Sind die Sozialausgaben in Deutschland besonders stark gestiegen und müssen deshalb gesenkt werden? Diese Frage ist auch Gegenstand der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD. Bei den nominalen Geldbeträgen gibt es einen jährlichen Zuwachs. Setzt man die Sozialausgaben jedoch ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, erhält man die Sozialleistungsquote. Sie wird in Prozent ausgedrückt und zeigt, wie viel von der gesamten Wirtschaftsleistung für soziale Sicherungssysteme wie Renten, Krankenversicherung, Arbeitslosenunterstützung und Sozialhilfe aufgewendet wird. Sie kann zeigen, ob die sich Sozialausgaben analog zur Wirtschaftsleistung des Landes entwickeln oder sich davon womöglich abgekoppelt haben. Wie die Statista-Infografik zeigt, ist diese Quote Schätzungen zufolge im Jahr 2023 auf 30,3 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gesunken, was dem tiefsten Stand seit 2019 entspricht. Zum ersten Mal ist die Quote im Jahr 2009 über die 30-Prozent-Marke gestiegen. Von 2011 bis 2018 blieb sie unter dieser Marke. Zugleich liegt sich heute deutlich höher als etwa noch in den 1980er und 1990er Jahren.
Betrachtet man die Zusammensetzung der Sozialleistungen nach Funktion, entfällt das Gros der Leistungen auf die Bereiche Alter und Krankheit. Hierfür ist in großen Teilen der demografische Wandel verantwortlich, der in Deutschland dafür sorgt, dass die Bevölkerung schrumpft und zugleich immer älter wird. Ein nominaler Anstieg der Sozialleistungen ist daher nur schwerlich zu verhindern. Laut einem Vergleich des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans Böckler Stiftung mit anderen Industrieländern zeigt sich zugleich, dass das Wachstum der realen öffentlichen Sozialausgaben in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren unauffällig gewesen ist: Unter 27 Ländern der Industriestaatenorganisation OECD, für die die aktuellsten Daten von 2002 bis 2022 verfügbar sind, liege Deutschland mit einem Zuwachs von 26 Prozent für den gesamten Zeitraum auf dem drittletzten Platz - die Bundesrepublik sei eines der Länder mit dem geringsten Wachstum. Alle Daten zusammengenommen - die Entwicklung der Sozialleistungsquote in Deutschland und der Vergleich mit anderen Ländern - sprechen somit dafür, dass von einem unverhältnismäßigem Wachstum der Sozialleistungen in Deutschland nicht gesprochen werden kann.