungsgütern. Nach Anzahl der exportierten Rüstungsgüter zeigt sich aber, dass unter anderem auch die Handfeuerwaffen eine wichtige Rolle spielen. Bislang wurde etwa die Hälfte des Umsatzes in der Herstellung von Waffen und Munition im Ausland generiert. Beim Umsatz nach Regionen von Rheinmetall, machte Deutschland sogar einen noch deutlich geringeren Anteil aus.