Europäische Kommission prognostiziert für 2022 Rekordinflation in EU und Eurozone
Der bisherige Rekordwert von 2008, als die Inflation in der EU um rund 3,7 Prozent und in der Eurozone um rund 3,3 Prozent gestiegen ist, wird 2022 jedoch deutlich überschritten werden. Die Europäischen Kommission hat im European Economic Forecast Summer 2022 für das laufende Jahr und das kommende Jahr neue Prognosen zu den Inflationsraten in der EU veröffentlicht und die bereits hohen Schätzungen des Frühjahrs nochmals deutlich nach oben korrigiert. Für die Europäischen Union (EU-27) prognostiziert die Europäische Kommission demnach eine historisch hohe durchschnittliche Teuerungsrate von rund 8,3 Prozent im laufenden Jahr und 4,6 Prozent für das Jahr 2023.Bisher (Stand: Juni 2022) steigt die durchschnittliche monatliche Inflationsrate der Europäischen Union kontinuierlich. Die Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB) liegt bei knapp 2 Prozent. Dabei fällt die Inflation in den Mitgliedstaaten der EU sehr unterschiedlich aus.
Preistreiber Energie
Diese Unterschiede lassen sich teilweise über die unterschiedliche Energieabhängigkeiten der Mitgliedsländer erklären. Durch den völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine ist der weltweite Energie- und Rohstoffmarkt und insbesondere der europäische Energiemarkt mit seiner starken Abhängigkeit von Gas- und Ölimporten aus Russland aus den Fugen geraten. Die umfangreichen Sanktionen gegen Russland, die von der internationalen Gemeinschaft auf den Weg gebracht wurden, sowie die Gegenreaktion Russlands die Gas- und Ölexporte nach Europa zu verknappen, oder auch nur kontinuierlich damit zu drohen, führte zu massiver Unsicherheit und als Resultat zu stark steigenden Preisen an den Rohstoffmärkten. In der Folge sind in der Europäischen Union insbesondere die Inflationsraten der Bereiche Energie und Verkehr sehr stark angestiegen.
Erzeugerpreise der Industrie als Frühindikator der allgemeinen Inflation
Ein weiterer relevanter Index sind die Erzeugerpreise der Industrie, die die Verkaufspreise der industriellen Hersteller an Großhandel oder gewerbliche Kunden abbilden. Veränderungen der Erzeugerpreise können auf ähnliche Entwicklungen bei den Verbraucherpreisen vorausdeuten, gerade dann wenn Preissteigerungen im Produktionsprozess an die Verbraucher weitergegeben werden müssen. Im Jahr 2021 stiegen die Erzeugerpreise in der EU bereits um historisch hohe 12,4 Prozent und in der Euro-Zone um 12,3 Prozent. In 2022 liegt die durchschnittliche monatliche Veränderung der Erzeugerpreise der Industrie auf dem Inlandsmarkt deutlich über 30 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Der Blick auf die Veränderung der Erzeugerpreise der Industrie in der EU nach Bereichen zeigt auch hier wieder die enormen Preissteigerungen für Energie. Auch die Preisentwicklung bei den Erzeugern in den EU-Staaten unterscheidet sich zwischen den Mitgliedstaaten recht deutlich.Zusammengefasst sind Verbraucher:innen doppelt von den stark gestiegenen Energiepreisen betroffen: einerseits direkt, da die Verbraucherpreise für u.a. Heizöl, Gas und Benzin gestiegen sind. Mit etwas Verzögerung sind die Verbraucher:innen aber auch auch indirekt betroffen, da sich alle Produkte, Konsumgüter und Dienstleistungen, die in der Herstellung energieintensiv sind, ebenfalls für den Endverbraucher deutlich verteuern.