Wann spricht man von Kinderarbeit?
Von Kinderarbeit spricht man immer dann, wenn Kinder für eine bestimmte Arbeit zu jung sind, wenn diese Arbeit gefährlich oder ausbeuterisch ist, wenn sie die körperliche oder seelische Entwicklung beeinträchtigt oder wenn sie Kinder vom Schulbesuch abhält. Davon unterschieden werden noch einmal die "schlimmsten Formen der Kinderarbeit", deren Abschaffung international höchste Priorität hat. Zu diesen gehören Sklaverei, Zwangsarbeit (inklusive dem Einsatz von Kindern als Kindersoldaten), Kinderprostitution und die Benutzung von Kindern für illegale Aktivitäten (zum Beispiel im Drogenhandel).Warum gibt es Kinderarbeit?
Die meisten Staaten haben heute Gesetze gegen Kinderarbeit: zum Beispiel gesetzliche Mindestalter, die regeln, ab wann Kinder legal arbeiten dürfen. In Deutschland ist das Mindestalter 15 Jahre - mit einigen Ausnahmen für leichte Tätigkeiten. Trotzdem gingen im Jahr 2016 (wenn man ausbeuterische Kinderarbeit und legale Beschäftigung zusammenzählt) weltweit 218 Millionen Kinder und Jugendliche zwischen fünf und 17 Jahren einer Arbeit nach. Der Hauptgrund für diesen Zustand ist Armut. Mehr als 3 Milliarden Menschen leben weltweit unter der Armutsgrenze. Für viele Kinder bedeutet dies, dass sie mit ihrer Arbeit zum Überleben ihrer Familie beitragen müssen. Das heißt aber nicht, dass Kinderarbeit ein Phänomen ist, das sich nur auf die so genannten Entwicklungsländer beschränkt. Dies macht schon ein Blick auf die Geschichte Europas deutlich, denn noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Kinderarbeit auch im Westen eine weit verbreitete Tatsache.Wie viele Kinder sind betroffen?
Die Fragen, wie viele Kinder von Kinderarbeit betroffen sind, ist nicht leicht zu beantworten. Es gibt zwar Zahlen für einzelne Länder oder Regionen, aber diese sind Hochrechnungen und klammern die Dunkelziffer aus. Trotzdem geben sie einen Überblick über das Ausmaß des Problems: Im Jahr 2016 waren nach Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) weltweit 152 Millionen Kinder (und damit mehr als jedes zehnte Kind) von Kinderarbeit betroffen. Von diesen Kindern mussten etwa 73 Millionen Arbeiten ausüben, die als gefährlich gelten. Fast die Hälfte der Kinder war sehr jung - 48 Prozent waren unter zwölf Jahre alt. Insgesamt arbeiteten mehr Jungen (88 Millionen) als Mädchen (64 Millionen). Allerdings muss man hier bedenken, dass Mädchen tendenziell mehr Arbeiten erledigen, die unsichtbar bleiben und nicht in den Statistiken auftauchen (nämlich im Haushalt). Außerdem sind Mädchen überproportional von etwas betroffen, das als eine Art Zwilling der Kinderarbeit existiert: Dort wo Jungen arbeiten müssen, um die Familie zu ernähren, werden viele Mädchen zwangsverheiratet.Wo gibt es Kinderarbeit?
Die mit Abstand meisten Kinder, die arbeiten mussten, waren 2016 in der Landwirtschaft (70,9 Prozent) tätig. Regional waren Kinder am häufigsten in Afrika (27 Prozent aller Kinder) von Kinderarbeit betroffen. Unter den Ländern hält Äthiopien den Negativrekord, gefolgt von Burkina Faso, Tschad und Kamerun. In allen vier Ländern zeigen die aktuellsten Daten Kinderarbeitsquoten von 39 Prozent und mehr (allerdings sind diese Daten aus den Jahren 2011 bis 2015). Die Kinderarbeitsquote - also der Anteil der betroffenen Kinder in einem Land - ist aber nur eines von mehreren Indizien für das Ausmaß von Kinderarbeit. Relevant ist auch die Frage, wie viele Stunden Kinder pro Woche arbeiten müssen. Hier klaffen die Zahlen (die allerdings teilweise auch sehr veraltet sind) zwischen den einzelnen Ländern stark auseinander. In Laos, Namibia, Kenia und Bangladesch mussten Kinder im Durchschnitt mehr als 30 Stunden pro Woche arbeiten. Bei Arbeitsstunden in diesem Bereich ist ein Schulbesuch nur noch schwer möglich: In Laos besuchten dann im Jahr 2010 auch nur etwas mehr als zehn Prozent der arbeitenden Kinder eine Schule.Die dunkle Seite der Schokolade: Kinderarbeit auf Kakao-Plantagen
Kinderarbeit findet heute also überwiegend in Ländern statt, die weit von Deutschland entfernt liegen. Das sollte aber nicht zu dem Schluss verleiten, dass Deutschland mit Kinderarbeit nichts zu tun hat. Deutlich wird das am Beispiel der Schokolade, die es in unseren Supermärkten bereits zu sehr günstigen Preisen zu kaufen gibt. Der Kakao für diese Schokolade wird überwiegend in zwei Ländern angebaut: Ghana und der Elfenbeinküste. Es gibt noch weitere wichtige Anbaugebiete – keines dieser Gebiete liegt allerdings in den Weltregionen, die den angebauten Kakao letztlich überwiegend konsumieren: Europa und Nordamerika.Eine im Oktober 2020 publizierte Studie hat gezeigt, dass Kinderarbeit, insbesondere gefährliche Kinderarbeit, auf Kakaoplantagen noch immer weitverbreitet ist. Geschätzt 1,56 Millionen Kinder waren in der Erntesaison 2018/19 alleine in den Kakaoanbaugebieten Ghanas und der Elfenbeinküste von Kinderarbeit betroffen – das sind etwa 30 Prozent der Kinder im Alter von fünf bis 17 Jahren, die in diesen Gegenden leben. Zu den gefährlichen Tätigkeiten, die diese Kinder im Kakaoanbau ausführen mussten, zählten zum Beispiel das Tragen schwerer Lasten, die Arbeit mit gefährlichen Werkzeugen oder das Versprühen von giftigen Pestiziden.