Essstörungen in Deutschland
Anorexie, Bulimie und Binge-Eating-Störung
Essstörung ist nicht gleich Essstörung. Offiziell sind drei verschiedene Arten definiert: Anorexie, Bulimie und die Binge-Eating-Störung. Eine andere Bezeichnung für Anorexie ist Magersucht. Betroffene leiden unter starkem Gewichtsverlust, der bewusst durch übermäßige Reduktion der Nahrungsaufnahme und häufig auch exzessiver sportlicher Betätigung herbeigeführt wird. Typisch für die Magersucht ist eine verzerrte Körperwahrnehmung und die panische Angst, trotz Untergewicht zu dick zu werden. In den letzten Jahrzehnten ist die Fallzahl in Deutschland leicht gesunken, seit 2013 ist jedoch wieder ein leichter Anstieg zu verbuchen. Eine ähnliche Entwicklung der Fallzahlen ist bei der Bulimie zu beobachten. Die Bulimie wird auch als Ess-Brech-Sucht bezeichnet. Betroffene dieser Verhaltensstörung haben regelmäßige Heißhungerattacken, wodurch sehr viel Nahrung auf einmal zugeführt wird. Um jedoch nicht zuzunehmen, wird das Essen durch herbeigeführtes Erbrechen wieder ausgeschieden. Wenn diese Gegenmaßnahme ausbleibt, während die Heißhungerattacken regelmäßig befriedigt werden, spricht man von der Binge-Eating-Störung. Personen, die unter dieser Form der Essstörung leiden, sind häufig adipös. An dieser Stelle ist es wichtig zu erwähnen, dass nicht jede adipöse Person automatisch eine Binge-Eating-Störung hat. Generell gilt: häufig ist es nicht möglich anhand von äußeren Kriterien festzustellen, ob eine Essstörung vorliegt. Über- oder untergewichtige Menschen müssen nicht direkt essgestört sein, ebenso wenig ist Normalgewicht ein Zeichen von ungestörtem Essverhalten. Oft tritt eine Form der Essstörung nicht isoliert auf, sondern es kommt zu Mischformen.Wer ist betroffen?
Am häufigsten sind Frauen und junge Menschen von Essstörungen betroffen. Im Jahr 2019 litten rund 0,24 Prozent der Frauen weltweit unter einer Essstörung, während der Anteil bei den Männern rund halb so groß war. Es wird zudem von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen. Dabei sind deutliche Unterschiede zwischen reicheren und ärmeren Ländern zu verzeichnen: In Ländern mit einem hohen Einkommen lag die geschlechterübergreifende Prävalenz bei rund 0,45 Prozent. In Staaten mit einem niedrigen Einkommen war die Prävalenzrate rund fünf Mal kleiner. Weltweiter Spitzenreiter mit einem Betroffenenanteil von 1,14 Prozent ist Australien. Starke Mediennutzung unter jungen Menschen, Optimierungsstreben und hohe Karriereansprüche sind weit verbreitete Phänomene in reichen Ländern und befördern - in Kombination mit der allgegenwärtigen Verfügbarkeit von Essen - derartige Unterschiede. Für Deutschland belegen Studien außerdem, dass sich die Prävalenz von Essstörungen unter Kindern und Jugendlichen nach Bildungsgrad und Migrationshintergrund unterscheidet. Je geringer der Bildungsgrad einer Person ist, desto höher ist die Prävalenz von Essstörungssymptomen. Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund leiden zudem häufiger unter Essstörungssymptomen. Diese Verteilungen zeigen, dass Essstörungen von verschiedenen psychologischen und sozioökonomischen Faktoren abhängen. Oftmals werden Schönheitsideale in sozialen Medien oder im Fernsehen als Hauptursachen für Essstörungen herangezogen. Um die Ursachen jedoch vollständiger erfassen zu können, ist es notwendig, Dimensionen sozialer Ungleichheit zu analysieren und Essstörungen als ein gesellschaftliches Problem zu verstehen.Sie haben das Gefühl von einer Essstörung betroffen zu sein? Mit Menschen darüber zu reden hilft. Auf der Seite der Bundezentrale für gesundheitliche Aufklärung haben Sie die Möglichkeit, online, telefonisch oder persönlich eine Beratung in Anspruch zu nehmen - das ganze kostenlos und auf Wunsch auch anonym. Eine Beratung kann eine Behandlung jedoch nicht ersetzen.