Statistiken zu Äthiopien
Die Gesamtbevölkerung von Äthiopien beträgt geschätzt rund 123,4 Millionen Einwohner:innen (2022), womit das Land auch in der Liste der Länder mit der größten Einwohnerzahl (12. Platz) vertreten ist. Die Hauptstadt Addis Abeba ist mit ca. 5,2 Millionen Einwohner:innen (2022) die bevölkerungsreichste Stadt Äthiopiens sowie die zehntgrößte Stadt auf dem afrikanischen Kontinent.
Bevölkerungswachstum von Äthiopien verlangsamt sich
Die Bevölkerungsentwicklung von Äthiopien ist positiv, wenngleich sich das Bevölkerungswachstum seit dem Höhepunkt 2010 und der fortschreitenden Entwicklung des Landes verringert: Im Jahr 2022 wuchs die Gesamtbevölkerung von Äthiopien um rund 2,53 Prozent gegenüber dem Vorjahr - 2010 sind es noch rund 2,84 Prozent gewesen. Das positive Bevölkerungswachstum in Äthiopien ist primär auf das natürliche Bevölkerungswachstum (Geburten) zurückzuführen und nicht auf Einwanderung. Da die Fertilitätsrate in Äthiopien sinkt und im Jahr 2021 noch rund 4,16 Kinder je Frau betragen hat, verringert sich auch das allgemeine Bevölkerungswachstum im Land.Gegenwärtig weist das Land noch eine sehr junge Bevölkerungsstruktur auf, die abschwächende Bevölkerungsentwicklung spiegelt sich jedoch auch in den Prognosen zur Entwicklung des Durchschnittsalters wider. Zur Jahrtausendwende hat der Altersmedian der äthiopischen Bevölkerung rund 15,1 Jahre betragen - eine Hälfte der Bevölkerung ist jünger als 15,1 Jahre die andere Hälfte der Bevölkerung ist älter. Der Altersmedian steigt seitdem kontinuierlich auf ca. 18,6 Jahre im Jahr 2022 und prognostiziert rund 25,4 Jahre bis zum Jahr 2050. Zum Vergleich: In Deutschland, das eines der Länder mit der ältesten Bevölkerung weltweit ist, beträgt der Altersmedian im Jahr 2022 rund 44,8 Jahre.
Zwei weitere Indikatoren, die die zunehmende Entwicklung Äthiopiens zeigen, sind die stetig steigende Lebenserwartung im Land und die kontinuierlich sinkende Kindersterblichkeit. Innerhalb von 10 Jahren ist die Lebenserwartung in Äthiopien von rund 61,5 Jahren (2012) auf rund 65,6 Jahre in 2022 gestiegen. Die Kindersterblichkeit in Äthiopien ist von rund 74 Todesfällen je 1.000 Lebendgeburten im Jahr 2012 auf rund 44 Todesfälle je 1.000 Kinder im Jahr 2022 gesunken.
Dire größten ethnischen Volksgruppen im Vielvölkerstaat Äthiopien (2022) sind die Oromo mit einem Bevölkerungsanteil von rund 35,8 Prozent, die Amhara mit einem Anteil von rund 24,1 Prozent, sowie Somali (7,2 Prozent) und Tigray (5,7 Prozent). Die größten Religionsgemeinschaften in Äthiopien sind das Christentum und der Islam. Im Jahr 2020 waren geschätzt rund 62,6 Millionen Äthiopier:innen Anhänger einer christlichen (zumeist äthiopisch-orthodox) und rund 36,3 Millionen Äthiopier:innen Anhänger einer muslimischen Glaubensgemeinschaft (zumeist Sunniten).
Äthiopiens Wirtschaft
Äthiopien erwirtschaftete im Jahr 2021 ein Bruttoinlandsprodukt (BIP) von rund 99,3 Milliarden US-Dollar. Für 2022 wird ein Anstieg des BIP auf rund 111,2 Milliarden US-Dollar erwartet. Äthiopien ist eine der größten Volkswirtschaften in Afrika. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl ergibt sich für Äthiopien im Jahr 2021 ein BIP pro Kopf von rund 996 US-Dollar, für 2022 wird mit einem Anstieg auf rund 1.100 US-Dollar gerechnet, womit das Land jedoch weiterhin nicht in der Rangliste der Länder Afrikas mit dem höchsten Bruttoinlandsprodukt pro Kopf vertreten sein wird.Das Wirtschaftswachstum in Äthiopien ist seit 2004 positiv mit teils zweistelligen Wachstumsraten, die typisch für Schwellenländer in der Transformation sind: Im Jahr 2021 ist die Wirtschaft Äthiopiens um rund 6,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr gewachsen, für 2022 wird ein BIP-Wachstum von rund 3,8 Prozent erwartet. Die Inflationsrate in Äthiopien ist mit rund 26,8 Prozent (2021) hoch und soll im Jahr 2022 auf rund 33,6 Prozent steigen, bevor für die kommenden Jahre ein Absinken der Teuerungsrate prognostiziert wird. Die Arbeitslosenquote von Äthiopien steigt seit 2019 an und erreichte im Jahr 2022 geschätzt rund 4 Prozent. Für 2023 wird eine Stagnation bei 4 Prozent erwartet.
