Sozialer Wohnungsbau in Deutschland
In Deutschland ist die Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum stark gefährdet. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Seit vielen Jahren treibt der Mangel an Wohnraum die Mieten hierzulande immer weiter in die Höhe. Dies gilt vor allem für die Großstädte und Ballungsräume des Landes. So stiegen beispielsweise die Mieten in Berlin zwischen 2019 und 2024 um etwa 45 Prozent. Ein Fakt, der dieses Problem noch verstärkt: Deutschland ist ein Land der Mieterinnen und Mieter. Mehr als die Hälfte der Menschen hierzulande lebt zur Miete. Die Mietbelastung dieser Menschen ist häufig hoch. Aber auch hier gibt es regionale Unterschiede. Mieterhaushalte in der Großstadt müssen in der Regel einen höheren Anteil ihres Einkommens für die Bruttokaltmiete aufbringen als Haushalte, die in Kleinstädten oder ländlicheren Gemeinden leben. Wenig überraschend ist auch, Haushalte mit geringeren Einkommen werden deutlich stärker durch hohe Mieten belastet als besserverdienende Haushalte. Um diesen einkommensschwächeren Haushalten dennoch bezahlbaren Wohnraum zu bieten, gibt es in Deutschland das Instrument des sozialen Wohnungsbaus. Doch in den vergangenen Jahren hat dieses Instrument der deutschen Wohnungspolitik zunehmend an Wirksamkeit verloren.
Geschichte und Ausgestaltung des sozialen Wohnungsbaus
Die Anfänge des sozialen Wohnungsbaus in Deutschland gehen bis in die Zeit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert zurück. In den schnell wachsenden Städten war der Bedarf an Wohnraum immens hoch. Damals entstanden die ersten gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaften. Diese schufen bezahlbaren und qualitativ hochwertigen Wohnraum – allerdings nur für ihre Mitglieder. Der Staat trat bei der Schaffung kostengünstiger Wohnungen erst später in Erscheinung. Die ersten Gesetze, um den Bau von Sozialwohnungen zu fördern und die Wohnverhältnisse der Bevölkerung zu verbessern, wurden in der Weimarer Republik (1918-1933) erlassen. Nach dem 2. Weltkrieg waren große Teile des Wohnraums hierzulande zerstört. Entsprechend hoch war die Wohnungsnot und der soziale Wohnungsbau wurde massiv ausgebaut. Den rechtlichen Rahmen bildete damals das Wohnungsbaugesetz von 1950. Die Bauträger erhielten für die Schaffung preisgünstiger Wohnungen eine staatliche Förderung in Form von Zuschüssen, Darlehen zu Vorzugsbedingungen oder Steuervorteilen. An diesem Prinzip hat sich bis heute im Wesentlichen nichts verändert. Die so errichteten Wohnungen sind für eine gewisse Zeit preisgebunden. Die Laufzeit einer solchen Miet- und Belegungsbindung kann von Bundesland zu Bundesland variieren, denn für die Ausgestaltung und Umsetzung des sozialen Wohnungsbaus sind seit dem Jahr 2006 die Länder zuständig. Bauträger können kommunale oder private Wohnungsunternehmen, Genossenschaften oder auch private Investor:innen sein. Anspruch auf eine Sozialwohnung haben grundsätzlich alle Personen, die einen Wohnberechtigungsschein (WBS) besitzen. Diesen erhält man, wenn das Einkommen eine bestimmte Grenze nicht überschreitet. Diese Einkommensgrenzen legen ebenfalls die Bundesländer fest.Sozialer Wohnungsbau in der Krise
Die Zahl der Sozialwohnungen in Deutschland nimmt seit Jahren immer weiter ab. Der Hauptgrund: In jedem Jahr fallen zahlreiche Wohnungen aus der Mietpreisbindung. In der Regel dauert es zwischen 15 und 40 Jahren, bis die Sozialbindung ausläuft. Danach können die Wohnungen ohne staatliche Auflagen frei am Markt vermietet oder verkauft werden. Ein Ersatz durch neu gebaute Sozialwohnungen findet nur in unzureichendem Umfang statt. Zu Beginn ihrer Regierungszeit hat die frühere Ampel-Koalition das wohnungspolitische Ziel formuliert, den Wohnungsbau in Deutschland auf insgesamt 400.000 Wohnungen und den sozialen Wohnungsbau auf 100.000 Wohnungen je Jahr zu steigern. Diese Ziele wurden jedoch in keinem Regierungsjahr der Ampel erfüllt. In der Realität fiel die Bilanz im deutschen Wohnungsbau ernüchternd aus. So wurden im Jahr 2023 nur rund 294.000 neue Wohnungen errichtet. Das sind 74 Prozent des ausgegebenen Zielwertes von 400.000 Wohnungen. Im sozialen Wohnungsbau wurden sogar nur 23 Prozent der angestrebten 100.000 Wohnungen gebaut.In vielen Bundesländern sind die Zahlen rückläufig. So gab es beispielweise in Berlin im Jahr 2010 noch mehr als 210.000 Sozialwohnungen. Im Jahr 2023 waren es knapp weniger als 100.000 geförderte Wohnungen. In Thüringen sind aus rund 55.000 Sozialwohnungen im Jahr 2010 knapp 13.000 im Jahr 2023 geworden. Diese Entwicklung ist besorgniserregend. Aber es gibt auch positive Beispiele. In Hamburg kam es seit 2016 zu keinem größeren Sozialwohnungsabbau mehr. Der Bestand liegt seit diesem Jahr mit einigen leichten Schwankungen bei etwas mehr als 80.000 Wohneinheiten. In Hamburg gibt es im Bundesländervergleich auch den höchsten Versorgungsgrad im sozialen Wohnungsbau. So kamen im Jahr 2023 in der Hansestadt auf 1.000 Mieterhaushalte etwa 107 Sozialwohnungen. In absoluten (Wohnungs-)Zahlen führend ist das bevölkerungsstarke Nordrhein-Westfalen mit mehr als 425.000 geförderten Wohnungen. Hingegen gab es im Saarland nur 735 Mietwohnungen mit Belegungsbindung.