Der westafrikanische Staat weist insgesamt eine sehr junge Bevölkerungsstruktur auf: Das Durchschnittsalter (Medianalter) in Nigeria von circa 17 Jahren (2021) ist zwar im internationalen Vergleich insgesamt sehr niedrig, Nigeria ist aber nur knapp in der Rangliste der Länder mit dem niedrigsten Durchschnittsalter weltweit vertreten, da insbesondere viele afrikanische Staaten einen noch jüngere Bevölkerung aufweisen. Das geringe Medianalter der Bevölkerung ist auch bedingt durch die niedrige Lebenserwartung in Nigeria, die nur bei rund 54 Jahren liegt (2022) und damit weit unter dem Niveau der Industriestaaten und anderer Schwellenländer. Zum Vergleich: Die niedrigste Lebenserwartung in Europa weist die Republik Moldau mit rund 71 Jahren auf (2021). Zwar beträgt die Fertilitätsrate Nigerias im Jahr 2020 rund 5,25 Kinder je Frau und ist damit eine der höchsten Fertilitätsraten weltweit. Doch gleichzeitig ist Nigeria eines der Länder mit der höchsten Säuglingssterblichkeit weltweit. In Nigeria starben im Jahr 2020 geschätzt rund 72,2 von 1.000 Lebendgeborenen, d.h., mehr als sieben Prozent aller Säuglinge in Nigeria erreichen nicht das zweite Lebensjahr.
HIV und Tuberkuloseerkrankungen - Nährboden für Coronavirus?
Nigeria sieht sich mit einer hohen Anzahl von HIV-Infektionen und Tuberkulose konfrontiert, die sich auch in den Mortalitätszahlen der Tuberkuloseerkrankten widerspiegelt.Inwiefern sich ein Ausbruch der vom Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit COVID-19 auf die Mortalitätszahlen von HIV und/oder Tuberkuloseerkrankten auswirkt, lässt sich gegenwärtig noch nicht abschließend beantworten. Erste internationale medizinische Studien deuten jedoch darauf hin, dass Tuberkulosepatient:innen eine bis zu dreifach erhöhte Sterblichkeitsrate haben, wenn sie zusätzlich an Covid-19 erkranken.
Ist Nigeria eine regionale Wirtschaftsmacht?
Nigeria ist sicherlich eine regionale Wirtschaftsmacht aber keine regionale Führungsmacht. Nigeria ist mit einem Bruttoinlandsprodukt von rund 441,5 Milliarden US-Dollar (2021) die größte Volkswirtschaft Afrikas. Der geopolitische Rivale Südafrika weist zwar insgesamt ein geringeres BIP auf, in Bezug auf die Einwohnerzahl relativiert sich der Abstand jedoch. Während Südafrika mit rund 6.950 US-Dollar (2021) das sechsthöchste BIP pro Kopf Afrikas zählt, ist Nigeria mit einem BIP pro Kopf von rund 2.089 US-Dollar (2021) nicht in der Rangliste vertreten.Nigeria gehört neben Mexiko, Indonesien und der Türkei zu den MINT-Staaten. Diesen vier Schwellenländern werden in den nächsten Jahren und Jahrzehnten hohe Wachstumsraten und eine ansteigende Mittelschicht prognostiziert. Das Wirtschaftswachstum in Nigeria hat im Jahr 2021 rund 3,65 Prozent betragen; für 2022 werden 3,4 Prozent erwartet. Im ersten Jahr der Corona-Pandemie 2020 ist das BIP Nigerias um rund 1,8 Prozent gesunken. Alles in allem sind die Wachstumsraten 2021 und 2022, auch in Anbetracht der Nachholeffekte durch die Pandemie, zu gering für ein Schwellenland. Die Arbeitslosigkeit in Nigeria ist ab dem Jahr 2015 rapide angestiegen; die Arbeitslosenquote betrug 2018 geschätzt etwa 22,6 Prozent. Aktuellere Arbeitsmarktzahlen sind derzeit nicht verfügbar. Die Inflationsrate lag 2021 bei rund 17 Prozent und für 2022 wird eine Preissteigerung von rund 16,1 Prozent prognostiziert. Damit gehörte Nigeria zu den 20 Ländern mit der höchsten Inflationsrate im weltweiten Vergleich.
