Staatsgründung Singapurs
Die Gründung des Staates Singapurs geht auf einen Handelsagenten der Britischen Ostindien-Kompanie, Sir Thomas Stamford Raffles, zurück, der im Februar 1819 die damalige Kolonie begründete. Zuvor war die Insel von malaiischen Fischerfamilien bewohnt. Singapur war vor allem als Umschlaghafen für Handelsschiffe von Bedeutung, die von Europa nach China fuhren. Während des zweiten Weltkriegs wurde Singapur von japanischen Truppen besetzt. Nach Ende des Krieges wurde Singapur nach Einführung des Wahlrechts zunächst eine britische Kolonie mit eigener Regierung und schließlich im Jahr 1965 unabhängig.Bevölkerungsstruktur
Die Gesamtbevölkerung in Singapur beträgt geschätzt rund 5,33 Millionen Einwohner:innen (2022). Außerdem befinden sich Ende 2021 rund 1,2 Millionen Arbeitsmigrant:innen in Singapur. Singapur ist rund 728,6 km² groß, was etwa 2,2 mal so groß ist wie Bremen. Der Insel- und Stadtstaat ist das Land mit der drittgrößten Bevölkerungsdichte der Welt. Auf einen Quadratkilometer leben in Singapur rund 8.019,5 Einwohner:innen. Eine höhere Bevölkerungsdichte haben nur Monaco und Macao (jeweils 2020). Singapur ist eine ethnisch diverse Gesellschaft. Die größten ethnischen Gruppen sind Chines:innen, Malai:innen und Inder:innen. Etwa drei Viertel der Bevölkerung sind Chines:innen, rund 13,7 Malai:innen und etwa 8,9 Prozent Inder:innen (Stand: 2021). Auch sprachlich ist diese Vielfalt in Singapur widergespiegelt. Das Land hat vier Amtssprachen. Im eigenen Haushalt sprechen nach einer Volkszählung aus dem Jahr 2020 etwas weniger als die Hälfte Englisch, rund 30 Prozent Mandarin und etwas unter 10 Prozent jeweils Malaiisch oder chinesische Dialekte. Tamil ist mit rund 2,5 Prozent vertreten.Bevölkerungsentwicklung
Singapurs Bevölkerungsentwicklung ist seit 2020 rückläufig. Im Jahr 2021 schrumpfte die Bevölkerung Singapurs um rund 4,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Vor 2020 gab es nur leichtes Bevölkerungswachstum. Das geringe Bevölkerungswachstum in Singapur hängt unter anderem mit der niedrigen Fertilitätsrate zusammen. Singapur hat eine der niedrigsten Fertilitätsraten weltweit. Im Jahr 2021 lag sie bei etwa einem Kind je Frau. Damit liegt sie weit unter der benötigten Fertilitätsrate, um ein natürliches Bevölkerungswachstum zu ermöglichen. Dass Singapurs Bevölkerung bis 2020 dennoch wachsen konnte, hängt unter anderem mit einem hohen Migrationssaldo zusammen. Besonders in den frühen 2000er Jahren wanderten deutlich mehr Menschen nach Singapur ein als aus. Im Jahr 2006 wurde mit 149.376 der Höchststand der letzten zwei Jahrzehnte erreicht. Im Jahr 2020 sank jedoch auch der Migrationssaldo um rund 20.000 Personen auf etwa 21.300. Das Medianalter der Bevölkerung Singapurs beträgt etwa 41,8 Jahre (2021) und die Lebenserwartung bei Geburt liegt bei 82,8 Jahren (2021). Singapur ist weltweit das Land mit der vierthöchsten Lebenserwartung (2021).Wirtschaft und Konjunktur
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Singapurs ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Im Jahr 2021 liegt das BIP Singapurs bei rund 397 Milliarden US-Dollar. Seit 2009 hat sich das BIP Singapurs mehr als verdoppelt. Singapur hat zudem weltweit das fünftgrößte BIP pro Kopf im Jahr 2021, es beträgt etwa 72.800 US-Dollar. Nach dem Corona-Jahr 2020, in dem Singapurs Bruttowertschöpfung um rund 4,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr schrumpfte, konnte sich das BIP-Wachstum im Jahr 2021 wieder erholen und beträgt etwa 7,6 