Krise und Migration
Venezuela befindet sich derzeit in einer schweren wirtschaftlichen sowie humanitären Krise. Dies zeigt sich auch an der Anzahl der im Ausland lebenden Venezolaner bzw. anhand der Entwicklung dieser Zahlen. In Kolumbien leben im Jahr 2021 rund 1,84 Millionen venezolanische Staatsbürger:innen; 2015 waren es noch 48.714 gemeldete Venezolaner:innen. Für die meisten mittel- und südamerikanischen Nachbarländer gilt ein vergleichbarer prozentualer Anstieg der Einwanderungen von Venezolaner:innen. Dies trifft auch auf Spanien zu, das sich in jüngster Vergangenheit mit steigenden Einwanderungszahlen aus Venezuela konfrontiert sieht: Im Jahr 2017 verlagerten 31.598 venezolanische Staatsbürger:innen langfristig ihren Lebensmittelpunkt nach Spanien; 2012 migrierten rund 4.611 Venezolaner:innen langfristig nach Spanien.Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Venezuelas wird für 2021 auf circa 46,5 Milliarden US-Dollar geschätzt; 2011 sind es noch 334,3 Milliarden US-Dollar gewesen. Venezuela konnte letztmals 2013 ein Wirtschaftswachstum verzeichnen und befindet sich seit 2014 in einer schweren Rezession: Im Jahr 2021 sinkt das BIP im Vergleich zum Vorjahr geschätzt um rund 1,5 Prozent - im Jahr 2020 waren es rund 30 Prozent, einer der größten Rückgänge im Jahr 2020. Laut Prognosen wird sich der Verlust in der Bruttowertschöpfung in den kommenden Jahren stabilisieren und ab 2022 könnten geringe Wachstumswerte einsetzen. Das BIP pro Kopf beläuft sich auf circa 1.686 US-Dollar (2021). Die Arbeitslosenquote in Venezuela befindet sich mit rund 35 Prozent im Jahr 2018 auf Rekordhoch; 2015 waren mit 7,4 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung Venezuelas noch vergleichsweise wenig Menschen ohne Erwerbsarbeit. Seit 2018 gibt es keine offiziellen Daten zur Entwicklung der Arbeitslosigkeit.
Hyperinflation
Venezuela befindet sich im Jahr 2018 in einer Phase der Hyperinflation, laut IWF vergleichbar mit der Situation Deutschlands im Jahr 1923. Die Inflationsrate beläuft sich im Jahr 2018 auf geschätzt rund 65.400 Prozent: Das ist die mit Abstand höchste Inflationsrate weltweit. Im Jahr 2020 betrug sie noch 2.355 Prozent - ein Hinweis darauf, dass sich durch den freien Fall des venezolanischen Staatsdefizites derzeit keine validen Aussagen treffen lassen. Im Jahr 2021 betrug die Inflation weiter noch 1.588,5 Prozent.Die Rolle von Erdöl für den Außenhandel
Im Jahr 2020 exportierte Venezuela Waren (hierzu zählen auch Rohstoffe) im Wert von rund 3,56 Milliarden US-Dollar, ein starker Rückgang nachdem die Exporte im Jahr 2018 noch rund 34,4 Milliarden US-Dollar wert waren. Im Vorjahr betrugen die Exporte noch rund 5 Milliarden US-Dollar. 2012 wurde noch ein Exportvolumen von rund 97,3 Milliarden US-Dollar erzielt: Rekordwert für Venezuela. Die Importe beliefen sich 2021 auf circa 7,8 Milliarden US-Dollar. 2012 betrug der Wert der Warenimporte Venezuelas rund 51,3 Milliarden US-Dollar. Insgesamt ergibt sich ein kleines Handelsbilanzdefizit von rund 4,2 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021. Als wichtigster Handelspartner wurden die USA sowohl im Export als auch im Import abgelöst. Der größte Partner im Export war im Jahr 2020 Indien mit rund 47,6 Prozent Anteile vor China und Malaysia, die auf 12 Prozent abrutschten. Im Importbereich war China 2020 der wichtigste Handelspartner vor den USA.Das wichtigste Exportgut Venezuelas ist Erdöl. Das Land verfügt über die größten Erdölreserven weltweit. Diese Abhängigkeit von den Rohstoffexporten, einer nicht diversifizierten Wirtschaft, macht das Land und den Staatshaushalt abhängig von der konjunkturellen Weltwirtschaftslage und der damit verbundenen Nachfrage nach Rohstoffen. Die wirtschaftliche Entwicklung Venezuelas steht im direkten Zusammenhang mit der Entwicklung des Ölpreises. Neben der Preisentwicklung sinkt auch die Fördermenge Venezuelas kontinuierlich. Wenngleich Venezuela über die größten Erdölreserven verfügt, taucht Venezuela Stand 2020 nicht mehr im Ranking der Länder mit der höchsten Erdölförderung auf. Die technische Vernachlässigung bestehender Förderstätten und die fehlende Erschließung neuer Rohöllagerstätten sind hier als Gründe kontinuierlich sinkender venezolanischer Fördermengen zu benennen. Venezuela produziert seit 1999 jährlich weniger Öl als im Vorjahr. Im Jahr 2021 ist die Ölproduktion jedoch angestiegen - wenn auch nur leicht.
