Nach einem pandemiebedingten Rückgang der Streikaktivitäten hat die Anzahl der Arbeitsniederlegungen 2021 nach Schätzungen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung wieder das gewohnte Niveau erreicht. Waren es 2020 nur 157 Streiks, stieg die Zahl im vergangenen Jahr auf 221, rund 917.000 Menschen waren daran beteiligt. Wie unsere Grafik zeigt, ist die Anzahl der Arbeitsniederlegungen seit 2015 relativ konstant geblieben.
Mit Ausnahme des ersten Pandemiejahres lag der vorherige Tiefpunkt in den vergangenen sechs Jahren bei 197 Streiks im Jahr 2017, die größte Anzahl an Arbeitskämpfen fand 2019 statt. Die häufigsten Gründe für häufig gewerkschaftlich organisierte Streikaktivitäten sind laut des WSI Unstimmigkeiten bei Haus-, Firmen- oder Konzerntarifverträgen. In der Vergangenheit fanden nahezu jedes Jahr mehr als die Hälfte aller Niederlegungen im Dienstleistungssektor statt, 2021 waren es lediglich etwa 40 Prozent. Von den 88 Streiks in diesem Bereich entfiel ein Großteil auf das Gesundheitswesen, die Finanzdienstleistungen und den Verkehrsbereich. Zu den öffentlichkeitswirksamsten Streiks im vergangenen Jahr gehörten unter anderem die Arbeitsniederlegung in Charité- und Vivantes-Krankenhäusern in Berlin und die Arbeitskampfaktionen beim Lieferdienst-Startup Gorillas.
Im weltweiten Vergleich liegt Deutschland mit neun ausgefallenen Arbeitstagen pro 1.000 Beschäftigte im Jahr 2020 im Mittelfeld. Angeführt wird die Liste von Kanada (87), Finnland (82) und Norwegen (55). Das vom WSI erstellte Ranking kann laut eigenen Aussagen allerdings nur bedingt für Vergleiche herangezogen werden, da Arbeitskämpfe in vielen Ländern unterschiedlich erfasst werden. Italien und Griechenland führen beispielsweise keine nationale Streikstatistik mehr, in Spanien fließen die Generalstreiks nicht in die Schätzungen ein und in den USA müssen mindestens 1.000 Menschen beteiligt sein, damit ein Arbeitskampf den Weg in die Statistik findet.