Deutsche und internationale Entwicklungspolitik
- Offiziell wird nicht mehr von Entwicklungshilfe gesprochen, stattdessen wird der Begriff Entwicklungszusammenarbeit (EZ) verwendet. Damit soll betont werden, dass die beteiligten Länder partnerschaftlich und zum Vorteil aller handeln.
- Außerdem sind es längst nicht mehr nur westliche Industriestaaten, die EZ betreiben. Der Kreis der Geberländer hat sich erweitert. So wenden heute zum Beispiel Länder wie China, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate große Summen für die EZ auf.
- Nicht zuletzt hat sich auch die Aufgabe der EZ verändert. Es geht nicht mehr nur darum, die Lebensbedingungen in einzelnen Ländern zu verbessern. EZ wird immer wichtiger als elementarer Bestandteil der globalen Krisenbewältigung - genannt seien hier die Ernährungskrise, die steigende Zahl von Menschen auf der Flucht, die Erderwärmung und die wachsende Bedrohung durch Pandemien.
Öffentliche Entwicklungszusammenarbeit – So viel zahlt Deutschland
Zusammen mit den anderen DAC-Ländern hat sich Deutschland dazu verpflichtet, 0,7 Prozent seines Bruttonationaleinkommens (BNE) für die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (englisch: Official Development Assistance - ODA) aufzuwenden. Diese sogenannte ODA-Quote ist auch Bestandteil der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung. Welche Leistungen als ODA anrechenbar sind, ist international festgelegt. Dadurch sind die Aufwendungen der Geberländer, die im DAC kooperieren, transparent und gut vergleichbar.Deutschland hat die 0,7 Prozent-Marke erstmals im Jahr 2016 erreicht, das nicht zufällig auch den Höhepunkt der Flüchtlingskrise markierte. Aufwendungen für Flüchtlinge sind teilweise als ODA anrechenbar, ohne sie hätte die Quote 2016 unter 0,7 Prozent gelegen. In den folgenden Jahren unterschritt die ODA-Quote wieder die Zielmarke und lag erst im Jahr 2020 bei 0,73 Prozent. Im Jahr 2021 wurde nach vorläufigen Zahlen in Deutschland die Rekordsumme von 27,26 Milliarden Euro für die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit aufgewendet. Die deutsche ODA-Quote 2021 lag bei 0,74 Prozent.
Öffentliche Entwicklungszusammenarbeit im internationalen Vergleich
Laut OECD haben die DAC-Geberländer 2021 insgesamt 179 Milliarden US-Dollar für die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben – so viel wie noch nie. Der Anstieg ist auch auf zusätzliche Mittel zur Bewältigung der Corona-Pandemie zurückzuführen. Die ODA-Quote aller DAC-Länder lag 2021 bei 0,33 Prozent. Wichtigstes Geberland waren die USA, die allerdings nur 0,18 Prozent ihres BNE für die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit aufbrachten und damit deutlich unter der 0,7 Prozent Zielmarke lagen. Neben Deutschland erreichten oder übertrafen 2021 noch vier weitere Länder die anvisierte ODA-Quote: Luxemburg, Norwegen, Schweden und Dänemark. Wichtige Empfängerländer von Zahlungen der DAC-Länder (Stand 2020) waren Bangladesch, Syrien und Afghanistan.Woher kommen die deutschen Gelder?