Prozent. Nachdem die Inflationsrate in Singapur während der Finanzkrise nach 2008 anstieg, lag sie zwischen 2014 und 2020 bei unter zwei Prozent. Im Jahr 2021 stieg sie auf etwa 2,3 Prozent. Obwohl für 2022 leichte Anstiege prognostiziert werden, soll die Inflation langfristig niedrig bleiben. Auch die Arbeitslosenquote ist niedrig - im Jahr 2021 liegt sie bei rund 2,6 Prozent.Singapurs Wirtschaftsstruktur ist geprägt vom Dienstleistungssektor der rund 70,1 Prozent der Bruttowertschöpfung des Inselstaats ausmacht. Der Industriesektor trägt etwa 24,4 Prozent zum BIP des Landes bei (jeweils 2020). Der Agrarsektor ist aufgrund der geringen Fläche Singapurs und Mangel an Ressourcen kaum ausgebaut. Im Industriesektor sind besonders Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes tätig, die in den Gewerbe- und Industriegebieten entlang der Küste ansässig sind. Singapurs Volkswirtschaft ist weitgehend privatisiert und dereguliert und dementsprechend attraktiv für internationale Unternehmen. Singapur ist daher neben der Bedeutung als Handelshub auch als einer der wichtigsten Finanzstandorte der Region bekannt.
Internationales Investment
Singapur ist eines der wichtigstes Zielländer von ausländischen Direktinvestitionen (Foreign Direct Investment - FDI). Im Jahr 2021 ist Singapur das viertwichtigste Zielland von FDI, nach den USA, China und Hongkong gewesen. Im Jahr 2021 sind rund 99,1 Milliarden US-Dollar nach Singapur geflossen. Gleichzeitig flossen etwa 47,4 Milliarden US-Dollar an FDI aus Singapur ab. Von den FDI-Zuflüssen kommt mehr als die Hälfte des Kapitalbestands (Stand: 2020) der Finanz- und Versicherungswirtschaft zugute. Weitere Wirtschaftssektoren, die besonders von internationalen Investitionen profitieren sind der Groß- und Einzelhandel (rund 14,8 Prozent), das produzierende Gewerbe (etwa 12 Prozent) sowie berufliche und administrative Dienstleistungen (rund 10,6 Prozent). Die größten Herkunftsländer von FDI in Singapur sind im Jahr 2020 die USA, die Niederlande, Irland, die Schweiz und Japan gewesen.Singapurs Exporte übersteigen das eigene Bruttoinlandsprodukt
Singapurs Außenhandel hat besonders seit den späten 1990er Jahren stark zugenommen. Im Jahr 2021 beträgt das Gesamtvolumen des singapurischen Außenhandels rund 863,6 Milliarden US-Dollar. Der Export von Waren betrug etwa 457,4 Milliarden US-Dollar, der Import rund 406,2 Milliarden US-Dollar. Damit gehört Singapur zu den wenigen Ländern deren Exportwert an Waren das eigene Bruttoinlandsprodukt übersteigt. Dies liegt an der engen Vernetzung Singapurs im Welthandel und des verarbeitenden Gewerbes, dass internationale Produkte verarbeitet oder veredelt und weiter exportiert. Singapur verzeichnet seit Jahren einen Handelsbilanzüberschuss, der in den meisten Jahren zwischen 30 und 40 Milliarden US-Dollar lag.Im Exportbereich sind die wichtigsten Partnerländer Singapurs China, Hongkong und die USA. Nach China gehen rund 13,7 Prozent der Exporte, nach Hongkong etwa 12,4 Prozent (Stand: 2020). Die wichtigste Exportgüter im Jahr 2020 Singapurs sind elektrische Maschinen, Apparate, Geräte und Einrichtungen (SITC Warenabschnitt 77). Diese machen etwa 31 Prozent der singapurischen Exporte aus. Im Importbereich sind China und Malaysia die wichtigsten Partnerländer, auf die etwa 14,4 Prozent und 12.7 Prozent der Importe zukommen (2020). Die wichtigsten Importgüter sind ebenfalls elektrische Maschinen (2020). Die nächstwichtigen Import- und Exportgüter sind Erdöl, Erdölerzeugnisse und verwandte Waren (SITC Abschnitt 33).
