Ergebnisse der Wahlen zum Senat und Repräsentantenhaus - Die "Rote Welle" bleibt aus
Die erwartete "Rote Welle" bei den Kongresswahlen blieb aus. Laut vorläufigen Ergebnissen bei den Senatswahlen konnten die Demokraten ihre Mehrheit im Senat verteidigen. Mit nur noch einem offenen Rennen in Georgia (die Nachwahl findet am 6. Dezember statt) hat die Demokratische Partei bereits die notwendige Mehrheit von 50 Sitzen erreichen können. Die vier Rennen in Arizona, Nevada, Georgia und Wisconsin waren nach der Wahl zunächst nicht entschieden. In diesen Swing States entscheidet sich im Normalfall der Ausgang der Wahlen. Mit der Nachwahl in Georgia können die Demokraten ihre Mehrheit sogar ausbauen, nachdem John Fetterman die Wahl zum Senator in Pennsylvania gewann und damit einen vorherigen Republikanischen Senator ablöste. Welche Partei das Repräsentantenhaus kontrollieren würde blieb nach der Wahl zunächst offen. Gut eine Woche nach den Wahlen konnten die Republikaner jedoch auf die notwendigen 218 Sitze kommen und sicherten sich die Mehrheit im Haus für die kommenden zwei Jahre. Jedoch fällt die Mehrheit wohl deutlich knapper aus als erwartet. Die Demokraten kommen vorläufigen Ergebnissen auf mindestens 210 Sitze mit derzeit noch sieben offenen Rennen. Damit wird es für Präsident Biden in den kommenden zwei Jahren schwieriger werden seine politischen Vorhaben umzusetzen. Zudem können die Republikaner über das Repräsentantenhaus Untersuchungskommissionen oder Amtsenthebungsverfahren beginnen. Ohne den Senat ist ein Erfolg jedoch zweifelhaft. Für die Demokraten ist der Ausgang dennoch besser als erwartet, zudem Biden über den Senat weiterhin oberste Staatsbeamte ernennen kann. Neben den nationalen Wahlen haben die Staaten Vermont, Kalifornien und Michigan in Volksabstimmungen für ein Recht auf Abtreibung gestimmt, in Kentucky wurde ein Anliegen abgelehnt, dass ein Recht auf Abtreibung explizit verbieten würde. Andere Volksabstimmungen betrafen Waffenrechte und die Legalisierung von Marihuana.Midterms 2022 - ein schlechter Tag für Trump? Ist Floridas DeSantis der wahre Sieger?
Die Republikanische Partei schnitt bei den Midterms 2022 deutlich schlechter ab als erwartet und wurde nicht den eigenen Ansprüchen an den Wahlabend gerecht. Vor allem von Trump unterstützte, teils extreme und rechte Kandidat:innen verloren Wahlen. Viele von ihnen wurden von Trump in Vorwahlen unterstützt, um parteiinterne Gegner auszuschalten. Jedoch war dies auch ein Risiko, da einige dieser Kandidat:innen nicht über viel politische Erfahrung verfügten und durch ihre extremen Äußerungen, wie beispielsweise die Nichtanerkennung der Wahlergebnisse von 2020, bei der breiten Wählerschaft nicht gut ankamen. Trump weigerte sich im Nachhinein die Verantwortung für verlorene Rennen auf sich zu nehmen. Nur eine Woche nach den Wahlen am 15. November gab Trump seine erneute Kandidatur als Präsident für 2024 bekannt.Auftrumpfen konnte jedoch Floridas Gouverneur Ron DeSantis. Dieser gewann seine Wiederwahl mit rund 60 Prozent der Stimmen. Auch konnte in Florida, dank Gerrymanderings durch DeSantis Regierung, mehrere Distrikte im Repräsentantenhaus von demokratischen Amtsinhabern übernommen werden. DeSantis galt bereits im Vorfeld der Midterms als aufsteigender Star der republikanischen Partei. Seine Position innerhalb der Partei dürfte sich nach den Midterms noch weiter verbessert haben und könnten ihn ermutigen eine Kandidatur für die Präsidentschaft 2024 anzustreben. DeSantis ist seit 2018 Gouverneur in Florida und wurde damals von Trump unterstützt. Er gilt als autoritärer, konservativer und rechtspopulistischer Politiker, der in Florida vor allem mit einer aggressiven Politik gegenüber der LGBTQ+-Community auffällt. Er verbot teilweise die kritische Auseinandersetzung mit rassistischen Strukturen in den USA an Schulen.
