Ergebnis der Parlamentswahlen in der Türkei 2011
CHP erstmals mit neuem Spitzenkandidaten Kemal Kılıçdaroğlu
Kemal Kılıçdaroğlu löste Deniz Baykal 2010 als Parteivorsitzenden der CHP ab und veränderte den Kurs der CHP deutlich. Deniz Baykal wurde allgemein als schwacher Parteichef und Oppositionsführer bewertet, unter dessen Ägide sich die CHP zunehmend politisch nach rechts entwickelte und insbesondere unter den progressiven Säkularisten und Kemalisten an Zustimmung und Bedeutung verlor. Kemal Kılıçdaroğlu hingegen schärfte das historische kemalistische Profil der CHP und akzentuierte die Partei als reales Gegengewicht zur sich zunehmend anti-säkular entwickelnden AKP. Kemal Kılıçdaroğlu profilierte sich als schärfster Kritiker der AKP unter Erdogan, dem er u.a. zunehmend diktatorische Züge unterstellte.Wahlreform 2008 – Vereinfachte Teilnahme für Auslandstürk:innen
Aufgrund einer Gesetzesänderung vom 22.März 2008 ist es den wahlberechtigten türkischen Staatsangehörigen erstmals von ihrem Aufenthaltsland aus möglich, an Parlaments- und Präsidentschaftswahlen sowie nationalen Volksbefragungen in der Türkei teilzunehmen. Bis zur Gesetzesänderung mussten die Auslandstürk:innen zur Stimmabgabe in die Türkei einreisen. Insgesamt war die Wahlbeteiligung im Ausland jedoch zu niedrig und die Stimmen der türkischen Wahlberechtigten im Ausland bei den Parlamentswahlen 2011 hatten nur marginalen Einfluss auf das Ergebnis insgesamt.An der hohen Sperrklausel von zehn Prozent scheiterten alle weiteren Parteien. Allerdings haben sich bereits im Vorfeld etliche kleine und regionale Parteien, wie die pro-kurdische BDP auf die Wahl vorbereitet, indem ihre aussichtsreichen Kandidaten formal aus den Parteien austraten und als Unabhängige kandidierten. Direkt gewählte unabhängige Kandidaten sind nicht von der Sperrklausel betroffen. Insgesamt 35 Unabhängige - mehr als je zuvor - konnten auf diesem Wege ein Parlamentsmandat erringen und nach der Wahl rechtskonform wieder ihren Parteien beitreten.