Daten und Fakten zum Grand Ethiopian Renaissance Dam
Geografischer und politischer Hintergrund
86 Prozent des Wassers, das in Ägypten durch den Assuan-Staudamm fließt, entspringt in Äthiopien. Bisher hat demnach vor allem Ägypten von dem Energiepotential des Nils profitiert. Bedingt wurde dieser Umstand durch zwei Faktoren: Zum einen durch Vereinbarungen zu Zeiten der Kolonialherrschaft Großbritanniens, die Ägypten ein Vetorecht gegen Wasserprojekte am Oberlauf einräumen und Verträgen zur Wassernutzung zwischen Sudan und Ägypten. Zum anderen ließen ein Mangel an finanziellen Mitteln und politischer Stabilität in Äthiopien die Konstruktion eines Projektes dieser Größe in der Vergangenheit nicht zu. Ägyptens hegemonialer Anspruch auf den Nil hat es der äthiopischen Regierung erschwert, internationale Finanzierung für den Staudamm zu bekommen, weshalb der Staudamm primär durch Anleihenverkäufe und Abgaben von Staatsbediensteten in Äthiopien finanziert wurde. Nur das Investment für Elektronik und Turbinen (ca. 1,8 Milliarden US-Dollar) wurden durch ausländische Investitionen aus China und den Golfstaaten übernommen.In 2011 begann die Konstruktion des GERD, welcher kurz vor der Grenze zu Sudan vom blauen Nil gespeist wird. Der blaue Nil ist vor dem weißen Nil und dem Atbara mit 56 Prozent der größte Zulieferer für den Nil und somit für die ägyptische Wasserversorgung.
Diplomatie um den Grand Ethiopian Renaissance Damn
Um den Bau des GERD zu stoppen versuchte Ägypten verschiedentlich durch Verbündete Druck auf die äthiopische Regierung auszuüben, was folgenlos blieb. Auch Drohungen, Äthiopien notfalls mit militärischen Mitteln zum Abbruch des Projektes zu zwingen, wurden nicht in die Tat umgesetzt. Ohne dass sich die Länder bisher diplomatisch einigen konnten, begann Äthiopien im Juli 2020 mit der Befüllung des Staudamms. Zentraler Konfliktpunkt ist derzeit, wie schnell der Damm befüllt wird. Äthiopien hat ein großes Interesse, möglichst schnell Nutzen aus den enormen Investitionen zu ziehen und Elektrizität zu produzieren. Allerdings wäre eine schnelle Befüllung von 3 bis 7 Jahren verheerend für Ägypten, das bei 3 Jahren Befüllungsdauer mit einem wirtschaftlichen Schaden von etwa 51 Milliarden US-Dollar rechnen müsste, was etwa 14 Prozent des ägyptischen Bruttoinlandsproduktes in 2020 entspricht.Die internationale Staatengemeinschaft ist in einem Dilemma gefangen, da sowohl die Versorgungssicherheit Ägyptens als auch die wirtschaftliche Entwicklung Äthiopiens von zentraler Bedeutung für die Stabilität in der Region sind.
Was sind die Folgen für die Umwelt?
Die Wasserknappheit und Versorgungsunsicherheit durch den Bau und die Befüllung des Damms erzeugt einige nachgelagerte Probleme. Auf äthiopischer Seite werden zum einen große Areale, die zuvor landwirtschaftlich genutzt wurden, geflutet und unbrauchbar für die Gemeinschaften vor Ort. Aber auch in Ägypten könnten ganze Landstriche für Landwirtschaft bis auf Weiteres verloren sein. Seen und andere Biotope könnten durch einen sinkenden Grundwasserspiegel aus dem Gleichgewicht geraten und Schaden nehmen.Ein dauerhaft niedriger Wasserstand im Nil und in den davon abgehenden Kanälen beeinflusst außerdem die Schifffahrt sowohl in Bezug auf Logistik und Handel als auch auf den Tourismus. Auch könnte es durch den niedrigen Wasserspiegel dazu kommen, dass salziges Meerwasser aus dem Mittelmeer weiter in das Nildelta vordringt und dort die Grundwasserqualität negativ beeinflusst. Und bei dem unwahrscheinlich aber nie auszuschließenden Bruch des Dammes dieser Größe wären die Folgen für Menschen und Städte stromabwärts wie zum Beispiel Sudans Hauptstadt Khartum verheerend.