Das Wahlsystem bei den Midterms
Im Gegensatz zu den Präsidentschaftswahlen werden Abgeordnete im Senat und Repräsentantenhaus direkt gewählt. Dabei kommt ein klassisches Mehrheitswahlrecht zum Einsatz. Abgeordnete werden von den Parteien in sogenannten Primaries (Vorwahlen) bestimmt. Im Senat sitzen dabei 100 Abgeordnete aus den 50 Bundesstaaten. Dabei kommen zwei Senator:innen auf jeden Bundesstaat unbeachtet der Gesamtbevölkerung eines Staates. Das Repräsentantenhaus umfasst 435 Abgeordnete, wobei die Anzahl je nach Bundesstaat proportional zur Bevölkerung ist. Dadurch ist die Zusammensetzung des Hauses proportional an der Bevölkerungsverteilung der USA zusammengesetzt. Der Senat hingegen ist eine Institution zur Repräsentation der Bundesstaaten. Durch die proportionale Überrepräsentation von Bundesstaaten mit einer geringeren Bevölkerung ist der Senat eine einflussreiche Institution besonders für die ländlich geprägten US-Bundesstaaten. Senator:innen werden zudem alle sechs Jahre gewählt, jeweils rund ein Drittel in Zweijahresabständen. Die Abgeordneten im Repräsentantenhaus werden alle zwei Jahre neu gewählt.Die Auswahl der Kandidat:innen wird durch die Parteien bestimmt. Einzelheiten dazu werden im Wahlrecht festgelegt, das je nach Bundesstaat stark variieren kann. Ein Problem ist weiterhin die Einteilung der Wahlbezirke. Im Jahr 2010 wurden zahlreiche Wahlbezirke durch die Republikanische Partei neu eingeteilt, um der Partei bei zukünftigen Wahlen zu helfen. Bei diesem sogenannten Gerrymandering werden Distrikte gezielt eingegrenzt, um beispielsweise Distrikte zu teilen, die voraussichtlich gute Ergebnisse für die andere Partei erzielen würden. Vor dem Prozess der Neueinteilung im Jahr 2010 war es möglich die notwendigen Gremien politisch zu beeinflussen, was der republikanischen Partei (die deutlich mehr staatliche Parlamente kontrollierte, als die Demokratische Partei) nutzte, um sich in einer großen Zahl der Staaten Mehrheiten für die zehn Jahre danach zu sichern. Im Anschluss an die Volkszählung 2020 konnte die demokratische Partei leicht von der Neueinteilung der Distrikte profitieren.
Die Midterms 2022
Auch wenn US-Präsident Joe Biden nicht persönlich auf dem Wahlzettel steht, sind die Midterms traditionell die erste "Leistungsbewertung" eines US-Präsidenten im Amt. Normalerweise verliert die Partei des Präsidenten bei den Midterms Sitze im Repräsentantenhaus und in den meisten Jahren auch im Senat. Zudem ist Joe Biden nicht besonders beliebt, obwohl er zunächst mit einem großen Vertrauensvorschuss ins Amt startete. Zuletzt lagen die Beliebtheitswerte von Joe Biden sogar niedriger als die von Donald Trump in 2018. Biden hat es mit diversen Problemen zu tun, einer hohen Inflationsrate, politischer Spaltung im Land und offenen Fragen bei der Einwanderungspolitik, Waffengesetzgebung und Abtreibung.Die Prognosen sahen dementsprechend schlecht aus für die demokratische Partei. Laut Prognosen von Meinungsforschungsinstituten hatte die republikanische Partei besonders gute Chancen nach den Midterms das Repräsentantenhaus zu kontrollieren. Am Tag vor der Wahl wurden mindestens 221 der 435 Sitze als tendenziell bis sicher republikanisch eingestuft. Das Rennen um den Senat ist noch offen und könnte sich an einem der hochumkämpften Swing States entscheiden. Ein potenzieller Nachteil für die Republikaner könnte sich an den Kandidat:innen festmachen. Besonders im Senat haben eine Reihe von Kandidat:innen Vorwahlen gewonnen, die kaum politische Erfahrung haben und deren Wahlkampf von Skandalen und dubiosen Aussagen gekennzeichnet war. Diese sind in den meisten Fällen von Trump unterstützt und traten gegen vermeintliche politische Gegner Trumps an. Vor allem beim Senatsrennen in Georgia könnte sich dies für Republikaner zum Nachteil entwickeln. Der ehemalige Footballspieler Hershel Walker (R) hat kaum Erfahrung. Zudem tritt er als erklärter Abtreibungsgegner und wertekonservativer Republikaner an, steht aber unter Verdacht für die Abtreibung aus einer außerehelichen Affäre bezahlt zu haben. Die Demokraten unterstützen teilweise radikale Kandidat:innen im Vorwahlkampf, da sie sich bessere Chancen gegen diese ausmalten. Sollte diese riskante Strategie schief gehen, könnten die negativen Konsequenzen jedoch überwiegen.
Es bleibt unter anderem abzuwarten, wie die Wahlbeteiligung ausfallen wird. Bei den Midterms ist die Wahlbeteiligung normalerweise niedriger als bei den Präsidentschaftswahlen, allerdings stieg die Wahlbeteiligung bei den Midterms 2018 stark an.