Meinungsumfrage zur Parlamentswahl in der Türkei 2023
Wird Präsident Recep Tayyip Erdoğan mit der AKP erneut die Regierung stellen?
Bei der vorigen Parlamentswahlen der Türkei im Jahr 2018 erzielte die AKP allein einen Stimmenanteil von rund 42,6% der gültigen Stimmen. Die AKP bildete mit der nationalistischen BBP eine Wahlliste und zusammen mit der rechtsextremen MHP das gemeinsame Wahlbündnis "Volksallianz", das insgesamt rund 53,66 Prozent der gültigen Stimmen erzielte und derzeit die Regierung bildet.Zwei neue Parteien im Wahlbündnis "Volksallianz" - Kurdische Extremisten der HÜDA-PAR und Anti-Zionisten der YRP unterstützen die AKP
Am 24. März 2023 sind dem Wahlbündnis der AKP zwei weitere Parteien beigetreten: Mit der HÜDA-Par (Partei der freien Sache) ist der parlamentarische Arm der verbotenen türkisch-kurdischen Terrororganisation Hizbullah (Schwesterorganisation der iranischen Hezbollah) dem Wahlbündnis Volksallianz beigetreten. Die HÜDA-Par vertritt zwar auch die kurdische Minderheit und deren Belange, im Gegensatz zur links-progressiven HDP tritt sie jedoch nicht direkt für ein freies Kurdistan ein, sondern primär für die religiöse Öffnung der Türkei, die Abkehr vom Laizismus und perspektivisch für die Einführung der Scharia. Sie wird nicht eigenständig antreten, sondern über die gemeinsame Liste der AKP zu wählen sein.Mit der YRP wird auch ein parlamentarischer Arm der islamischen Millî Görüş Bewegung im Wahlbündnis der AKP vertreten sein. Die YRP (Wohlfahrtspartei) wird eigenständig innerhalb des Wahlbündnisses antreten. Mit der Einführung der Scharia und dem Ende des Laizismus in der Türkei identifiziert sich auch die YRP, ergänzt um anti-zionistische Weltverschwörungstheorien und alternative Interpretationen wissenschaftlicher Fakten. Gründer und Vorsitzender der Partei ist Fatih Erbakan, der in der Türkei nicht nur wegen seines Vaters, dem ehemaligen Ministerpräsidenten Necmettin Erbakan und Mitbegründer der panislamischen Millî Görüş -Bewegung größere Bekanntheit erlangte, sondern auch wegen seiner Interpretationen zur Entstehung des Corona-Virus ("zionistische Verschwörung") und der Ablehnung der Corona-Impfstoffe, die seiner Meinung nach Bestandteil der zionistischen Weltverschwörung seien und darauf abzielen, das Erbgut so zu verändern, dass Geimpfte "affenähnliche, einäugige Kreaturen" gebären könnten. Trotz hoher Impfquote in der Türkei sind bisher keine Meldungen über vermehrte Geburten genetisch veränderter Kinder bekannt geworden.
Die CHP ist momentan Mitglied des oppositionellen Bündnisses "Bündnis der Nation" ⁴. Auch für die kommenden Parlamentswahlen 2023 wird das Bündnis, das derzeit aus den Parteien CHP, İYİ, DEVA, SP, GP und DP besteht, antreten. Die SP und die DP werden vermutlich wieder jeweils gemeinsame Wahllisten mit einer größeren Partei aus dem Wahlbündnis stellen und nicht einzeln antreten. Internationalen Beobachtern zufolge gilt die Wiederwahl der AKP derzeit als unsicher. Insbesondere die galoppierende Inflation in der Türkei hat die Zustimmungswerte der AKP und des Präsidenten erodieren lassen.
Welchen Einfluss hat das Erdbeben auf die Wahl in der Türkei?
Die verheerenden Erdbeben Anfang Februar mit über 45.000 Toten in der Türkei haben die Ausgangslage im Wahlkampf nochmals völlig verändert: Der türkischen Regierung und insbesondere Präsident Erdogan selbst werden in diesem Zusammenhang massive personelle Fehlentscheidungen und miserables Krisenmanagement vorgeworfen. Die Liste der Kritikpunkte ist lang: Erdogan hat die Katastrophenbehörde des Landes mit einem fachfremden Theologen besetzt, Warnungen türkischer Wissenschaftler:innen vor dem Erdbeben wurden von der Regierung ignoriert, die Erdbebensteuer, deren Erlöse eigentlich für Maßnahmen zur Erdbebensicherheit gedacht war, zweckentfremdet, hunderttausende illegale, nicht erdbebensichere Gebäude wurden nachträglich gegen eine "Gebühr" legalisiert, nicht-staatliche Ersthelfer:innen wurden mitten in Rettungseinsätzen durch staatliche Rettungstrupps verdrängt, um die staatlichen Rettungsbemühungen medial in ein besseres Licht rücken zu können usw.Auf Kritik im Inland reagierte die türkische Regierung wie so oft in der jüngeren Vergangenheit mit Repressionen gegen die Kritiker:innen. Journalist:innen und Wissenschaftler:innen , die kritisch berichteten wurden verhaftet, Twitter kurzzeitig vom Netz genommen und hunderte Strafverfahren gegen kritische Bürger:innen eröffnet. Dieses Vorgehen wurde bereits mit Einführung des neuen Gesetzes gegen Desinformation erwartet