Singapurs Aufstieg zu einem der Tigerstaaten Asiens
Das unabhängige Singapur hatte zunächst mit sozialen Problemen und hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen. In den Folgejahren wurden Industriegebiete für die verarbeitende Industrie gebaut, um internationale Investoren anzulocken. Auch der Dienstleistungssektor wuchs und große Ölfirmen wie Shell und Esso bauten Ölraffinerien. Das Bildungssystem wurde ausgebaut und Englisch als Unterrichtssprache eingeführt. Der Hafen Singapurs entwickelte sich schnell zu einem der verkehrsreichsten der Welt und dank Vorteile im Steuersektor und geringen Regulierungen konnte Singapur ebenfalls ein wichtiger Finanzstandort werden. Singapur konnte sich somit in kürzester Zeit von einem Entwicklungsland hin zu einer Industrienation entwickeln. Der Inselstaat gehörte zu den vier Tigerstaaten, war Gründernation der Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) und ist das einzige Land Asiens, das eine AAA-Bonitätswertung der großen Ratingagenturen hat. Singapur akkumulierte dadurch hohe Summen an Direktinvestitionen, Auslandsdevisen und Anlagen von Staatsfonds. Im Mai 2022 sind die Auslandsdevisen Singapurs die neuntgrößten weltweit. Der Hafen von Singapur hat sich neben Shanghai zum zweitgrößten Hafen der Welt entwickelt (2020). Rund 37 Millionen TEU betrug der Containerumschlag im Jahr 2020.Handelsnation Singapur
Singapur gehört sowohl im Güterhandel als auch im Handel mit Dienstleistungen zu den größten Handelsnationen der Welt. Im Bereich der Dienstleistungen ist Singapur im Jahr 2021 die achtgrößte Importnation und unter den Exportländern auf Rang 9 weltweit. Auch unter den größten Handelsnationen im Güterhandel ist Singapur vertreten. Unter den 20 größten Exportländern im Güterhandel belegt Singapur Rang 15 im Jahr 2021; im Importbereich auf Platz 16. Singapur profitiert von diversen bilateralen und multilateralen Handelsabkommen. Über die Mitgliedschaft in ASEAN ist Singapur bereits Teil des gemeinsamen Markts der Regionalorganisation, die nahezu 100 Prozent der Zölle zwischen den Mitgliedsstaaten betrifft. Die südostasiatische Staatenunion ist mit rund 670 Millionen Einwohner:innen größer, als die Europäische Union. Neben dem Freihandel mit den anderen Mitgliedsstaaten der ASEAN, hat die Regionalorganisation zudem Freihandelszonen mit Neuseeland, China, Hongkong, Indien und Südkorea sowie ein Handelsabkommen mit Japan verhandelt. Darüber hinaus hat Singapur folgende Handelsabkommen abgeschlossen:- Freihandelsabkommen (Free Trade Agreement): China, EFTA, Europäische Union, Golf-Kooperationsrat, Südkorea, Peru, Panama, Australien, Costa Rica, Jordanien, Sri Lanka, Türkei, Großbritannien, USA
- Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) der ASEAN mit China, Australien, Japan, Neuseeland und Südkorea
- Weitere bilaterale Abkommen mit Indien, Neuseeland und Japan über wirtschaftliche Zusammenarbeit
- Transpazifische Partnerschaft: Singapur ratifizierte 2018 mit Mexiko, Japan, Neuseeland, Kanada und Australien das Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership, dass Handelsbarrieren und Zölle reduziert. Dieses wurde als Nachfolgeabkommen des TPP initiiert, nachdem die USA unter Präsident Trump sich aus dem ursprünglichen Abkommen zurückzogen.
