Die gestiegene Sensibilität gegenüber intransparenten Einflussnahmen hat den Lobbyismus selbst zum Gegenstand politischer Auseinandersetzung gemacht. Organisationen wie Lobbycontrol – selbst eine Lobbyvereinigung – setzen sich schon seit längerem für strengere Regeln ein. Im März 2021 erfüllte der Bundestag die Forderung nach mehr Kontrolle und Transparenz zumindest in Teilen: Er verabschiedete das Lobbyregistergesetz, das zum 1. Januar 2022 in Kraft trat. Bis zu diesem Zeitpunkt war nirgends aufgeführt, mit welchen Beträgen Interessenverbände in Deutschland Lobbyarbeit betreiben. Jetzt soll ein Lobbyregister für mehr Klarheit sorgen. Der Koalitionsvertag der Ampelregierung sieht außerdem eine weitere Verschärfung der Regeln vor: Zum Beispiel soll das Sponsoring von Parteien reguliert werden. Außerdem wird das neue Lobbyregister als Ergänzung eine sogenannte Lobby-Fußspur für Gesetze erhalten.
Die größten deutschen Lobbyorganisationen in Brüssel
Während Zahlen für Deutschland lange fehlten, haben Europäische Kommission und Europäisches Parlament bereits 2011 ein Transparenzregister für die EU-Institutionen eingeführt. Kernstück des Registers sind Schätzungen der Interessenvertretungen zu den jeweils eigenen jährlichen Ausgaben für Lobbying. Weil die Angaben freiwillig und weitgehend unkontrolliert erfolgen, gilt das Europäische Transparenzregister als eher unzuverlässig und unvollständig. Vermutlich werden Ausgaben auch tendenziell zu gering veranschlagt. Ungeachtet dessen ist das Register die Hauptinformationsquelle für Lobbying in Brüssel.
So viel zahlen die größten DAX-Konzerne für Lobbyarbeit in den USA
Anders als Deutschland führen die USA schon seit längerem ein öffentlich zugängliches und transparentes Lobbyregister. Von den 15 umsatzstärksten DAX-Konzernen investierten im Jahr 2022 13 Unternehmen in Lobbyarbeit auf US-Bundesebene. Allein Fresenius Medical Care veranschlagte seine Ausgaben für Lobbyismus in Washington 2022 auf über sieben Millionen Dollar.
Die mächtigsten Lobbyisten der EU
Nicht nur deutsche Organisationen bemühen sich um Gehör in der EU-Politik – auch wenn es in Brüssel besonders viele Interessenvertretungen aus Deutschland gibt. Betrachtet man alle Herkunftsländer, gehören zu den größten Lobbyisten in der EU nach Budget viele PR- und Kommunikationsfirmen, die im Auftrag ihrer Kunden Lobbyarbeit betreiben. Die PR-Agentur Fleishman-Hillard ließ sich ihre Lobbyaktivitäten 2022 mehr als 10 Millionen Euro kosten und war damit der größte Lobbyist in Brüssel. Blendet man Verbände und PR-Firmen aus und betrachtet nur Unternehmen, sind aktuell Meta, Apple und Bayer die mächtigsten Lobbyisten in Brüssel.
Big-Tech in Brüssel
Digitalkonzerne und Tech-Branche gehören inzwischen zu den aktivsten Lobbyakteuren auf EU-Ebene. Unter anderem Meta, Apple und Amazon lassen viel Geld nach Brüssel fließen: Allen drei Konzernen war der Zugang zur EU-Politik zuletzt jährlich jeweils mindestens sieben Millionen Euro wert.
Lobbybranche in Brüssel auf Wachstumskurs
Die Zahl der Verbände, Unternehmen und Organisationen, die im Europäischen Transparenzregister gelistet sind, ist in den vergangenen Jahren zügig gewachsen. Ende 2022 gab es in Brüssel rund 12.000 registrierte Lobbyorganisationen und Interessenvertretungen.
Parteispenden und Nebeneinkünfte
Besonders kritisch betrachtet wird im Zusammenhang mit der Interessensvermittlung die Parteienfinanzierung. Parteien sind auf Spenden angewiesen. Es besteht aber die Befürchtung, dass sich Interessensvertreter durch Geld politischen Einfluss kaufen könnten. Deshalb haben die Regeln, die im Bereich der Parteispenden für Transparenz sorgen sollen, im Laufe der Jahre in Deutschland zugenommen. Zum Beispiel müssen Einzelspenden, welche die Höhe von 50.000 Euro übersteigen, unverzüglich angezeigt werden. Eine Ausnahme bildet das "Politsponsoring", für das es bislang keine Offenlegungspflichten gibt und über das zunehmend mehr Geld an Parteien fließt.