Dutch Disease
Im Jahr 2021 exportierte Nigeria Waren im Wert von rund 46,1 Milliarden US-Dollar und importierte Güter für circa 74,7 Milliarden US-Dollar. Das Land zählt damit weder zu den größten Exportländern noch zu den bedeutendsten Importnationen. Für das Jahr 2022 wird Nigeria sehr viel höhere Exportzahlen vorweisen, da durch die internationale Nachfrage nach Öl der Ölpreis stark gestiegen ist und der Verkauf von Öl die Haupteinnahmequelle Nigerias ist.Nigeria wird als Beispiel für den Ressourcenfluch genannt, der in einer akzentuierten Form auch als Dutch Disease oder holländische Krankheit bekannt ist. Hiermit wird das Phänomen beschrieben, dass Staaten, die über hohe Vorkommen nachgefragter Bodenschätze verfügen im Grunde einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber ressourcenarmen Staaten haben müssten und sich dieser Vorteil u.a. in höheren Wachstumsraten des BIP widerspiegeln müsste, häufig jedoch das Gegenteil der Fall ist. Es wird argumentiert, dass der Ressourcenreichtum die Diversifikation der Wirtschaft hemmt und Korruption begünstigt. Im speziellen Fall der Dutch Disease kommt erschwerend hinzu, dass die hohe Exporterlöse der Rohstoffe die Wechselkurse der Landeswährung erhöhen, Importe zwar "billiger" werden aber gleichzeitig die Exporte teurer werden, was wiederum die Wettbewerbsfähigkeit der übrigen Industrien schwächt und die Abhängigkeit des Staates von den Rohstoffexporten steigen lässt. Nigeria besitzt die elfthöchsten Ölreserven (2020) und die neuntgrößte Erdölförderung weltweit. Rund 76,3 Prozent der nigerianischen Exporte entfielen 2021 auf Erdöl, Erdölerzeugnisse und verwandte Produkte (SITC Abschnitt 33). Nigerias Abhängigkeit von den Rohstofferlösen lässt sich auch in der Gegenüberstellung der Preisentwicklung ausgewählter OPEC-Rohöle mit den Exporterlösen Nigerias ablesen. Die wichtigsten Handelspartner für Nigeria im Export sind Indien, Spanien und Frankreich. Die wichtigsten Importpartner für Nigeria sind China, die Niederlande und Indien.
Die Staatsverschuldung von Nigeria hat im Jahr 2021 rund 37 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen; sie ist nach 2008 (7,3 Prozent) deutlich gestiegen. Die Staatsverschuldung von Nigeria ist aber im Vergleich afrikanischer Länder oder auch im weltweiten Vergleich, weiterhin sehr niedrig. Das Staatsdefizit lag 2021 bei geschätzt rund 6,4 Prozent des BIP.
Nigeria - Demokratie mit Defiziten
Nigeria weist eine hohe wahrgenommene Korruption nach dem Corruption Perceptions Index (CPI) auf: Das Land belegt den 154. Platz von 180 untersuchten Staaten (2021). In der Bewertung des Fragile States Index hat sich die Einschätzung in den vergangenen Jahren nur geringfügig verändert und Nigeria wird weiterhin als einer der fragilsten Staaten Afrikas bewertet.Die Analyse von Demokratie und Marktwirtschaft nach dem Bertelsmann Transformationsindex BTI kommt zu vergleichbaren Ergebnissen, wenngleich sich die Bewertung in der jüngsten Vergangenheit deutlich verschlechterte: Die noch recht junge Demokratie (die Militärdiktatur endete 1999) wird im Index für Demokratie als "gemäßigte Autokratie", der Governance-Status als "schwach" und die Marktwirtschaft als "schlecht funktionierend" bewertet.