Äthiopien in der Transformation: Vom Agrarstaat zum Schwellenland
Äthiopien ist zwar eine der größten Volkswirtschaften Afrikas, aber anders als u.a. Nigeria, Südafrika oder Angola keine Rohstoffökonomie, sondern (noch) ein Agrarstaat. Mehr als ein Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung des Landes wird in der Landwirtschaft generiert. Die Landwirtschaft hat 2021 rund 35,6 Prozent zu der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung beigetragen, die Industrie rund 21,9 Prozent und der tertiäre Dienstleistungssektor rund 36,3 Prozent. Das Land unternimmt enorme Anstrengungen, um den Wandel zum Schwellenland mit eigener Industrieproduktion voranzutreiben und erzielte bereits Fortschritte auf diesem Weg. Innerhalb von 10 Jahren haben sich die Anteile der Wirtschaftssektoren am Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Äthiopien insbesondere zugunsten der Industrie verschoben, die 2011 rund 9,7 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt des Landes beigetragen hat.Außenhandel (Export/Import) von Äthiopien
Im Jahr 2021 exportierte Äthiopien Güter im Wert von rund 4 Milliarden US-Dollar. Im gleichen Jahr importierte Äthiopien Waren im Wert 15,7 Milliarden US-Dollar. Die Handelsbilanz von Äthiopien ist dementsprechend im Jahr 2021 negativ gewesen. Das Handelsbilanzdefizit von Äthiopien hat im Jahr 2021 rund 11,7 Milliarden US-Dollar betragen.Die wichtigsten Importgüter für Äthiopien sind Getreide und Getreideerzeugnisse (SITC Abschnitt 04). Mit einem Importwert von rund 1,9 Milliarden US-Dollar entfallen im Jahr 2021 rund 12,4 Prozent der gesamten Importe nach Äthiopien auf die Güter Getreide und Getreideerzeugnisse. Der Import von pflanzlichen Fetten und fetten Ölen (SITC Abschnitt 42) ist mit einem Importanteil von rund 9,3 Prozent für Äthiopien die zweitwichtigste Warengruppe im Einfuhrhandel des Jahres 2021, gefolgt von Straßenfahrzeugen (SITC Abschnitt 78) mit einem Importanteil von rund 7,6 Prozent. Insbesondere die steigenden Weltmarktpreise für Getreide stellen das Land vor eine Herausforderung.
Die wichtigsten Exportländer für Äthiopien sind Somalia mit einem Exportanteil von rund 11,8 Prozent, gefolgt von den USA mit einem Exportanteil von rund 10,8 Prozent und Deutschland, auf das rund 8 Prozent der gesamten äthiopischen Ausfuhren entfallen (jeweils 2021).
Bei den wichtigsten Importpartnern für Äthiopien dominiert China als wichtigster Handelspartner: Rund 26,4 Prozent der gesamten Importe nach Äthiopien entfallen auch China, gefolgt von Indien mit einem Importanteil von rund 15,7 Prozent und der USA mit einem Importanteil von rund 7,6 Prozent (jeweils 2021).
