Die Schweiz gilt als wichtigste Drehscheibe des internationalen Rohstoffhandels. Rund 60 Prozent des globalen Handels mit Erzen und Metallen werden über die Schweiz abgewickelt. Auch im Bereich der Energie- und Agrarrohstoffe haben Schweizer Unternehmen
von teils über 50 Prozent. Dies begründet sich in zahlreichen Standortvorteilen, so profitieren im
in der Schweiz von den vergleichsweise niedrigen Steuersätzen, einer stabilen Währung, Zugang zum europäischen Markt und mehreren auf Handelsfinanzierung spezialisierten Banken, welche im Rohstoffsektor eine entscheidende Rolle spielen.
Die internationale Führungsrolle der Schweiz in dieser Branche bestätigt sich durch die hohe Anzahl der weltweit größten Rohstoffhändler, welche mindestens einen
Unternehmenssitz in der Schweiz gemeldet haben. Dazu gehören sowohl global agierende Konzerne wie
Vitol,
Trafigura und
Glencore, aber auch kleinere Unternehmen wie zum Beispiel die
Werco Trade AG. Die Zahl der
national registrierten Unternehmen in dieser Branche wuchs in den letzten Jahren kontinuierlich an und lag zuletzt bei rund 944, wobei der Kanton Genf mit etwa 319 im Rohstoffhandel aktiven Unternehmen im regionalen Vergleich führt. Trotz der stetig wachsenden Unternehmensanzahl gehörte die Branche mit zuletzt rund 10.000 Beschäftigten allerdings nicht zu den größten Arbeitgebern der Schweiz.
Global steigende Nachfrage
Die globalen Handelspreise verschiedener Rohstoffe unterliegen teils starken Schwankungen. In den vergangenen Jahrzehnten haben vor allem das weltweite Wirtschaftswachstum und die zunehmende Globalisierung zu einer rasant steigenden
Nachfrage und damit verbundenen
Preissteigerung verschiedener Rohstoffe geführt. Davon betroffen sind vor allem sogenannte strategische Metalle wie Lithium, Platin und Kobalt, welche eine zunehmend wichtige Rolle im Bereich der Telekommunikation und Mobilität spielen. Außerdem werden in den kommenden Jahren auch
Blei,
Zink und
Nickel auf eine weltweit größere Nachfrage treffen.
Rohstoffhändler - Krisenprofiteure?
Der russische
Überfall auf die Ukraine hat weitreichende Folgen auf den globalen Rohstoffsektor und internationale Handelsbeziehungen. Zum einen sind die Preise für Energierohstoffe seit Februar 2022 explosionsartig angestiegen, was bei einigen im Bergbau und Rohstoffhandel tätigen Konzernen, wie zum Beispiel
Glencore, zu beispiellosen Gewinnsteigerungen führte. Andererseits führen die vom Schweizer Bundesrat verhängten Sanktionen zu stark reduziertem Handel mit der Russischen Föderation. Experten gehen davon aus, dass dies zur Folge hat, dass andere Standorte des globalen Rohstoffhandels, wie etwa die Vereinigten Arabischen Emirate oder Singapur, in Zukunft an Bedeutung gewinnen werden.
Die konträre Situation in der Schweiz
Obwohl ein großer Anteil des globalen Rohstoffhandels über die Schweiz abgewickelt wird, gelangt nur ein geringer Teil der gehandelten Mengen physisch in die Schweiz. Diese Form des Außenhandels ist allgemein auch als Transithandel bekannt und gilt als umstritten. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass viele Unternehmen dieser Branche zwar offiziell in der Schweiz gemeldet sind, die gehandelten Rohstoffe allerdings in anderen Ländern abgebaut bzw. verarbeitet und anschließend direkt an die Abnehmerländer weiterverschickt werden. Dies wird unter anderem bei der Betrachtung der Handelsmengen von Getreide deutlich. Zuletzt wurden etwa 43 Prozent des
weltweiten Getreidehandels über die Schweiz getätigt, was einem Handelsvolumen von etwa 78 Millionen Tonnen entspricht. Physisch gelangte davon allerdings nur ein
Bruchteil in die Schweiz - 810 Tausend Tonnen im Jahr 2021, was einem
Gesamtwert von rund 323 Millionen Schweizer Franken entsprach. Dieser Kontrast offenbart eine Dynamik, die von verschiedenen Verbänden und Nichtregierungsorganisationen kritisiert wird. Zwar sitzen viele Rohstoffhändler offiziell in der Schweiz, beziehen die Rohstoffe aber aus Drittländern, was zu Herausforderungen im Bereich der Unternehmenstransparenz und Regulierung führt.
Rohstoff Gold - ein Sonderfall
Unter den in der Schweiz gehandelten Rohstoffen gilt Gold als Sonderfall, da es - anders als die meisten anderen Rohstoffe - in der Regel physisch in die Schweiz gelangt. Dies liegt daran, dass die Schweiz über eine große Goldverarbeitungsindustrie verfügt, welche in der Vergangenheit enge Handelsbeziehungen mit russischen Goldhändlern pflegte. So
importierte die Schweiz im Jahr 2021 Rohgold im Wert von 92,3 Milliarden US-Dollar und exportierte außerdem
verfeinerte Goldprodukte mit einem Wert von 86,6 Milliarden US-Dollar. Da die Ursprungsbezeichnung von Gold angepasst wird, wenn es umgeschmolzen wird, ist es trotz Sanktionen auch weiterhin möglich, dass Gold aus russischen Minen über Drittländer zur Verarbeitung in der Schweiz landet. Die Praktik der sogenannten Goldwäsche zeigt damit ebenfalls, wie sich ein Mangel an Transparenz und effektiver Regulierung auf den Schweizer Rohstoffhandel auswirkt.
Gehandelte Rohstoffe der führenden Händler
Zu den wichtigsten Handelsgütern des Rohstoffkonzerns Vitol gehörten 2021 vor allem
Mineralölprodukte wie zum Beispiel Rohöl und Gasöl. Auch für Trafigura ist der Handel mit Öl- und Mineralölprodukten von zentraler Wichtigkeit, während der Handel mit Mineralien und Metallen eher eine untergeordnete Bedeutung hat. Der im Bergbau und Rohstoffhandel aktive Mischkonzern Glencore hingegen ist auch im Handel mit verschiedenen
Agrarprodukten tätig. Auch
Metalle und Mineralien werden von Glencore weltweit abgebaut und gehandelt.
Finanzkennzahlen im Vergleich
Viele Rohstoffhändler gehören zu den
umsatzstärksten Unternehmen der Schweiz. Im Jahr 2021 erwirtschaftete der Rohstoffhändler Vitol einen
Gesamtumsatz von rund 279 Milliarden US-Dollar. Damit erzielte das Unternehmen in diesem Jahr einen der höchsten Umsätze innerhalb der letzten zehn Jahre. Die Unternehmensgruppe Trafigura verzeichnete im Jahr 2022 ebenfalls einen
Rekordumsatz von etwa 319 Milliarden US-Dollar. Auch die Gunvor Group erzielte mit 135 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 ihren bisher höchsten
Umsatz.
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