Der Staatshaushalt
Die Staatsverschuldung Venezuelas erreicht im Jahr 2021 den höchsten Wert der jüngeren Geschichte; die Staatsverschuldung beträgt laut Schätzungen circa 306,95 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Venezuela besitzt weltweit die höchste Staatsverschuldung in Relation zum Bruttoinlandsprodukt. Auch das Staatsdefizit Venezuelas hat sich in den vergangenen Jahren stark erhöht: Im Jahr 2021 verzeichnet Venezuela ein Staatsdefizit von rund 4,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Im Gegensatz zu 2018 taucht Venezuela nicht länger im Ranking der Länder mit dem höchsten Staatsdefizit in Relation zum Bruttoinlandsprodukt auf. Nachdem das Staatsdefizit im Jahr 2018 den niedrigsten Stand von 31 Prozent erreichte, sank es seitdem wieder.Politische Situation
Die jüngere Geschichte der Bolivarischen Republik Venezuela ist stark geprägt durch ihren 62. Staatspräsidenten Hugo Rafael Chávez Frías. Hugo Chávez regierte das Land von 1999 bis zu seinem Tod im März 2013. Als Nachfolger wurde der vorherige Vize-Präsident Nicolás Maduro in umstrittenen Wahlen mit knapp 51 Prozent der Stimmen gewählt. Die Amtszeit Maduros war von Beginn an durch oppositionelle und internationale Kritik gekennzeichnet. Anfang des Jahres 2019 ernannte sich Venezuelas Oppositionsführer Juan Guaidó selbst zum Übergangspräsidenten. Zahlreiche Staaten, darunter auch die USA und Deutschland, erkannten ihn bereits als rechtmäßigen Interimspräsidenten an, während andere Länder hingegen weiterhin Maduro unterstützen. Seit 2013 herrscht eine schwere Wirtschaftskrise, welche durch Sanktionen der USA noch verstärkt wird, und der Staat steht kurz vor dem Staatsbankrott. Durch die grassierende Hyperinflation sind selbst Grundnahrungsmittel und Artikel des täglichen Bedarfs für einen Großteil der Bevölkerung nicht mehr bezahlbar, Importgüter sind bereits seit Jahren kaum noch erhältlich. Dies führt zu negativen Auswirkungen auf sämtliche Lebensreiche - die humanitäre Lage ist bereits bedrohlich.Investitionen aus dem Ausland sind praktisch zum Erliegen gekommen. Problematisch ist die Situation ebenfalls bezüglich der Korruption im öffentlichen Sektor, im Ranking der Staaten mit dem höchsten sogenannten Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) belegt Venezuela mit 14 Indexpunkten den 4. Platz weltweit. Institutionen und Marktwirtschaft in Venezuela sind laut Bertelsmann Transformationsindex (BTI) auf einem sehr schlechten Niveau und befinden sich derzeit auf dem niedrigsten Entwicklungsstand in Lateinamerika. Mit rund 36,69 Mordfällen pro 100.000 Einwohner war Venezuela im Jahr 2018 das Land mit den sechstmeisten Mordfällen je Einwohner weltweit.