Im Ursprungsland des Kaffee - wichtigstes Exportgut von Äthiopien
Äthiopien gilt als Wiege des Kaffees und dessen Kultivierung. Kaffee ist weiterhin das wichtigste Exportgut Äthiopiens, dessen Anteil an den gesamten Exporten des Landes im Jahr 2021 rund 39,6 Prozent betragen hat. Äthiopien hat auch heute noch eine wichtige Bedeutung im weltweiten Kaffeeanbau- und Handel:
- Mit einer Anbaufläche von rund 857.000 Hektar (2021) belegt Äthiopien den vierten Platz der führenden Anbauländer von Kaffee weltweit nach Fläche
- Auf dieser Fläche erntete das Land rund 585.000 Tonnen Kaffee (2021) womit Äthiopien das fünftgrößte Erzeugerland von Kaffee nach Erntemenge ist
- Rund 4,9 Prozent beträgt der Anteil Äthiopiens an der weltweiten Kaffeeernte (2021)
Der Konflikt um das Nilwasser: Der Bau des Grand Ethiopian Renaissance Dam (GERD)
Ohne eine gesicherte Wasserversorgung wäre die landwirtschaftliche Produktion nicht möglich. Mehr als 90 Prozent des äthiopischen Wasserverbrauches entfällt auf die Landwirtschaft. Äthiopien ist in der glücklichen Lage über große erneuerbare Wasserressourcen zu verfügen und diese Ressourcen zusätzlich auch zur Energiegewinnung nutzen zu können. Mit dem Grand Ethiopian Renaissance Dam (GERD) hat Äthiopien einen der größten Stauseen Afrikas errichtet, dessen Wasserkraftwerk auch das größte seiner Art Afrikas ist. Für Äthiopien bietet der GERD enorme Chancen zur Entwicklung und Elektrifizierung des Landes, für andere afrikanische Staaten stellt die Stauung des blauen Nils jedoch eine Bedrohung dar, die zu Konflikten mit Äthiopien führt:Auch in Ägypten besitzt der Agrarsektor eine herausragende nationale Bedeutung. Rund 79,2 Prozent des Gesamtwasserverbrauchs in Ägypten entfällt auf die Landwirtschaft. Anders als in Äthiopien besitzt Ägypten jedoch nur über marginale interne erneuerbare Wasserressourcen - Ägyptens Wasserversorgung ist komplett abhängig vom Zufluss des externen Nilwassers.
Die ägyptische Regierung bewertet insbesondere die schnelle Stauung des Nils in Äthiopien als Bedrohung der eigenen nationalen Sicherheit, da sich hierdurch die Durchflussmenge nach Ägypten deutlich verringert. Ägypten ist eine regionale Militärmacht und hat bereits erste Drohungen ausgesprochen, notfalls auch mit militärischen Mitteln den Wasserzufluss des Nils durch den Sudan nach Ägypten zu gewährleisten, falls sich die Durchflussmenge zu sehr verringern sollte. Diese Drohung ist ernst zu nehmen, da Ägypten einerseits tatsächlich zwingend auf das Nilwasser angewiesen ist und andererseits auch über die militärischen Fähigkeiten verfügt diese Drohung wahr werden zu lassen. Der Vergleich der militärischen Stärke zwischen Ägypten und Äthiopien (2022) dokumentiert die allgemein deutliche militärische Überlegenheit der ägyptischen Streitkräfte gegenüber Äthiopien. Entscheidend wären im konkreten Konfliktfall die Kräfteverhältnisse im Luftkampf und insbesondere im Vergleich der Luftstreitkräfte der Nil Anrainerstaaten Ägypten, Uganda, Sudan und Äthiopien zeigt sich die deutliche Luftüberlegenheit des ägyptischen Militärs. Hinzu kommt, dass Äthiopien durch die Bürgerkriegszustände in seiner nördlichen Provinz Tigray bereits militärisch gebunden ist und die Gefahr droht, dass sich der teilweise ethnisch-politisch begründete Konflikt auf das gesamte Land auszuweiten droht. Im Hinblick auf die Rechtstaatlichkeit in Äthiopien zeigen sich bereits negative Entwicklungen.
Rechtsstaatlichkeit in Äthiopien
Die Analysten des Freedom in the World Freiheitsindex für Äthiopien bewerten das Land derzeit als "nicht frei", obschon seit 2018 geringfügige Verbesserungen registriert wurden. Für das Jahr 2022 erzielt das Land 11 von 60 möglichen Punkten in der Bewertung der bürgerlichen Rechte und 12 von 40 Punkten im Bereich der politischen Rechte.In den zweijährlich veröffentlichten Ergebnissen des Bertelsmann Transformationsindex (BTI) für Äthiopien, der die Qualität von Demokratie, Marktwirtschaft und politischem Management in 137 Entwicklungs- und Transformationsländern untersucht, zeigt sich in der Bewertung von 2022 eine deutliche Verschlechterung Äthiopiens im Zuge des Tigray-Konfliktes im Jahr 2020.
Diese Entwicklung wird auch im Fragile States Index (FSI) für Äthiopien bestätigt. Insgesamt verschlechterte sich Äthiopien von Platz 21 im Jahr 2020 auf Platz 13 von 178 Staaten im Jahrgang 2022, womit die Stabilität des äthiopischen Staates mit "Alert" (Alarm) kritisch bewertet wird.