Strompreise in Deutschland: Auswirkungen der Energiewende auf den Strommarkt
Strompreise im Fokus: Belastung für Haushalte und Chancen für die Industrie
Die Strompreise in Deutschland haben sich in den vergangenen Jahren erheblich verändert und sind für Haushalte, wie auch für die Industrie zu einem bedeutenden Kostenfaktor geworden. Im Jahr 2023 lag der durchschnittliche Strompreis für private Haushalte bei etwa 48 Cent pro Kilowattstunde im Grundversorgungsvertrag. Die durchschnittliche Stromrechnung eines 3-Personen-Haushalts belief sich 2024 auf 120,61 Euro pro Monat. Zehn Jahre zuvor waren es noch 85 Euro pro Monat.Viele Grundversorger kündigten zum Jahreswechsel 2025 Preissenkungen an. Eine Verivox-Analyse ergab: bei rund einem Viertel der untersuchten Grundversorger werden die Preise um durchschnittlich zehn Prozent sinken. Laut Bundesnetzagentur bezogen zuletzt 24 Prozent der Haushalte ihren Strom über Grundversorgungsverträge. Ein Anbieterwechsel kann beim Sparen helfen.
Der Strompreis setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen: Neben den reinen Erzeugungskosten machen Steuern, Abgaben und Umlagen fast die Hälfte des Endpreises für Haushalte aus. Eine weitere große Komponente sind die stetig steigenden Netzentgelte mit aktuell 28 Prozent Anteil. Die Netzentgelte sind Gebühren, die Verbraucher und Unternehmen für die Nutzung der Stromnetze an Netzbetreiber zahlen. Sie finanzieren den Betrieb, die Wartung und den Ausbau der Netzinfrastruktur. Im Bundesländervergleich sind die Netzentgelte im Norden tendenziell höher als im Süden, da der starke Ausbau von Wind- und Solarkraft mit einer kostenintensiven Integration in die Netze einhergeht. Die Bundesnetzagentur plant, die Kostenverteilung mithilfe einer bundesweiten Umlage zu reformieren. Die Übertragungsnetzbetreiber kündigten hingegen an, die Netzentgelte 2025 um durchschnittlich 3,4 Prozent anzuheben.
Auch die Industrie sieht sich steigenden Strompreisen gegenüber, allerdings in deutlich unterschiedlicher Ausprägung. Je nach Verbrauchsmenge und Branchenzugehörigkeit lagen die Preise für Unternehmen 2023 im Mittel zwischen etwa 23 und 33 Cent pro Kilowattstunde, wobei energieintensive Betriebe oftmals von Entlastungen profitieren. Diese Ausnahmen sollen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie sichern, führen aber gleichzeitig zu einer Kostenverlagerung auf private Verbraucher und kleinere Unternehmen. Die Energiekrise von 2022, ausgelöst durch den starken Anstieg der Gaspreise und geopolitische Spannungen, verschärfte die Situation zusätzlich. Temporär stiegen die Börsenstrompreise auf ein Rekordniveau, was sich direkt auf die Endverbraucherpreise auswirkte. Gleichzeitig beeinflusst der Ausbau erneuerbarer Energien die Preisstruktur: Während die Einspeisung von Wind- und Solarstrom die Erzeugungskosten langfristig senken kann, machen die wetterbedingten Schwankungen flexible Netzausbau- und Speicherlösungen erforderlich – Kosten, die über steigende Netzentgelte und Umlagen gedeckt werden.
Dynamische Stromtarife: Eine Notwendigkeit für die Energiewende
Mit dem fortschreitenden Ausbau erneuerbarer Energien steigt die Abhängigkeit des Stromsystems von Wetterbedingungen. Dies führt nicht nur zu Zeiten hoher Nachfrage und damit steigender Preise, sondern auch zu Situationen, in denen Strom im Überfluss vorhanden ist – etwa bei starkem Wind oder intensiver Sonneneinstrahlung. In solchen Momenten können negative Strompreise auftreten: Das bedeutet, dass Stromanbieter dafür zahlen, dass Verbraucher den überschüssigen Strom abnehmen, um das Netz zu entlasten.Dynamische Stromtarife schaffen hier Anreize für Verbraucher, ihren Stromverbrauch gezielt in solche Phasen zu verlagern. So kann beispielsweise günstiger oder sogar vergüteter Solarstrom am Mittag genutzt werden, während in Zeiten geringer Einspeisung – etwa an windstillen Abenden – der Verbrauch reduziert wird. Dynamische Tarife setzen sich aus einem festgelegten Grundpreis sowie einem Arbeitspreis zusammen. Letzterer orientiert sich an den Preisen auf dem Strommarkt, die sich stündlich oder sogar viertelstündlich ändern können. Verbraucher mit einem entsprechenden Tarif und einem dafür notwendigen intelligenten Stromzähler (Smart Meter) profitieren direkt von niedrigen Preisen, wenn Strom im Überfluss vorhanden ist, und zahlen mehr in Zeiten hoher Nachfrage. Dies trägt nicht nur zur Entlastung der Stromnetze bei, sondern fördert auch eine effizientere Nutzung erneuerbarer Energien und reduziert die Notwendigkeit teurer Eingriffe wie Netzabschaltungen oder Einspeisebegrenzungen. Dynamische Stromtarife bringen jedoch auch Risiken mit sich: Die Unvorhersehbarkeit der Preise erschwert die langfristige Kostenplanung, und die Komplexität der Tarife erfordert von den Verbrauchern ein höheres Maß an Flexibilität und technischem Verständnis.
Der rechtliche Rahmen für die Umsetzung dynamischer Tarife wurde zuletzt mit dem Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende aus dem Jahr 2023 erheblich erweitert. Bis 2032 sollen Smart Meter flächendeckend eingeführt werden. Ab 2025 sind zudem alle Stromlieferanten dazu verpflichtet, einen dynamischen Tarif anzubieten. Diese gesetzlichen Neuerungen schaffen die Grundlage für eine flexiblere und effizientere Nutzung von Strom, fördern die Integration erneuerbarer Energien und tragen dazu bei, die Energiewende in Deutschland voranzutreiben.