Den größten Anteil an den deutschen Mitteln für die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit 2020 hatte mit 11,9 Milliarden Euro (47,1 Prozent) das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Das Auswärtige Amt übernahm Leistungen in Höhe von 3,6 Milliarden Euro (14,4 Prozent). Die Bundesländer finanzierten insgesamt 1,54 Milliarden Euro (6,1 Prozent), wobei Nordrhein-Westfalen den größten Anteil stemmte. Die Mittel, die von den Bundesländern aufgebracht werden, dienen überwiegend der Übernahme von Studienplatzkosten für Studierende aus Entwicklungsländern.Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Einer der wichtigsten Akteure der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Wie viel Geld Deutschland in die Entwicklungsarbeit investiert, wird maßgeblich durch dessen Budget bestimmt. Nachdem das Budget des BMZ über mehrere Jahre anwuchs, wurden die Mittel für die Jahre 2022 und 2023 wieder etwas gekürzt. Stand November 2022 liegt der Etat des BMZ im Jahr 2022 bei 12,35 Milliarden Euro und im Jahr 2023 bei 12,16 Milliarden Euro. Bis zum Jahr 2026 soll der Etat weiter gekürzt werden und nach derzeitiger Planung bei 10,39 Milliarden Euro liegen.Die bekannteste Erhebung zur Transparenz der wichtigsten Akteure der Entwicklungszusammenarbeit, der Aid Transparency Index der Nichtregierungsorganisation Publish What You Fund, hat 2022 die Arbeit des BMZ als "gut" bewertet. Das deutsche Außenministerium schnitt deutlich schlechter ab, dessen Bemühungen um Transparenz wurden als unzureichend eingestuft.
Wohin fließen die deutschen Gelder?
Der größte Teil der deutschen ODA-Mittel fließt in die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit. Von bilateraler Entwicklungszusammenarbeit spricht man, wenn Deutschland mit einem Zweitstaat kooperiert und ihm zum Beispiel einen günstigen Kredit vermittelt oder Schulden erlässt. Im Jahr 2020 waren die wichtigsten Empfängerländer von deutschen Mitteln Syrien, Indien und China. Unter den zehn größten Empfängerländern waren mit Afghanistan und Äthiopien außerdem zwei Länder, deren Entwicklungsstand vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) die niedrigste Klassifizieren erhielt ("low human development").Mit Blick auf die Verwendungszwecke fließen die deutschen bilateralen ODA-Mittel insbesondere in soziale Infrastruktur und Dienste. Dazu gehören zum Beispiel Mittel, die in Bildung, den Staat und die Zivilgesellschaft investiert werden. Zweitgrößter Posten war im Jahr 2020 die Hilfe für Flüchtlinge in Deutschland.
International spielen der Klimaschutz und Hilfen bei der Anpassung an den Klimawandel in der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit eine wachsende Rolle. Deutschland unterstützte 2020 Drittländer beim Klimaschutz mit einer Gesamtsumme von 2,78 Milliarden US Dollar und bei der Anpassung an den Klimawandel mit 903 Millionen US Dollar.
Weitere Leistungen an Entwicklungsländer
Neben den offiziellen ODA-Leistungen gibt es noch weitere öffentliche und private Leistungen zugunsten von Entwicklungsländern. Dazu gehören unter anderem:- Leistungen von Nichtregierungsorganisationen (NGOs): Im Rahmen der privaten Entwicklungszusammenarbeit leisteten NGOs wie etwa Brot für die Welt im Jahr 2020 einen Beitrag in Höhe von zirka 1,33 Milliarden Euro.
- Private Investitionen: Die Gesamtsumme der privaten deutschen Direktinvestitionen in Entwicklungsländer lag im Jahr 2020 mit -1,22 Millionen US Dollar im negativen Bereich. Das bedeutet, dass in diesem Jahr weniger Direktinvestitionen getätigt wurden als Gelder zurückflossen (zum Beispiel durch zurückgezahlte Darlehen).
- In den letzten Jahren ist die Summe der Rücküberweisungen stark angestiegen. Von Rücküberweisungen spricht man, wenn Migrant:innen Geld zurück in ihre ursprüngliche Heimat senden. Für viele Entwicklungsländer sind Rücküberweisungen noch vor öffentlicher Entwicklungszusammenarbeit und ausländischen Direktinvestitionen die wichtigste externe Finanzierungsquelle. In einigen Ländern liegt der Anteil der Rücküberweisungen am BIP bei über einem Viertel.