Die wichtigsten Wahlen 2024 im Überblick
13. Januar - Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Taiwan (Republik China)
Den Anfang im Jahr 2024 hat Taiwan am 13. Januar gemacht. Bei den Präsidentschaftswahlen konnte Lai Ching-te (genannt: William Lai) der Demokratischen Volkspartei (DPP) mit einem Anteil von 40,05 Prozent der Stimmen das Präsidentschaftsrennen für sich entscheiden. Wie seine Vorgängerin Tsai Ing-wen, setzt Lai auf eine Intensivierung der Beziehungen mit den USA und Australien sowie der Steigerung der eigenen Verteidigungskapazitäten. Die Oppositionspartei Kuomintang (KMT) warb dagegen mit einem engeren Austausch zum chinesischen Festland und stand einer Erhöhung des Verteidigungshaushalts von Taiwan ablehnend gegenüber. Die Wahlen sind der dritte Wahlsieg für die DPP in Folge, die Regierung der Volksrepublik stand der Vorgängerregierung unter Tsai kritisch gegenüber und verweigerte einen diplomatischen Austausch. Im Vorfeld der Wahlen gab es zudem starke Anzeichen der Wahlbeeinflussung durch China über soziale Medien. Das Ergebnis der DPP ist 2024 deutlich schwächer als in den beiden Wahlen zuvor. Auch im Parlament hat die DPP ihre Mehrheit verloren, was das zukünftige Regieren deutlich erschweren wird.14. Februar - Nationale Wahlen in Indonesien
Am 14. Februar haben allgemeine Wahlen in Indonesien statt. Dabei werden Präsident, Vizepräsident und das Zweikammerparlament (Beratende Volksversammlung) gewählt. Nach der Wahlrechtsreform im Jahr 2017 finden regionale und nationale Wahlen simultan statt; es werden über 20.000 Politiker:innen gewählt. Laut vorläufigen Ergebnissen hat der ehemalige Militärgeneral Prabowo Subianto die Präsidentschaftswahlen gewonnen. Er kommt auf deutlich über 50 Prozent der Stimmen. Prabowo ist der aktuelle Verteidigungsminister, Schwiegersohn des ehemaligen Diktators Suharto und einer der mächtigsten Militärgeneräle in den Zeiten der Diktatur. Ihm werden unter anderem Menschenrechtsverbrechen vorgeworfen. Im Wahlkampf war davon kaum etwas zu sehen. Die Wähler:innen sind sehr jung, mehr als die Hälfte ist unter 30 Jahre alt. An die Diktatur erinnern sich nicht viele und Prabowo war mit seinem Wahlkampf vor allem in sozialen Medien wie TikTok oder Instagram erfolgreich. Prabowo zeigte sich im Wahlkampf außerdem kritisch gegenüber der EU, die in der Vergangenheit Palmöl-Einfuhren aus Indonesien limitierte. Gleichzeitig hat die EU Interesse an Nickelerzimporten aus Indonesien, das diese jedoch zuletzt blockierte. Zuletzt geriet der Demokratisierungsprozess Indonesiens ins Stocken, auch wenn Indonesien im Vergleich zu anderen südostasiatischen Staaten noch als defekte Demokratie gilt. Allerdings wurden vor allem Bürgerrechte in den vergangenen Jahren stark eingeschränkt.1. März - Expertenratswahlen im Iran
18 Monate nach dem Tod von Mahsa Amini und dem Beginn von schweren Protesten im Iran steht die Wahl des Expertenrats an. Dieser hat zwar in der alltäglichen Politik wenig Einfluss, ist aber für die Wahl des Religionsführers oder auch Revolutionsführers zuständig. Der amtierende Religionsführer Ali Chamenei wird wohl aufgrund seines hohen Alters nicht erneut antreten und könnte durch seinen Sohn ersetzt werden. Dieser bräuchte allerdings rund zwei Drittel des Expertenrats, um gewählt zu werden. Aktuell sind rund 50 Prozent der Mitglieder religiöse Hardliner. Bei den Wahlen 2020 wurden