Stimmenverteilung der Auslandstürken bei den türkischen Präsidentschaftswahlen 2014

Recep Tayyip Erdogan hat die erste türkische Direktwahl des Präsidenten am 10. August 2014 im ersten Wahlgang mit absoluter Mehrheit gewonnen und löste Abdullah Gül im Amt des türkischen Staatspräsidenten ab. Der türkische Ministerpräsident und Spitzenkandidat der AKP und ANAP erzielte im ersten Wahlgang rund 62,3 Prozent der gültigen Stimmen aus dem Ausland und rund 62,7 Prozent der Stimmen, die nicht direkt vom Ausland, sondern von Grenzen, See- und Flughäfen aus abgegeben wurden. Im Vergleich zum Gesamtergebnis der türkischen Präsidentschaftswahlen 2014 erreichte Erdogan bei den Auslandstürk:innen eine höhere Zustimmung als im Inland selbst. Auch die AKP erzielte bei allen Parlamentswahlen seit 2011 in der türkischen Diaspora höhere Zustimmungswerte als im Inland. Erdogan war bei dieser Wahl der gemäßigte Kandidat der Mitte.

Sein stärkster Herausforderer Ekmeleddin İhsanoğlu war einerseits der Spitzenkandidat der größten Oppositionspartei CHP sowie andererseits der rechtsextremen MHP. Zusätzlich wurde İhsanoğlu von einem politisch heterogenen Parteienbündnis aus insgesamt zehn Parteien unterstützt. Dennoch erreichte er im Ausland nur einen Stimmenanteil von rund 27,9 Prozent (Ausland) bzw. 30,1 Prozent an Grenzen, See- und Flughäfen. İhsanoğlu erzielte somit bei den türkischen Wahlberechtigten im Ausland deutlich geringere Zustimmungswerte als im Inland.

Dies lag sicherlich auch am überraschend starken Abschneiden des Außenseiterkandidaten Selahattin Demirtaş, der im ersten Wahlgang rund 9,8 Prozent der Stimmen von den türkischen Wahlberechtigten aus dem Ausland erhielt und rund 7,1 Prozent der abgegebenen Stimmen von Grenzen, See- und Flughäfen. Demirtaş war der Spitzenkandidat der pro-kurdischen Minderheitenpartei HDP und insgesamt der progressiven bis linksextremen Linke in der Türkei und wurde neben der HDP von sechs weiteren Parteien unterstützt.

Warum hat die MHP nicht Erdogan unterstützt?

Zu diesem Zeitpunkt bestand noch keine Zusammenarbeit zwischen der AKP und der MHP, da sie primär in der "Kurdenfrage" gegensätzliche Positionen aufwiesen. Die AKP setzte sich zu diesem Zeitpunkt noch für eine demokratische, friedliche und inklusive Lösung des Konfliktes mit der kurdischen Minderheit ein, die nationalistische MHP setzte ausschließlich auf eine militärische Lösung des Konfliktes und die Assimilation der kurdischen Minderheit. Erst 2015 nachdem die Friedensgespräche mit der kurdischen PKK scheiterten, näherten sich beide Parteien an und vereinbarten schließlich für die Parlamentswahlen in der Türkei 2018 im Wahlbündnis "Volksallianz" zusammen anzutreten. Bei den vorgezogenen Präsidentschaftswahlen in der Türkei 2018 unterstütze die MHP die Kandidatur Erdogans für eine zweite Amtszeit.

Welchen Anteil hatten die Stimmen der Auslandstürk:innen am Wahlausgang?

Die Stimmen der Auslandstürk:innen bei den türkischen Präsidentschaftswahlen 2014 haben für den Wahlausgang eine untergeordnete Rolle gespielt. Nur rund 527.000 von rund 40,5 Millionen abgegebenen Stimmen, oder rund 1,3 Prozent aller abgegebenen Stimmen entfielen auf die Wahlberechtigten Türk:innen im Ausland und an den Grenzen.

Die Präsidentschaftswahl in der Türkei - Stichwahl nötig?

Nach dem türkischen Wahlrecht ist im ersten Wahlgang der Kandidat gewählt, der mehr als die Hälfte aller gültigen Stimmen erhalten hat. Hat keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang diese absolute Mehrheit erreicht, findet 14 Tage nach dem ersten Wahlgang eine Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten mit der höchsten und zweithöchsten Stimmenzahl statt. Es kommt zu einem zweiten Wahlgang.