Daten & Fakten zum Zusammenhang zwischen Leitzinsen, Zinsniveau & Inflation
- Zinssatz für die Einlagefazilität
- Zinssatz für das Hauptrefinanzierungsgeschäft
- Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität
Der Zinssatz für das Hauptrefinanzierungsgeschäft wurde in der Vergangenheit häufig als "der Leitzins der EZB“ bezeichnet. Mittlerweile ist jedoch der Einlagenzins in den geldpolitischen Fokus der Zentralbank gerückt. Den Hauptrefinanzierungszinssatz müssen Geschäftsbanken bezahlen, wenn sie sich für eine Woche Geld bei der EZB leihen. Für diese bereitgestellte Liquidität müssen sie jedoch Sicherheiten hinterlegen, welche als Garantie für die Rückzahlung des ausgeliehenen Betrags dienen.
Zum Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität können sich Banken bis zum nächsten Geschäftstag Geld bei der EZB leihen. In der Regel liegt dieser Zins über dem für das Hauptrefinanzierungsgeschäft, daher ist es für die Geschäftsbanken teurer, als Liquidität für eine Woche aufzunehmen.
Was hat der Leitzins mit Inflation zu tun?
Das vorrangige Ziel der meisten Zentralbanken ist es, ein stabiles Preisniveau mit einer niedrigen Inflationsrate sicherzustellen. Für die Länder des Euroraums strebt die EZB ein Inflationsziel von 2 Prozent in der mittleren Frist an. Im Jahr 2023 wurde dieses Ziel allerdings verfehlt: In der Eurozone lag die Inflationsrate bei 5,4 Prozent. Im Vorjahr war die Inflationsrate im Euroraum mit 8,4 Prozent allerdings noch deutlich höher. Zur Erreichung des Ziels der Preisstabilität kann die Zentralbank die Leitzinsen anheben oder auch senken und so indirekt die Preisentwicklung in einer Volkswirtschaft beeinflussen. Ansatzpunkt ist hierbei der Bedarf der Geschäftsbanken an Zentralbankgeld. Wie bereits zuvor beschrieben, können sich die Geschäftsbanken Geld bei den Zentralbanken leihen oder über Nacht anlegen. Diese Zinssätze für das Bereitstellen von Zentralbankgeld beeinflussen alle anderen Zinssätze in einem Finanzsystem. Die Geschäftsbanken geben die höheren oder niedrigeren Zinsen üblicherweise an ihre Kund:innen weiter. So werden beispielsweise Kredite an Unternehmen und Privatpersonen - wie zum Beispiel die Zinsen für Wohnungsbaukredite - „teurer“ oder „billiger“ und die Nachfrage nach selbigen sinkt oder steigt entsprechend. In der Folge sinkt oder steigt die Nachfrage der Verbraucher:innen nach kreditfinanzierten (langlebigen) Konsumgütern oder Dienstleistungen. Entsprechend entwickelt sich der Spielraum von Unternehmen die Preise für solche Konsumgüter oder Dienstleistungen zu erhöhen bzw. anzupassen. Bei einem höheren Zinsniveau ist für die Unternehmen der Spielraum für Preiserhöhungen relativ gering. So wird der gesamtwirtschaftliche Preisauftrieb gedämpft und die Inflationsrate geht zurück. Anders ist die Lage bei einer steigenden gesamtwirtschaftlichen Nachfrage aufgrund eines geringeren Zinsniveaus. Die Unternehmen können nun ihre Preise einfacher und gleichzeitig stärker erhöhen und die Inflationsrate nimmt tendenziell zu. Der Prozess, der beschreibt, wie sich eine Änderung des Leitzinssatzes letztlich auf die Preisentwicklung auswirkt, wird als Transmissionsmechanismus bezeichnet. Aufgrund der Komplexität dieses Mechanismus ist die Wirkung einer Leitzinsänderung allerdings nicht immer klar vorherzusehen.Aktuelle Entwicklungen
Im Jahr 2022 stiegen weltweit die Inflationsraten deutlich an. So auch in der Eurozone. Zur Bekämpfung dieser Preissteigerungen läuteten die Währungshüter:innen der EZB deshalb im Juli des Jahres die Zinswende im Euroraum ein. Zuvor lag der Hauptrefinanzierungssatz jahrelang bei null Prozent. Der Einlagenzins war sogar mehrere Jahre lang negativ. Im Herbst 2023 erreichten beide Zinssätze jedoch ein Niveau, das zuletzt zu Beginn der 2000er Jahre verzeichnet wurde. Mitte des Jahres 2024 folgte die erneute Zinswende und die Zinsen wurden wieder herabgesetzt. Die US-amerikanische Notenbank Fed agierte 2022 mit etwas mehr Tempo und begann schon im März damit den Leitzins (Federal Funds Rate) sukzessiv zu erhöhen. Entgegengesetzt zu dem entschlosseneren Handeln der Fed in 2022 lässt die erneute Zinswende in den USA aktuell weiter auf sich warten.Im Gegensatz dazu den Leitzins über einen längeren Zeitraum stetig anzupassen, handelte im Juni 2022 die türkische Zentralbank, indem sie den Leitzins (CBRT 1 Week Repo rate) mit nur einem Zinsschritt nahezu verdoppelte. Es folgten weitere große Zinsschritte. Aktuell liegt der Leitzins in der Türkei bei 50 Prozent. Die Zinswende des Jahres 2022 bedeutete gleichzeitig eine Abkehr von der bisherigen geldpolitischen Strategie. Trotz einer im Vergleich zu anderen Volkswirtschaften wie beispielsweise Deutschland um ein Vielfaches höheren Inflation, hatte die türkische Notenbank im Jahr 2021 zunächst damit begonnen, den Leitzins schrittweise zu senken.