viele gemäßigte und oppositionelle Kandidat:innen bereits im Vorfeld von den Wahlen ausgeschlossen. Dieses Jahr könnte dementsprechend die Wahlbeteiligung deutlich sinken - ein Zeichen für die hohe Unzufriedenheit im Land. Der Iran kämpft zudem mit wirtschaftlichen Problemen. Das Bruttoinlandsprodukt halbierte sich zwischen 2017 und 2020 und lag 2023 noch unter dem Wert von 2017. Die Inflationsrate des Iran kletterte 2023 auf rund 47 Prozent. Vor allem junge Menschen sind unzufrieden mit der Entwicklung im Land, es gibt kaum Perspektiven. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei über 20 Prozent. Dennoch gilt es als unwahrscheinlich, dass die Wahlen zu einem Kurswechsel beitragen werden.15. bis 17. März - Präsidentschaftswahl in Russland
Vom 15.03. bis zum 17.03.2024 finden die Präsidentschaftswahlen in Russland für die Amtszeit von 2024 bis 2023 statt. Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes dauert die Wahl drei Tage. Der amtierende Präsident Wladimir Putin hat seine erneute Kandidatur bereits bekannt gegeben. Im Jahr 2020 hatte er die Verfassung Russlands ändern lassen, was ihm zwei weitere Amtszeiten ermöglicht. Von 1999 bis 2008 und von 2012 bis heute hat Putin bereits das Präsidentenamt inne. Von 2008 bis 2012 war er Ministerpräsident Russlands. Auch bei dieser Wahl kann, wie bei der letzten Präsidentschaftswahl in Russland im Jahr 2018 von einem Sieg Wladimir Putins ausgegangen werden. Diese gewann Putin mit rund 76,7 Prozent der Stimmen, da die meisten namhaften Oppositionellen im Gefängnis sitzen oder im Exil sind. Der bekannteste Oppositionspolitiker und Kremlkritiker war Alexej Nawalny. Er wurde im Jahr 2021 inhaftiert und starb im Februar 2024 in einem Straflager. Umfragen zeigen außerdem, dass die Bevölkerung Russland mit deutlicher Mehrheit den politischen Kurs und das Handeln Putins unterstützt. Die russische Wahlkommission hat angekündigt, dass die Wahl auch in vier teilweise von Russland im Ukraine-Krieg besetzten ukrainischen Gebieten und auf der 2014 von Russland annektierten Halbinsel Krim abgehalten wird.April bis Mai - Nationale Wahlen in Indien
In den Monaten April bis Mai sind fast eine Milliarde Inder:innen zu Wahlen aufgerufen. Dabei werden die Abgeordneten der Lok Sabha (Volksversammlung), der ersten Kammer des indischen Parlaments, gewählt. Dabei stehen auch Premierminister Narendra Modi und die BJP auf dem Prüfstand. Es wäre die dritte Amtszeit des Hindu-nationalistischen Politikers. Indien hat unter Modi vor allem außenpolitisch an Profil gewonnen. Es wurden diverse Allianzbildungen mit den USA, Australien und Japan eingegangen. Innenpolitisch wird Modi allerdings auch kritisch gesehen. Unter ihm ist der Konflikt zwischen Hindus und Muslimen weiter entbrannt, besonders Hindu-nationalistische Gruppen wurden unter Modi gestärkt. Dies hat insgesamt zu einem Rückgang von Bürgerrechten und politischen Freiheiten geführt. Die demokratische Entwicklung hat seit 2014 deutliche Rückschritte gemacht, der Bertelsmann Index stufte Indien 2016 auf eine defekte Demokratie herab. Zuletzt konnte die BJP bei regionalen Wahlen dennoch Erfolge erzielen. Für eine dritte Amtszeit wird sogar die Umbenennung Indiens in Bharat diskutiert. Bharat ist die ursprüngliche Sanskrit Bezeichnung für Indien, wird aber vor allem von indischen Hindus benutzt.2. Juni - Nationale Wahlen in Mexiko
