Recruiting - Von der Ausschreibung zur Einstellung

In Zeiten des Fachkräftemangels fehlt es vielen Betrieben in Deutschland an qualifiziertem Personal - Unternehmen stehen daher vor der Herausforderung, Fachkräfte zu finden und zu binden. Der Fachkräftemangel wird von vielen Unternehmen als größtes Geschäftsrisiko der Zukunft eingeschätzt, schließlich kann der Mangel an geeigneten Fachkräften zum betrieblichen Stillstand führen. Hier kommen Recruiter:innen ins Spiel. Bei rund zwei Dritteln der Unternehmen läuft die Organisation der Personalbeschaffung über eine eigenständige Recruiting-Abteilung. In einigen Unternehmen wird der Prozess allerdings auch teilweise oder vollständig von anderen Dienstleistern übernommen. Die Aufgabe von Recruiter:innen ist es, den Personalbedarf eines Unternehmens zu decken, gezielt geeignete Bewerber:innen auszuwählen sowie den Recruiting-Prozess zu optimieren und zu evaluieren.

Wie läuft der Recruiting-Prozess ab?

Am Anfang des Recruitings stehen vakante Arbeitsstellen. Um diese zu besetzen, umfasst der Recruiting-Prozess verschiedene Phasen: Bei fast allen Unternehmen gehören dazu unter anderem das Aufbereiten der Stellenanzeige und Festlegen des Jobtitels, die Schaltung der Anzeige auf externen Plattformen sowie die Sichtung des Bewerbungseingangs und die Teilnahme an Bewerbungsgesprächen. Die meistgenutzten Recruiting-Methoden umfassen neben den klassischen Jobbörsen wie Xing, LinkedIn oder der Internetseite der Agentur für Arbeit auch Mitarbeiterempfehlungsprogramme und Active Sourcing. Beim Active Sourcing treten Recruiter:innen aktiv in den direkten Kontakt mit potenziellen Kandidat:innen und versuchen, diese für ihre Unternehmen zu gewinnen. Bei einer Umfrage im Jahr 2023 gaben 20 Prozent der Befragten an, schon einmal von Recruiter:innen bezüglich eines Stellenangebots kontaktiert worden zu sein, ohne sich auf eine entsprechende Stellenanzeige beworben zu haben. Mit Mitarbeiterempfehlungen hatten bereits 29 Prozent der Befragten Erfahrungen gemacht. Zur Optimierung des Prozesses werden durch viele Unternehmen Recruiting-Kennzahlen genutzt. Die meistgenutzten Kennzahlen sind Time-to-Hire (Zeit, die bis zur Besetzung einer offenen Stelle vergeht), Cost-per-Hire (durchschnittliche Kosten einer Neueinstellung) und Channel-Effectiveness (Anzahl der Bewerbungen, die über verschiedene Kanäle generiert werden). Diese Kennzahlen werden dann wiederum eingesetzt, um Schwachstellen zu erkennen und das Recruiting effizienter zu gestalten.

Viele Arbeitnehmende sind wechselbereit

Die Loyalität Arbeitnehmender nimmt ab – zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage von Gallup aus dem Jahr 2023. Während im Jahr 2018 noch 78 Prozent der Befragten die Aussage „Ich beabsichtige, heute in einem Jahr noch bei meiner derzeitigen Firma zu sein“ uneingeschränkt bejahten, so waren es im Jahr 2023 nur noch 53 Prozent. Dafür ist die Zahl der Befragten, die sich unsicher sind, deutlich gestiegen. Die Loyalität dem Arbeitgeber gegenüber hängt maßgeblich von der emotionalen Bindung der Mitarbeitenden ab. Befragte mit hoher Bindung geben mehr als doppelt so häufig an, auch im nächsten Jahr weiter bei ihrem Arbeitgeber bleiben zu wollen wie Mitarbeitende ohne emotionale Bindung. Vor allem der Generation Z wird immer wieder nachgesagt, besonders illoyal zu sein – bei einer Umfrage im Jahr 2023 zeigte sich allerdings, dass nicht nur die Gen Z, sondern auch ältere Generationen angaben, für ein höheres Gehalt oder mehr Flexibilität bei der Arbeit durchaus wechselwillig zu sein. Unternehmen haben dies bereits erkannt, setzen es allerdings nicht immer um. So sahen in einer Umfrage in der DACH-Region rund 55 Prozent der befragten Entscheidungsträger:innen in Unternehmen eine marktgerechte Entlohnung als geeignete Maßnahme zur Bindung von Mitarbeitenden an. Nur 44 Prozent der Befragten gaben allerdings an, dies in ihrem Unternehmen bereits umzusetzen. Differenziertes Führungsverhalten und Beschäftigungssicherheit wurden außerdem von nur 16 bzw. 20 Prozent der Befragten als geeignete Maßnahme zur Mitarbeiterbindung beurteilt, obwohl sie in einer Umfrage aus dem Jahr 2024 zu den fünf größten Wechseltreibern zählten.