Staatsfinanzen - das Zusammenspiel von Schulden und Auslandsvermögen
Seit den 1990er Jahren erzielt Singapur einen Staatsüberschuss, der in den meisten Jahren zwischen einem und rund acht Prozent betragen hat. Nachdem das südostasiatische Land im Corona-Jahr 2020 ein Haushaltsdefizit von etwa 5,9 Prozent verzeichnete, konnte Singapur das Defizit im Jahr 2021 auf etwa 0,2 Prozent reduzieren. Laut Prognosen wird Singapur in den kommenden Jahren wieder einen Staatsüberschuss erwirtschaften. In Relation zum eigenen Bruttoinlandsprodukt hat Singapur hohe Militärausgaben. Im Jahr 2020 gab Singapur etwa 3,2 Prozent seines BIPs für das Militär aus. Historisch gesehen war das Militär ein wichtiger Sicherheitsgarant des kleinen Stadtstaates. Die Streitkräfte Singapurs sind eng in der Gesellschaft verankert. Nach dem Rückzug der britischen Truppen im Jahr 1971 wurden die Streitkräfte Singapurs durch Mitglieder der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) gegründet und ausgebildet.Die Staatsverschuldung in Singapur ist, gemessen an der Relation zum BIP, sehr hoch. Im Jahr 2021 betrug die Staatsverschuldung etwa 132,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Damit gehört Singapur zu den 10 Ländern mit der höchsten Staatsverschuldung weltweit im Jahr 2021. Dennoch ist Singapur ein Nettokreditor und Staatsanleihen aus Singapur genießen die bestmögliche Bewertung. Dies liegt unter anderem am hohen Nettoauslandsvermögen von Singapur. Dieses beträgt im Jahr 2021 etwa 1,375 Billionen US-Dollar. Das Nettoauslandsvermögen beschreibt die Differenz zwischen Finanzanlagen und Auslandsschulden eines Land. Der hohe Wert für Singapur gilt als Indikator für den Wirtschaftswohlstand des Inselstaates. Darüber hinaus verfügt Singapur über hohe Währungsreserven. Im Jahr 2021 betrugen sie rund 417,9 Milliarden US-Dollar. Im Vorjahr sind es noch 362,3 Milliarden US-Dollar gewesen.
Rechtsstaatlichkeit und Soziales
Der Bertelsmann Transformationsindex stuft Singapur im Jahr 2022 als entwickelte Marktwirtschaft ein. Im Demokratie-Status Index wird Singapur als gemäßigte Autokratie eingestuft, an der Grenze zu einer stark defekten Demokratie. Singapur ist zwar eine parlamentarische Republik nach Westminster-Vorbild, jedoch wurde das Land seit der Unabhängigkeit von der People's Action Party (PAP) regiert. Seit 1993 wird der Präsident alle sechs Jahre vom Volk gewählt, jedoch fielen die Wahlen 1999 und 2005 aufgrund mangelnder, von der Wahlkommission akzeptierter, Gegenkandidat:innen aus. Seit 2017 ist Halimah Yacob Präsident, der ohne Gegenkandidat:in ohne Wahl zum Präsidenten ernannt wurde. Der Präsident hat weitreichende Vetorechte und ernennt oberste Richter. Singapurs ist jedoch eines der Länder mit der geringsten Korruption weltweit. Im Corruptions Perceptions Index (CPI) 2021 ist Singapur auf Rang 4 weltweit der Länder mit dem geringsten Ausmaß an Korruption.Im Freiheitsindex erreicht Singapur mittlere Ergebnisse. In der Kategorie "Bürgerliche Rechte" erreichte Singapur 28 von 60 möglichen Indexpunkten und 19 von 40 in der Dimension "Politische Rechte" (jeweils 2022). Auch in der Pressefreiheit gehört Singapur zu den Ländern mit geringer Pressefreiheit. Im Ranking der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen kommt Singapur auf Rang 139 von 180 untersuchten Ländern im Jahr 2022. Singapur ist dafür bekannt äußerst strenge Gesetze und Strafen zu haben. Für geringere Straftaten, die in Deutschland als Ordnungswidrigkeiten verstanden werden, gibt es teilweise hohe Geldstrafen. Für schwerere Straftaten können sogar sogenannte "Körperstrafen", wie Stockhiebe verhangen werden. Auch die Todesstrafe wird verhangen und vielfach durchgeführt, auch für Straftaten wie Drogenkonsum. Auch ist Singapur äußerst restriktiv gegen Homosexualität, wobei im August 2022 die Regierung ankündigte homosexuellen Geschlechtsverkehr entkriminalisieren zu wollen.