Nachdem der amtierende Präsident Andrés Manuel López Obrador (genannt: AMLO) nach zwei Amtszeiten aus dem Amt scheidet, stellt sich die Frage nach seiner Nachfolge. Als wahrscheinlich gilt, dass Mexiko dieses Jahr zum ersten Mal eine Präsidentin bekommt. AMLOs Nachfolge möchte die ehemalige Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt, Claudia Sheinbaum, antreten. Sie tritt für die Partei Morena und das linke Wahlbündnis "Zusammen schreiben wir Geschichte" an, die bei den den Präsidentschaftswahlen 2018 über 50 Prozent der Stimmen gewinnen konnte. Die Opposition vereint sich mehrheitlich hinter Senatorin Xóchitl Gálvez des Bündnisses Frente Amplio por México (FAM). Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes werden zudem alle 32 Bundesstaaten Wahlen abhalten. Mexikos Wirtschaft konnte zuletzt gut wachsen, besonders der Exportsektor und die Automobilbranche profitieren von Nearshoring der westlichen Industriestaaten. Die mexikanische Regierung machte zuletzt mit großen Infrastrukturprojekten, wie dem "Tren Maya" Schlagzeilen. Mexiko könnte in den kommenden Jahren durch neue Güterzugstrecken eine Alternative zum Panamakanal werden.5. November - Präsidentschaftswahlen in den USA: Comeback für Trump?
Am 5. November wählen die US-Amerikaner:innen ihren 60. Präsidenten. Doch die Kandidaten sind höchstwahrscheinlich alte Bekannte. Donald Trump gilt nach ersten Ergebnissen der Vorwahlen als wahrscheinlicher Kandidat der Republikanischen Partei. Trotz diverser Strafverfahren gegen Trump und der Streichung Trumps vom Wahlzettel in zwei Bundesstaaten, scheint seine innerparteiliche Konkurrenz in der Person von Nikki Haley, ihm nicht gefährlich zu werden. Die Zustimmungsraten von Trump und Biden sind jedoch beide negativ. Die Wähler:innen sind mehrheitlich gegen eine Kandidatur von Biden und Trump. Bei Biden spielt vor allem sein hohes Alter eine Rolle dabei. Die wichtigsten Themen im Wahlkampf werden vermutlich die wirtschaftliche Entwicklung und Migration sein. Die Folgen einer erneuten Präsidentschaft von Trump sind nicht abzusehen. Besonders für die europäische Außenpolitik und die Hilfen für die Ukraine hätte ein Sieg Trumps jedoch umfassende Auswirkungen.Neben den ausgewählten Wahlen, finden 2024 zahlreiche weitere Wahlen auf der Welt statt.
- Bei den Präsidentschaftswahlen in El Salvador am 4. Februar konnte Nayib Bukele erneut gewinnen. Die Wahlen stehen jedoch im Schatten seiner autokratischen Regierungsweise. Zudem darf ein Präsident in El Salvador eigentlich nicht wiedergewählt werden. Das Verfassungsgericht winkte Buekeles Kandidatur jedoch durch.
- In Pakistan haben am 8. Februar Parlamentswahlen stattgefunden. Zuvor war der ehemalige Premierminister Imran Khan zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden. Seine Partei, die PTI, durfte aufgrund eines Formfehlers nicht bei den Wahlen antreten. Zudem kehrte der ehemalige Premier Nawaz Sharif, der 2013 aufgrund von Enthüllungen in den Panama Papers aus dem Amt geschieden ist, zurück und trat für die Muslimliga Pakistans (PML-N) an. Trotz der Unterstützung der mächtigen Militärs scheinen allerdings unabhängige Kandidat:innen der PTI eine Mehrheit gewonnen zu haben. Der Einfluss der Militärs vor und während der Wahlen kam in der Bevölkerung nicht gut an. Sowohl Sharif als auch Khan beanspruchen den Wahlsieg für sich, die Bildung einer Regierung dürfte sich als schwierig gestalten.