Wie können potenzielle Kandidat:innen überzeugt werden? 

Die meisten Bewerber:innen sind nicht etwa auf dem Arbeitsmarkt, weil ihnen gekündigt wurde, sondern, weil sie sich beruflich verbessern möchten – das ergab eine Umfrage auf dem Jahr 2023. In Zeiten des Fachkräftemangels sehen sich Bewerber:innen dabei immer häufiger in der Kundenrolle. Rund zwei Drittel der Befragten einer Umfrage zur Situation auf dem Arbeitsmarkt gaben an, Bewerber:innen seien heute Kund:innen, um die sich Arbeitgeber bemühen müssen. Dennoch waren sich über 70 Prozent der Befragten ebenfalls einig darüber, dass man heute dankbar dafür sein könne, einen passenden Job zu finden. Bezüglich Stellenanzeigen wünschen sich Befragte vor allem ein klares Anforderungsprofil, spezifische Aussagen zum Job sowie transparente Gehaltsangaben – fehlen diese Aspekte, so sind Bewerbende auch einmal geneigt, die Bewerbung abzubrechen. Im Recruiting-Prozess bevorzugen Bewerber:innen den persönlichen Erstkontakt durch Recruiter:innen per E-Mail (39 Prozent) oder Telefonanruf (25 Prozent). Private soziale Netzwerke und Messenger sind hingegen weniger beliebte Kontaktwege. Selbst unter potenziellen Auszubildenden ist Social Media für die Ausbildungsplatzsuche wenig beliebt – nur elf Prozent der befragten Schüler:innen und Azubis gaben in einer Umfrage im Jahr 2023 an, über Social Media nach Ausbildungsplätzen zu suchen.

Einsatz von KI im Recruiting

Ein wesentlicher Trend im Recruiting stellt der Einsatz von Künstlicher Intelligenz dar. Rund 28 Prozent der in einer Umfrage aus dem Jahr 2024 befragten Arbeitnehmer:innen sehen im Einsatz von KI bei der Jobsuche einen hohen Mehrwert. Einige Erfahrung – positive wie negative – haben Befragte schon mit der Nutzung von KI beim Erstellen ihres Anschreibens gesammelt. Rund 17 Prozent gaben an, schon einmal KI für die Erstellung von Anschreiben genutzt zu haben. Das größte Potenzial sehen Befragte beim Erstellen des Lebenslaufs sowie beim Recherchieren von Stellenausschreibungen. Jeweils über die Hälfte der Befragten konnten sich vorstellen, diese beiden Schritte des Bewerbungsprozesses mithilfe von KI durchzuführen. Die Nutzung für das Recruiting sehen Arbeitnehmende hingegen kritischer: während sich bei der Erstellung von Stellenanzeigen nur rund 22 Prozent der Befragten gegen eine Nutzung von KI aussprachen, wurde das Führen von Vorstellungsgesprächen mittels KI mit 52 Prozent deutlich negativer bewertet. Am höchsten war die Ablehnung bei der Frage, ob KI eigenständig die Entscheidung der Personalauswahl treffen sollte. Dies bewerteten 61 Prozent der Befragten negativ. Wie sich der Einsatz von KI im Recruiting etablieren wird, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. 

Key insights

IAB-Arbeitskräfteknappheits-Index
4,3
Fluktuationskoeffizient der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
31,6
Berufsgruppe mit den meisten offenen Arbeitsstellen
Verkaufsberufe

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