Einreise- und Aufenthaltsrecht in Deutschland
Wer darf nach Deutschland einreisen?
Aufgrund seiner zentralen Lage in Europa grenzt Deutschland an insgesamt neun Nachbarstaaten. Insgesamt beträgt die Länge der Landgrenzen rund 3.900 Kilometer; hinzu kommen noch 888 Kilometer Seegrenzen in Nord- und Ostsee sowie der Luftweg mit 24 internationalen Flughäfen. Die deutschen Grenzen werden tagtäglich von hunderttausenden Menschen - Inländern wie Ausländern - zu ganz verschiedenen Zwecken überquert, entweder für einen zeitlich eng begrenzten Aufenthalt (z.B. Touristen, Berufspendler) oder eine längerfristige bzw. dauerhafte Niederlassung. Der Schutz der Grenzen ist vor allem die Aufgabe der Bundespolizei. Seit März 1995 finden im Rahmen des Schengen-Abkommens für Reisefreiheit in Europa üblicherweise keine stationären Personenkontrollen mehr an den deutschen Landesgrenzen und - abhängig vom Einreiseland - den deutschen Flughäfen und Seehäfen statt. Das bedeutet allerdings nicht, dass jede Person ohne Weiteres legal nach Deutschland einreisen und sich dort aufhalten darf.Daher können die Schengen-Staaten bei Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit weiterhin temporäre Personenüberprüfungen durchführen. In Deutschland werden solche Grenzkontrollen - abgesehen von Sport-Großereignissen und internationalen politischen Gipfeltreffen - vor allem im Rahmen der Asyl- und Migrationspolitik angewandt und teilweise seit Jahren immer wieder um jeweils sechs Monate verlängert. So wird bereits seit der sog. "Flüchtlingskrise" ab September 2015 an der Grenze zu Österreich kontrolliert, seit Oktober 2023 an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz und seit September 2024 auch an den übrigen Grenzen zu Frankreich, Luxemburg, Belgien, den Niederlanden und Dänemark. Erklärtes Ziel ist es, die Schleusungskriminalität zu bekämpfen und die irreguläre, d.h. rechtswidrige Migration einzudämmen. 2023 gab es mit rund 128.000 festgestellten unerlaubten Einreisen die höchste Zahl seit 2016, als sie mit circa 249.000 allerdings fast doppelt so hoch war. Die meisten davon erfolgten über die Grenzen zu Polen und Österreich. Unerlaubt ist eine Einreise etwa dann, wenn die entsprechende Person aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit (betrifft viele Nicht-EU-Länder) eigentlich ein Visum benötigt hätte und auch noch kein Schutzgesuch in Deutschland gestellt hat. Die Zahl der polizeilich erfassten Schleusungsdelikte, bei denen Einzelpersonen oder organisierte Gruppen unerlaubte Einreisen von Dritten durchführen, erreichte mit etwa 7.920 sogar einen neuen Höchststand. Dabei nahm insbesondere die Zahl der teils lebensgefährlichen Großschleusungen und Behältnisschleusungen mit vielen Personen auf engstem Raum in Kleintransportern, Lkw-Anhängern o.ä. deutlich zu.
Auch eine unerlaubt eingereiste Person kann oft zunächst in Deutschland bleiben, wenn sie nachträglich einen Asylantrag stellt, und ebenso werden bei Grenzkontrollen Asylsuchende legal ins Land gelassen, um hier ein entsprechendes Verfahren zu durchlaufen - mehr dazu im nächsten Absatz. Allerdings führt der Umstand, dass Deutschland ausschließlich von sicheren Staaten mit eigenen Asylsystemen umgeben ist, vermehrt zu Debatten über Zurückweisungen und Zurückschiebungen auch von Geflüchteten. Bei einer Zurückweisung wird der Grenzübertritt im Vorhinein verweigert; bei einer Zurückschiebung hingegen wird eine bereits illegal eingereiste Person i.d.R. innerhalb von sechs Monaten wieder außer Landes gebracht. Befürchtet wird jedoch, dass die Ausweitung solcher Maßnahmen als Kettenreaktion dann auch von anderen Schengen-Binnenländern betrieben würde und schließlich die Staaten an den EU- bzw. Schengen-Außengrenzen wie Italien und Griechenland mit der Bewältigung der Fluchtmigration allein wären.
Wer darf in Deutschland bleiben?
