Die Einkommensungleichheit in Deutschland wird in Krisenzeiten geringer und in Boomzeiten größer. Das zeigt die Statista-Grafik auf Basis von Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Die Forscher haben dafür untersucht, wie die Einkommensverteilung in Deutschland mit dem Konjunkturzyklus seit 1980 zeitweise schwankt. Dabei haben sie entdeckt, dass sich insbesondere die Nettoeinkommen während Rezessionen etwas angleichen und sich in den Boomphasen auseinanderentwickeln. In Zahlen bedeutet das: der Gini-Koeffizient, der die Ungleichheit bei Nettoeinkommen beschreibt, weicht in Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs um Plus 0,15 Prozentpunkte vom Trend ab. In Rezessionen hingegen weicht der Gini-Koeffizient um Minus 0,36 Prozentpunkte vom Trend ab. Bei den Bruttoeinkommen ist die Abweichung jeweils etwas geringer, weist jedoch jeweils in dieselbe Richtung. Die Punkteskala des Gini-Index reicht von 0 bis 1 (0 und 100 Prozent), wobei 0 für vollständige Gleichheit und 1 (100 Prozent) für maximale Ungleichheit steht.
Der Grund für dieses Phänomen liegt laut Forschern darin, dass die Personen mit den höchsten Nettoeinkommen stärkere Verluste in Krisen beziehungsweise höhere Gewinne in Erholungsphasen verzeichnen. Dies erhöhe beziehungsweise senke den Anteil derjenigen mit niedrigeren Einkommen am Gesamteinkommen. Den Effekt der Corona-Pandemie auf die Einkommensverteilung konnten die Forscher noch nicht endgültig klären. Erste Auswertungen deuten darauf hin, dass die Einkommensungleichheit seit dem Jahr 2019 etwas zurückgegangen ist. Inwieweit die Änderungen der Einkommensverteilung von Dauer seien oder sich im Zuge der wirtschaftlichen Erholung umkehren, sei noch unklar. Diese Unterscheidung sei wichtig für die Ausgestaltung der Wirtschaftspolitik und für die Entscheidung über stabilisierende wirtschaftspolitische Maßnahmen.
Laut Studien der Hans Böckler Stiftung sind die Einkommen in Deutschland heute ungleicher verteilt als vor zwei bis drei Jahrzehnten. Die Vermögen seien insgesamt stärker konzentriert als in fast allen anderen Euro-Ländern. Die soziale Mobilität sei dabei gering: Reiche bleiben meist reich, Arme arm, der soziale Status der Kinder hängt stark vom Elternhaus ab.