Umfrage in Israel zu erweiterten Kompetenzen des Obersten Gerichtshofs 2022

Im Oktober 2022 stimmten rund 56 Prozent der Jüd:innen in Israel der Aussage zu, dass der Oberste Gerichtshof Gesetzesvorhaben der Knesset überstimmen können soll, sofern diese den demokratischen Prinzipien des Landes widersprechen. Unter Araber:innen lag der Anteil der Befürworter dieser Kernkompetenz des Gerichtshofs bei etwa 71 Prozent.

Bevölkerung in Israel entlang politischer und religiöser Linien gespalten

Die Bevölkerung Israels steht den Kompetenzen des Obersten Gerichtshofs gespalten gegenüber. Zwar steht insgesamt eine Mehrheit dahinter, die grundlegenden Kompetenzen des Gerichtshofs zu erhalten, jedoch gibt es teils starke Unterschiede, je nach Bevölkerungsgruppe. Israelis, die sich als politisch links identifizieren oder der politischen Mitte zuordnen stimmen der Aussage der Umfrage zu 80, bzw. 73 Prozent zu. Diejenigen, die sich als politisch rechts sehen, stimmen der Aussage nur zu 44 Prozent zu. Noch deutlicher wird es, wenn man unterschiedliche religiöse Gruppen betrachtet. Während säkulare oder traditionell lebende nicht-religiöse Israelis es befürworten, dass der Gerichtshof in einigen Fällen ins Gesetzgebungsverfahren eingreifen kann, sehen dies religiöse Gruppen anders. Ultraorthodoxe Haredim stimmen der Aussage nur zu rund 25 Prozent zu, Nationalreligiöse zu rund 39 Prozent.

Geplante Justizreform in Israel würde Gewaltenteilung beschädigen

Der Oberste Gerichtshof in Israel bildet eine Säule der Gewaltenteilung im Land ab. Richter des Obersten Gerichtshofs werden durch einen Ausschuss bestehend aus Mitgliedern des Gerichtshofs, zwei Ministern, zwei Abgeordneten der Knesset und zwei Vertretern der Anwaltskammer gewählt. Der neu gewählte Premierminister Benjamin Netanyahu hat nur wenige Tage nach dem Amtsantritt ein Reformpaket für die Justiz angekündigt. Dieses würde der Knesset erlauben, ein Veto des Obersten Gerichtshof mit einer einfachen Mehrheit zu überstimmen. Der Gerichtshof könnte demnach Gesetze nur stoppen, wenn alle 15 Richter:innen gemeinsam dagegen stimmen. Ein zweiter Reformvorschlag würde es der Regierung erlauben eine Mehrheit der Mitglieder des Ernennungsausschusses für Richter:innen des Obersten Gerichtshofs zu stellen. Dadurch würde die Unabhängigkeit des Gerichtshofs deutlich leiden und die Gewaltenteilung faktisch außer Kraft gesetzt werden.