Grundsätzlich kann Deutschland seit den Anwerbeabkommen der 50er- und 60er-Jahre als Einwanderungsland bezeichnet werden, in dem viele Menschen ausländischer Herkunft dauerhaft leben. Denn ein großer Teil der zunächst als sog. "Gastarbeiter" ins Land gekommenen Menschen aus Süd(ost)europa, der Türkei und Nordafrika ließ sich letztlich mit Familie in der Bundesrepublik nieder. Hinzu kamen Fluchtbewegungen aufgrund der Jugoslawienkriege Anfang der 90er-Jahre, der Unruhen im Nahen Osten ab Anfang der 2010er-Jahre und des Ukraine-Kriegs ab 2022. Außerdem gilt seit Mitte der 90er-Jahre die Niederlassungsfreiheit innerhalb der EU, wodurch nach den Erweiterungen 2004 und 2007 vor allem Osteuropäer nach Deutschland zogen. Als Folge all dieser Entwicklungen weist Deutschland seit Jahren eine Netto-Zuwanderung von mehren Hunderttausend bis in der Spitze (2022) gut 1,5 Millionen Ausländern pro Jahr auf. Insgesamt lebten 2023 rund 24,9 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland; davon waren knapp die Hälfte Deutsche - entweder von Geburt an oder durch Einbürgerung.Vom Aufenthaltsgesetz betroffen sind hinsichtlich eines längerfristigen Bleiberechts lediglich die im Ausländerzentralregister (AZR) Stand Ende 2023 erfassten circa 13,9 Millionen Ausländer, also Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Dabei gilt aufgrund der bereits erwähnten Niederlassungsfreiheit, dass die etwa 5,4 Millionen EU-Staatsbürger in Deutschland keinen Aufenthaltstitel benötigen, um dauerhaft im Land zu leben. Gut 2,6 Millionen Ausländer besaßen einen zeitlich unbefristeten Aufenthaltstitel (Niederlassungserlaubnis), ungefähr 4 Millionen einen zeitlich befristeten (Aufenthaltserlaubnis). Gründe für die Erteilung eines Aufenthaltstitels sind etwa die Aufnahme einer Arbeit, einer Ausbildung oder eines Hochschulstudiums. Die rund 2,5 Millionen Personen mit anerkanntem Schutzstatus, d.h. vor allem
- Asylberechtigte gemäß Grundgesetz,
- Flüchtlinge gemäß Genfer Flüchtlingskonvention und Asylgesetz,
- Subsidiär Schutzberechtigte gemäß Asylgesetz,
- Personen mit Abschiebungsverbot gemäß Aufenthaltsgesetz
- und Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine gemäß Aufenthaltsgesetz
Wer muss Deutschland wieder verlassen?
Grundsätzlich müssen jene Nicht-EU-Ausländer Deutschland verlassen, die über keinen Aufenthaltstitel verfügen, bei denen auch kein Antragsverfahren auf einen solchen anhängig ist und deren Visum abgelaufen ist bzw. die sich als Staatsangehörige von Ländern ohne Visumspflicht i.d.R. länger als 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen im Land aufgehalten haben. Auch verübte Straftaten können dazu führen, dass das Bleiberecht entzogen wird. In der Regel wird eine Ausreisefrist gesetzt, innerhalb derer das Land verlassen werden muss. Allerdings können ausreisepflichtige Personen etwa aus humanitären, formellen oder organisatorischen Gründen geduldet werden, d.h. die Ausreisepflicht wird ausgesetzt - Ende 2023 betraf dies rund 194.000 Personen, während circa 48.700 unmittelbar ausreisepflichtig waren. Obwohl diese Aussetzung als "vorübergehend" gilt, leben viele Geduldete schon seit Jahren oder Jahrzehnten in Deutschland.Wird die Duldung nicht verlängert oder wird einer Ausreisefrist nicht freiwillig Folge geleistet, muss die zuständige kommunale Ausländerbehörde die Ausreisepflicht vollstrecken, also eine Abschiebung veranlassen. Diese geschieht oft in Zusammenarbeit mit der lokalen Polizei und der Bundespolizei. Dabei wird der genaue Zeitpunkt den Betroffenen nicht vorab mitgeteilt, um eine Entziehung zu vermeiden, dennoch scheitern Abschiebungen oft auch noch in diesem Stadium. Im Jahr 2023 wurden rund 16.400 Personen aus Deutschland abgeschoben; damit stieg die Zahl der Abschiebungen das dritte Jahr in Folge und auf den höchsten Stand seit 2019. Abschiebungen erfolgen üblicherweise nach einem längerem Aufenthalt in Deutschland und sind insofern von den bereits erwähnten Zurückschiebungen zu unterscheiden, die in zeitlicher Nähe zum illegalen Grenzübertritt stattfinden. In der Zahl der Abschiebungen enthalten sind allerdings auch die Überstellungen im Rahmen der Dublin-Verordnung, bei denen ein Schutzsuchender nicht in sein Heimatland, sondern in das eigentlich für das Asylverfahren zuständige europäische Land zurückgebracht wird. Ebenso wie Abschiebungen scheitern auch geplante Dublin-Überstellungen häufig noch. Für Personen, die aus Deutschland abgeschoben, zurückgeschoben oder überstellt wurden, gilt i.d.R. ein Wiedereinreiseverbot.